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Epsach

Die letzten Zwetschgen sind geerntet

Obstbetriebe blicken auf schwierige Erntewochen zurück. Doch es gibt Gründe zum Feiern – und imposante Zahlen.

Doch noch eine halbwegs gute Stimmung:Andrea Glauser hat am Sonntag Zwetschgenkuchen im Akkord gebacken. Tanja Lander
von Markus Dähler
Zum Bettag, dem traditionellen Zwetschgenkuchentag, luden Martina und Markus Glauser am Sonntag ihre Gäste zur Hofbesichtigung mit Kuchenbuffet ein. Das Angebot fand bei den Besucherinnen und Besuchern Anklang: Trotz Dauerregen waren am frühen Nachmittag bereits 40 der 80 geplanten Zwetschgenkuchen verkauft.  Die Kuchen haben zum Schluss doch noch für eine halbwegs gute Stimmung gesorgt.
 
Schwierige Erntezeit
Glausers Schwägerin Andrea hatte als gelernte Konditorin pro Rundblech für je vier Kuchenstücke ein Pfund Fellenberger-Zwetschgen gerüstet und 200Gramm Teig nach einem alten Rezept vorbereitet. Die Sorte Fellenberger ist sehr süss und gehört zu den Zwetschgen, die spät reif werden. Von Hand ausgewallt, sorgsam mit kunstvoll eingeschnittenen, reifen Früchten belegt, schob sie je sechs Kuchen für 35 Minuten in den Haushaltbackofen. 
Glausers blicken auf schwierige Erntewochen zurück: Nach den Frostnächten im Frühling zur Blütezeit und der Sommernässe beschädigten die heftigen Hagelgewitter viele Früchte. Entsprechend hatten Glausers Erntehelfer bei einem Ertrag von lediglich einem Viertel einer normalen Ernte für das Aussortieren der von Fäulnis geschädigten Früchte rund 70Prozent des normalen Arbeitsaufwandes zu leisten.
Auch schweizweit war die diesjährige Ernte kein Erfolg. Die ersten Schweizer Zwetschgen wurden am 26. Juli geerntet, zwei Wochen später als im Vorjahr. Die geschätzte Gesamtmenge an Zwetschgen der ersten Qualität belief sich damals auf 1200 Tonnen plus 800 Tonnen Fellenberg. Diese Voraussage hätte rund 45 Prozent der Vorjahresernte ausgemacht und hätte den Bedarf der Konsumenten zur Hälfte gedeckt. 
Gestern war der letzte Pflücktag. Im Hofladen in Epsach gibt es noch rund zehn Tage Früchte aus eigener Produktion zu kaufen. Markus Glausers Lieblingszwetschgensorte ist die Fellenberger: «Süss und mit ausgewogener Säure, angenehmem im Fruchtfleisch und einem Stein, der sich leicht löst», sagt er. 
 
Feines aus Zwetschgen
Mehr als 2000 Zwetschgenbäume wachsen auf einer Fläche von zwei Hektaren. Die Früchte finden vorwiegend Absatz im Hofladen und der Direktvermarktung ab Hof. Hier können dank der persönlichen Beziehung zur Kundschaft auch Zwetschgen, die anderswo im Fass zum Brennen landen, ihre Abnehmer finden. 
Für die Konfitüre oder den Sirup werden auch zweitklassige Früchte eingekocht. Einen Teil davon verarbeiten Glausers selber zu vielfältigen Produkten. So wird in der Hofküche an einem Rezept für Ketchup experimentiert. Zum ersten Mal reichte Familie Glauser am Sonntag zum Käseapéro zudem ihr Zwetschgen-Chutney. Die Neukreation hat ihre Wurzeln in der indischen Küche. Es handelt sich um eine Zwetschgenmarmelade, die süss-sauer oder süss-scharf gewürzt ist.
Mit dem traditionellen Zwetschgenkuchen am Bus- und Bettag geht eine schwierige Erntezeit zu Ende. «Aber wir Zwetschgenproduzenten müssen in mehrjährigen Zyklen rechnen», sagt Dominik Hurni, Präsident des Obstbauvereins Täuffelen und Umgebung, der beim Hoffest der Glausers vorbeischaute. Der Hagelschutz mit Netzen oder eine Versicherung seien mit der Wertschöpfung aus der Produktion nicht zu finanzieren, gibt Hurni zu bedenken. So werden unterschiedliche Erntejahre mit verschiedenen Strategien wirtschaftlich ausgeglichen. Dominik Hurni setzt auf seinem Betrieb deshalb nicht ausschliesslich auf Früchte, sondern baut auch andere Kulturen an. Dazu gehören Leinsamen, Schälsonnenblumenkerne, traditionelle Ackerbaukulturen und viel Ökoheuwiese zur Förderung von Fauna und Flora, wie er sagt.
 
Glausers dagegen gehen neben dem Obstbau weiteren Erwerbszweigen nach. Ergänzend zum Obstbau betreiben sie Marktstände am Monatsmarkt in Aarberg. Zudem führen sie ein vielfältiges Angebot im Hofladen und vermarkten ihre Produkte auch mit Erfolg in den Sozialen Medien. 
Vor Jahresfrist zu Beginn der Coronapandemie erlebte der Direktverkauf einen grossen Aufschwung. Dieser vermag heute laut Markus Glauser einen Teil der Ernteausfälle zu kompensieren.
Stichwörter: Zwetschgen, Hof, Ernte

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