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Twann

Er lässt es auch am Bielersee prickeln

Die Herstellung von Schaumwein ist für die Winzer in der Region kaum lukrativ. Der Twanner Hans Perrot produziert dennoch seit rund 25 Jahren einen Vin Mousseux – schliesslich will er an Silvester mit seinem eigenen Tropfen anstossen.

Der Twanner Hans Perrot und sein Sohn produzieren pro Jahr 800 bis 1000 Flaschen Vin Mousseux. Raphael Schaefer

von Carmen Stalder

Kaum sind die üppigen Festtage vorüber, steht mit Silvester der nächste feuchtfröhliche Anlass vor der Tür. Das neue Jahr wird dabei traditionsgemäss mit einem spritzigen Schaumwein eingeläutet. Weltbekannt sind der französische Champagner und der italienische Prosecco – doch auch am Bielersee hat es Winzer, die einen Teil ihrer Trauben zu prickelndem Sekt verarbeiten. Michael Teutsch, Präsident der Rebgesellschaft Bielersee, sagt gegenüber Radio «Canal 3», dass in der Region jährlich mehr Sekt produziert werde. Fast alle grösseren Winzer hätten ihren eigenen Vin Mousseux. Allerdings mache er nur ungefähr zehn Prozent der gesamten Weinproduktion aus. «Es ist ein Nischenprodukt – aber ein wichtiges», so Teutsch.

Bei Hans Perrot aus Twann macht der Schaumwein nur etwa sieben Prozent der ganzen Produktion aus. Vor 25 Jahren hat der Winzer damit begonnen, Vin Mousseux zu produzieren. Zu diesen Zeiten gab es am Bielersee nur wenige, die es ihm gleich taten. Perrot hat den Weinbaubetrieb 2011 an seinen Sohn Olivier weitergegeben. Doch noch heute packt der 73-Jährige mit an – sei es in den Reben oder im Keller. «In der Landwirtschaft ist es nicht einfach, vom einen auf den anderen Tag aufzuhören», sagt er.

Für die Herstellung von Schaumwein gibt es verschiedene Methoden. Die aufwendigste und am strengsten definierte ist die «Méthode traditionelle», bei der die zweite Gärung in der Flasche stattfindet. Dieses Verfahren ist für die Herstellung von Champagner zwingend vorgeschrieben – und auch der Schaumwein der Familie Perrot wird mit dieser Methode hergestellt.


Fruchtig aber nicht würzig

Für einen Vin Mousseux braucht es zuerst einen Grundwein. Hans Perrot stellt dafür eine Assemblage aus 90 Prozent Chasselas- und 10 Prozent Sauvignon-Blanc-Trauben her. Die Mischung kann jeder Winzer selbst bestimmen. Ohne Zusatzstoffe füllt er den weissen Wein in ein Fass. Je nach Jahr stellen Perrots 800 bis 1000 Flaschen Schaumwein her. Dabei legen sie ein besonderes Augenmerk auf eine gute Traubenqualität. Fruchtig aber nicht würzig soll das Endprodukt werden, mit Noten von Grapefruit, Banane und Stachelbeere.

Im Dezember oder Januar wird der Wein filtriert. Anschliessend geht der Traubensaft auf Reise. Denn im eigenen Betrieb Schaumwein herzustellen, käme den oftmals kleinen Familienbetrieben am Bielersee zu teuer: Es braucht dafür spezielle Anlagen, über die in der ganzen Schweiz nur eine Handvoll an Betrieben verfügt. Darum schickt Perrot den Wein zur Verarbeitung nach Ellikon an der Thur (ZH), in die Weinkellerei von Paul Gasser.

Erst hier wird der Wein in Flaschen abgefüllt. Dem bereits durchgegorenen Traubensaft wird nun eine Mischung aus Zucker und Hefe beigegeben, die eine zweite Gärung auslöst. Dabei wandelt die Hefe den Zucker in Alkohol und Kohlendioxid um. So entsteht die Kohlensäure. Während der folgenden mehrmonatigen Lagerung befinden sich die Flaschen kopfüber auf einer Anlage namens Rüttelpult. Durch die besondere Lage und das manuelle Drehen sammeln sich die Hefen im Flaschenhals.

Nun folgt das Degorgieren: Dafür wird der Flaschenhals kopfüber in einem Eisbad schockgefroren. Entfernt man nun den Kronkorken, schiesst die gefrorene Hefe aus der Flasche hinaus. Um sie wieder aufzufüllen, wird dem Schaumwein die Dosage beigefügt, ein Gemisch aus Wein und Zuckersirup. In diesem Schritt kommt nun wieder die Familie Perrot zum Zug. Sie bekommt drei unterschiedlich stark gesüsste Flaschen zugeschickt. Nach der Degustation teilen die Perrots der zürcherischen Weinkellerei mit, welcher Sekt am besten schmeckt. «Ich mag ihn gerne weder zu trocken noch zu süss», sagt Perrot. Am Schluss wird die Flasche endgültig mit einem Naturkorken verschlossen.


Lachs oder Felchenmousse

Die Schaumweine der Winzer vom Bielersee kosten im Schnitt um die 25 Franken. Damit sind sie teurer als die Produkte vieler Marken, die bei Detailhändlern erhältlich sind. Dennoch verdienen die Familienbetriebe nicht viel mit ihren Vin Mousseux: Sie müssen den Kellereien, denen sie ihren Wein schicken, pro Flasche einen Fixpreis bezahlen – und der ist nicht günstig. «Es rentiert überhaupt nicht», so Perrot. Als er sich aber damals vor vielen Jahren dazu entschieden hat, selbst Schaumwein anzubieten, hätten mehrere Gründe dafür gesprochen: Sein Betrieb produzierte genügend Wein, die Nachfrage war vorhanden und er wollte etwas Neues ausprobieren.

Die Faszination für den Schaumwein ist bis heute geblieben. Schliesslich stösst Perrot an Feiertagen nur zu gerne mit Sekt aus dem eigenen Keller an. Dazu gönnt er sich gerne etwas Lachs oder auch geräuchertes Felchenmousse vom Bielersee. «Der Anlass sollte schon feierlich sein. An einem gewöhnlichen Abend würde ich keinen Vin Mousseux öffnen», sagt der pensionierte Winzer.

Hans Perrot empfiehlt, Schaumweine nicht zu lange zu lagern. «Frisch schmeckt er auf jeden Fall am besten.» Denn mit der Zeit verschwindet die Kohlensäure immer mehr. Aufgrund des Alterungsprozesses bauen sich zudem über die Jahre die geschmacksgebenden Aromastoffe ab. Und das wäre ja zu schade um das edle Getränk , das am Montag wieder vielerorts zum Einsatz kommt.

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Champagner, Prosecco, Sekt: Wo liegt der Unterschied?

Champagner ist Schaumwein, der nur aus dem gleichnamigen französischen Weinbaugebiet stammen darf. Der Wein wird nach strengen Regeln angebaut und gekeltert und ausschliesslich durch Flaschengärung erzeugt. Die aufwändige Herstellung hat zur Folge, dass Champagner relativ teuer ist.

Prosecco stammt aus der norditalienischen Region Veneto. Die zweite Gärung findet im Gegensatz zum Champagner im Tank statt. Das Verfahren ist unkompliziert und ergibt einen Wein, der sich vor allem dank seiner Frucht und Frische auszeichnet.

Cava ist das spanische, meist aus Katalonien stammende Pendant zum französischen Qualitätsschaumwein.

Sekt ist zu einem Synonym geworden für alle Schaumweine, die sich nicht Champagner nennen dürfen. Für den Sekt gelten keine so starken Regeln in der Herstellung: Er kann sowohl in der Flasche als auch im Tank gären. Da Sekt so in Grossproduktionen hergestellt werden kann, ist er meist deutlich billiger als Champagner.

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