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Er macht Kompliziertes einfach

Jede einzelne Behandlung abzurechnen, kann für Therapeuten und Komplementärmediziner ganz schön mühsam sein. René Schläppi hat deshalb eine Software entwickelt, die per Mausklick ganze Bilanzen erstellt – und so mehr Zeit für die eigentliche Arbeit lässt.

Für seine Software für Kleinpraxen könnte René Schläppi wohl das Doppelte verlangen. "Aber ich schlafe lieber ruhig." Bild: Stefan Leimer

Esthy Rüdiger

Einmal, da hat er ein ganzes Reglement nichtig gemacht. Damals arbeitete René Schläppi noch als Militärpilot bei der Schweizer Luftwaffe. Es erging ihm bei administrativen Arbeiten wie vielen anderen: Beim Öffnen einiger Computer-Programme machte sich ob deren unübersichtlichen Aufmachung der Frust breit. Da tüftelte Schläppi an einem Programm für die Flugdienstqualifikationen, in erster Linie für seine damalige, eigene Position. Bald schon bekundeten auch die Kollegen Interesse. Schliesslich wurde das Programm in der Luftwaffe zum Standard – und das entsprechende Reglement brauchte es fortan nicht mehr.

Heute fliegt René Schläppi nur noch zum Ausgleich, arbeitet nach wie vor als Fluglehrer auf dem Pilatus PC-7. Nicht, dass ihm das Fliegen keine Freude mehr bereitete. Doch es sei nicht nur ein Klischee, dass Militärpiloten mit zunehmenden Alter immer mehr im Büro sässen. Ohnehin hatte er zu viele Ideen und Visionen, die er in der Informatik – seiner zweiten grossen Leidenschaft – gerne umsetzen wollte. Also gründete er 2013 seine eigene Firma und entwickelt Software und Apps.

Er gerate immer ein wenig in Erklärungsnot, wenn er den Leuten erzählen sollte, was er denn genau arbeite. Er versucht es trotzdem: «Ich will komplizierte Abläufe und mühsame administrative Prozesse vereinfachen.» Sodass sich die Leute auf ihr Handwerk konzentrieren können, statt stundenlange administrative Unterbrechungen einzulegen.

 

Vom Frust zum Glücksfall
Ob er denn nicht auch etwas entwickeln könne, um den administrativen Aufwand in ihrer Praxis zu verringern, fragte ihn Beatrice Wüthrich vor etwas mehr als einem Jahr. Sie führt eine medizinische Massagepraxis in Ins und kennt Schläppi privat. Administrative Arbeiten gehören für Wüthrich zum Geschäft und nehmen gerade auf den Jahresabschluss hin sehr viel Zeit in Anspruch. «Zeit, in der sie ihrer eigentlichen Tätigkeit nachgehen könnte», so René Schläppi.

Buchhaltungssoftware für Kleinpraxen, wie sie Wüthrich führt, gab es zwar damals schon auf dem Markt, wie Schläppi sagt. Doch seien sie nicht nur unübersichtlich, sondern auch sehr teuer. «Das geht schnell in den Bereich von 1000 Franken.»

René Schläppis Tüftler-Geist war geweckt. Er machte sich umgehend daran, eine intuitive, simple Software zu kreieren, die auch bezahlbar ist. Das Ergebnis: «LaCede» (zusammengesetzt aus «Labor» = Arbeit und «Cede»= «abtreten»). Doch kaum war die neue Software im Einsatz, wurde von einem Konsortium von Krankenkassen die neue Standard-Abrechnung gemäss «Tarif 590» verlangt. Diese soll dank einem QR-Code Fälschungen der Belege verhindern.

Ein Frust für René Schläppi, der nun die ganze Software überarbeiten und dem neuen Standard anpassen musste. Doch dieser währte nicht lange.

Bald schon erwies sich die Umstellung als Glücksfall: Bis 2018 müssen sämtliche Praxen – darunter auch viele Kleinpraxen, die ihre Abrechnungen bisher lediglich mit Word oder Excel erledigt haben – gemäss der Vorlage Tarif 590 abrechnen. Für sie sie bedeutet dies erheblichen Mehraufwand. Für Schläppi dagegen bedeutet es Kundenpotenzial.

 

Beim Preis hört er oft: «Jöö»
Denn genau hier schafft seine Software Abhilfe: Im System können sämtliche Patienten, Tarife und Behandlungen vorerfasst werden. «LaCede» erstellt mit zwei Klicks eine Rechnung sowie Rückforderungsbelege, oder auch eine Sammelrechnung. Der Therapeut kann das übrige Layout individuell wählen und sein Logo einsetzen. Schon über 80 Programme hat Schläppi verkauft.

Beatrice Wüthrich, die ihre Abrechnungen zuvor ebenfalls manuell erfasst hat, bestätigt, dass sie nun enorm viel Zeit spare. «Besonders Ende Jahr gab es administrativ enorm viel zu tun.» Beziffern könne sie die gesparte Zeit aber nicht genau. Die Kosten für die Software betragen einmalig 460 Franken. «Jöö», hört Schläppi nicht selten, wenn er den Preis nennt. Er hat ihn nach Aufwand berechnet, in der Annahme, etwa 100 Anwendungen zu verkaufen. In der IT seien die Preise zumeist vom Markt bestimmt. «Womöglich könnte ich das Doppelte verlangen. Aber ich schlafe lieber ruhig», sagt Schläppi überzeugt.

Gemeinsam mit seiner Frau – einer Buchhalterin – hat René Schläppi das Programm inzwischen weiterentwickelt: Neu können per Mausklick auch Bilanz, Erfolgsrechnung und Kontoblatt erstellt werden – Arbeit, die sonst Tage in Anspruch nimmt. Die Anwendung wird zusätzlich etwa 150 Franken kosten. Noch befindet sie sich in der Testphase.

René Schläppi hat regelmässig Kontakt mit seinen Kunden. Viele rufen an, geben Rückmeldungen und Anregungen, um die Software zu erweitern. Schläppi setzt vieles dankbar um. So kann man nun beispielsweise auf Kundenanregung einen Teamkalender führen – und diesen sogleich mit dem Outlook synchronisieren – oder Termin-Etiketten drucken.

 

Sein Problem: Zu viele Ideen
Längst hat René Schläppi mehr als die einst kalkulierte Zeit in das Projekt investiert. «150 verkaufte Programme bräuchte es schon, damit es dereinst rentiert.» Früher oder später soll «LaCede» zu einem Selbstläufer werden, und er könnte sich mehr um Kundenanliegen kümmern. «Der Kontakt zu den Kunden bereitet mir extrem viel Freude», sagt Schläppi. Er hat bereits ein «LaCede»-Forum eröffnet, in das er sich noch mehr einbringen will. Zudem will er sich vermehrt anderen Projekten widmen, alten wie neuen. Ideen hat er mehr als genug, «eigentlich viel zu viele».

Da wäre etwa «LaBill», die App für Handwerker, welche deren Arbeits- und Materialaufwand erfasst. Die App synchronisiert automatisch mit der Desktop-Anwendung im Büro der Firma. Bereits zwei externe Firmen arbeiten mit dieser Software. Auch Schläppi und seine Frau nutzen sie.

Die Fliegerei hat René Schläppi noch nicht losgelassen. Nach wie vor bringt er sein Fachwissen ein – sowohl in der Luftwaffe als auch in der IT. Für den Flugzeughersteller Pilatus hat er etwa kürzlich eine Software entwickelt.

Langweilig wird es ihm somit auch nach «LaCede» nicht. Zu sehr sei er davon getrieben, Abläufe zu vereinfachen. «Die Kunden sollen Zeit für ihre eigentliche Arbeit haben, die Administration dagegen soll einfach laufen.» Der Profit ist ihm zweitrangig. Und doch wünscht er sich, in einigen Jahren genügend finanziellen Puffer zu haben, um sich noch mehr um Kundenbedürfnisse zu kümmern oder visionäre Ideen entwickeln zu können.

«IT soll effizient sein und darf auch Spass machen», sagt René Schläppi. Dass seine Kunden die Software nur aus Spass starten, glaubt er hingegen nicht. Doch sollen sie beim Benutzen des Programms zumindest nicht von unnützen Aktionen abgelenkt werden. «Wenn meine Kunden sich unbeschwert auf ihre Arbeit konzentrieren können, dann ist mein Ziel erreicht.»

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