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Sommerserie

Eisen und Stahl zum Leben erwecken

Hermann Kysela aus Müntschemier ist Schmied – und könnte sich keinen schöneren Beruf vorstellen. Er bringt stumpfes Werkzeug wieder in Form und schmiedet verschnörkelte Treppengeländer.

  • 1/10 Schmied Hermann Kysela aus Müntschemier findet die Hitze an der Esse ganz angenehm. Carmen Stalder
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Carmen Stalder

In der Werkstatt von Hermann Kysela fliegen die Funken. Der Schmied aus Müntschemier hält das Vorderteil eines Pickels gegen eine Schleifmaschine, was die glühenden Pünktchen in alle Richtungen stieben lässt. Stolz zeigt Kysela anschliessend sein Werk. Die Kante des Pickels ist messerscharf und glänzt wie neu.

Schon greift Kysela zum nächsten Werkzeug. Ein Absteckeisen, von dessen Spitze nichts mehr übrig ist. Arbeiten kann der Besitzer damit nicht mehr. «Ich habe Kunden aus Zürich, Basel oder der Ostschweiz, die mir ihre Werkzeuge anvertrauen», sagt der 58-Jährige. Es gebe in der Schweiz immer weniger traditionelle Schmiede. «Eigentlich schade, doch für mich ist es gut», sagt Kysela lachend. Für die Zukunft seines Betriebs hat der Vater von fünf Söhnen vorgesorgt: Sein Jüngster, der 13-jährige Joél, will dereinst in die Fussstapfen des Vaters treten.

Über hundertjähriger Amboss

Nachdem das Eisen genug lange im 1400 Grad heissen Feuer gelegen hat, platziert Kysela es unter einen Maschinenhammer. Mit lautem Getöse stösst dieser auf das vordere Stück des Eisens nieder. Sofort verformt sich das rot glühende Metall – es scheint weich wie Butter.

Die Farbe des Eisens ist für den Schmied essenziell, erklärt Kysela: Glüht es weissgelb, ist es extrem heiss. Wird es dunkelrot oder gar blau, muss es zurück ins Feuer, denn nun ist es zu hart zum Bearbeiten. Hat das Stück grob die gewünschte Form, rückt ihm Kysela mit einem Hammer zu Leibe. Der Schmied arbeitet auf einem stählernen Amboss aus dem Jahr 1905. «Letzte Woche habe ich drei Tage freigemacht. Danach hat mir mein Amboss gefehlt.»

Hermann Kysela übt seinen Beruf mit Leidenschaft aus. «Ich schmiede fürs Leben gern», sagt er. Schon sein Vater war Huf- und Wagenschmied. Deshalb habe er bereits als Bub viel Zeit in der Schmitte verbracht. «Was mich am Schmieden fasziniert, ist die Materie. Eisen und Stahl sind für mich lebendig. Man kann die unmöglichsten Sachen daraus machen und hat hunderttausend Möglichkeiten.»

Nun hat das Absteckeisen seine ursprüngliche spitze Form zurückerhalten. Im nächsten Schritt hält Kysela es gegen die Schleifmaschine – und lässt wiederum die Funken auseinanderstieben.

Wasser macht härter als Öl

Wenn die Werkzeuge ausgekühlt sind, folgt das Härten. «Das ist das Herzstück meines Berufes», sagt Kysela und stellt eine glühende Eisenstange in ein Wasserbecken. Lautes Zischen ertönt. In diesem Arbeitsschritt wird der Stahl durch schnelles Abkühlen hart und verschleissfest. Kysela betont, dass er mit Wasser härtet – heute würden das viele mit Öl machen, was zwar schneller geht, den Stahl aber weniger hart werden lässt.

Die Esse, eine offene Feuerstelle mit Ventilator und Abzug, verströmt eine grosse Hitze. Als Kind habe er sich ab und zu «brutal» verbrannt. «Doch das muss jeder Schmied erfahren, sonst weiss er nicht, wie heiss das Material ist.» Ist es im Winter in der Werkstatt wohlig warm, läuft Kysela jetzt im Sommer der Schweiss in Strömen herunter. Stören tut er sich ob den Temperaturen nicht. «Die Hitze hier ist halb so schlimm wie die Hitze draussen, wenn es schwül ist.» Nur in den Ferien, da müsse er dann schon nirgends hin, wo es über 30 Grad heiss ist, sagt Kysela mit einem lauten Lachen.

Dann zieht er sein Handy hervor und zeigt Bilder einer luxuriösen Villa am Murtensee. Vier Wochen lang habe er dort an einem Treppengeländer gearbeitet. Kysela schmiedet gerne kunstvolle Schnörkel oder dekorative Blätter. Sogar ein Schwert hat einmal ein Mittelalter-Fan von ihm gewünscht. Kysela hat den Auftrag erledigt – und 600 Franken kassiert.

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