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Revitalisierung

Für den Bach von morgen

Das Gewässerentwicklungskonzept des Kantons zeigt, wo im Seeland Gewässer wieder natürlicher werden sollen. Der Bund belohnt Gemeinden mit hohen Subventionen.

Der Mülibach in Erlach soll nicht mehr so gleichförmig durch die Landschaft fliessen, Bild: Anne-Camille Vaucher/bt

von Deborah Balmer

Drei Jahre ist es her, als das revidierte nationale Gewässerschutzgesetz in Kraft getreten ist. Es verpflichtet die Kantone aufzuzeigen, wie sie Bäche, Flüsse und Seen wieder natürlicher machen. Nun hat der Kanton Bern die Arbeit am Gewässerentwicklungskonzept des Kantons Bern (Gekobe) abgeschlossen. In den Ergebnissen zu finden sind auch Pläne, die zeigen, bei welchen Gewässern im Seeland sich eine Revitalisierung besonders lohnen würde (siehe Grafik).

Im Vergleich zu wilderen Regionen im Berner Oberland und dem Emmental wurde das Seeland in den letzten 200 Jahren vom Menschen besonders stark umgestaltet. «Die Landschaft ist vielerorts sehr aufgeräumt», sagt Jörg Bucher. Er ist Wasserbauingenieur des Oberingenieurkreises Seeland und Berner Jura. Bei verschiedenen Gewässern im Seeland sieht der Kanton Bern deshalb ein besonders hohes Revitalisierungspotenzial. Dazu zählen beispielsweise die Kanäle im Grossen Moos, die heute naturfern und künstlich sind. An total sieben Gewässerabschnitten und auf einer Länge von rund 13 Kilometern sind dort Revitalisierungen vorgesehen, die mit der Landwirtschaft koordiniert werden müssen.

Laut dem Gekobe ist der Nutzen einer Revitalisierung für Natur und Landschaft auch beim Oberlauf des Twannbaches bis zur Twannbachschlucht gross und wird ebenfalls als vorrangig bezeichnet. Der Abschnitt ist heute begradigt und stark verbaut.

Ebenso sind entsprechende Massnahmen am Mülibach zwischen Tschugg und Erlach auf einem rund vier Kilometer langen Abschnitt vorgesehen. Heute fliesst der Mülibach gleichförmig, das Gerinne und der Uferbereich sind schmal. Im unteren Teil des Baches, der direkt mit dem Bielersee verbunden ist, leben aber bereits heute Seeforellen - eine gefährdete Fischart, die nur in drei Bachabschnitten im Berner Mittelland vorkommt. Ziel ist es, dass dieser Fisch eines Tages im ganzen Bach laicht. Bereits an der nächsten Gemeindeversammlung werden die Erlacher darüber befinden, ob ihr Abschnitt vor der Mündung in den Bielersee ökologisch aufgewertet und damit auch das Hochwasserrisiko sinken wird.

Im Seeland empfiehlt der Kanton, viele weitere Gewässer natürlicher zu gestalten: Unter anderem den Möölmattebach in Pieterlen, den Siechebach in Büren, den Orpundbach in Orpund, den Länggraben in Epsach und den Mülibach in Worben.

 

Nicht zwingendes Hilfsmittel

Die Gemeinden können zwar nicht zu den Revitalisierungen gezwungen werden. Das Gekobe ist laut Jörg Bucher aber «ein Arbeitshilfmittel», das zeige, wo Gewässer in den nächsten 20 Jahren nach Empfehlung des Kantons wieder dynamischer werden sollen. Und für Revitalisierungen, die nach der strategischen Planungen des Kantons umgesetzt werden, belohnt der Bund die Gemeinden mit besonders hohen Subventionen.

Tatsächlich sind nicht alle Gemeinden gleich offen dafür. So weiss Rudolf Moser, Gemeinderat in Büetigen und zuständig für das Ressort Bau, noch nichts davon, dass sich der Wert des Büetigenbachs als Lebensraum vermehren liesse. «Ich höre zum ersten Mal davon, dass unser Bach im Gewässerentwicklungskonzept aufgelistet ist», sagt er. Der Büetigenbach fliesst heute «sehr geführt» mitten durch die Landwirtschaftszone in Richtung Dotzigen - flankiert von Pappeln. Der Kanton sähe dieses Gewässer gerne strukturreicher durch die Landschaft fliessen. Doch Rudolf Moser sagt: «Der Bach soll weiterhin so geführt fliessen wie jetzt.» Eine Revitalisierung sei zu teuer, auch wenn Büetigen nichts daran zahle müsste. Moser befürchtet zudem, dass ein natürlicherer Bach zu viel Raum wegnimmt und später kostenintensiv gepflegt werden müsste.

Renaturierungen im Seeland

Bei diesen Flüssen und Bächen sieht der Kanton grosses Renaturierungspotenzial. Grafik: BT/ta
 

Gewässerraum definieren

Im Gekobe finden sind auch Projekte, die teilweise bereits renaturiert wurden etwa die Alte Aare, Teile des Lyssbaches und der Schüss.

Andere Revitalisierungen sind in Planung: So sollen Teile beim Nidau-Büren-Kanal, der Seebach bei Seedorf und Teile des Chüelibachs bei Schüpfen schon in naher Zukunft naturnaher werden.

Alle Gemeinden müssen bis Ende 2018 in ihren Ortsplanungen den sogenannten Gewässerraum festlegen. Bisher wurde vom Uferbereich gesprochen. In den Gewässerraum dürfen keine neuen Gebäude gestellt werden. Und Landwirte dürfen dann innerhalb dieses Raumes nur noch extensiv Landwirtschaft betreiben. So sollen ökologische Ausgleichsfläche häufiger an die Ufer von Gewässern verlegt werden. Damit steigt einerseits der Wert eines Gewässers an, andererseits wird auch das Wasser vor negativen Einflüssen geschützt.


Forderung an Kraftwerke

• Das Gewässerentwicklungskonzept enthält kantonsweite Grundlagen zum Gewässerraum, strategische Planungen zur Revitalisierung von Fliessgewässern sowie konkrete Forderungen an die Kraftwerkbetreiber im Kanton.
• Laut der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern müssen Kraftwerkbetreiber bis 2030 Sanierungsmassnahmen vornehmen, falls es Probleme mit der Fischwanderung gibt oder der Kraftwerkbetrieb zu starken Pegelschwankungen führt und der Geschiebehaushalt beeinträchtigt wird. Im Seeland ist
das aber kein grosses Thema. bal

 

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Weitere Links des Kantons Bern zur Gewässerentwicklung


 

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