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Erdgas

Gesucht: Bohrturm für Gasförderung

Die Förderung von Gas in Hermrigen stockt weiter. Denn Bohrtürme sind derzeit Mangelware in Europa. Nun hat man ein Auge auf eine Anlage in Dänemark geworfen.

Am Waldrand (im Hintergrund) ob Hermrigen soll dereinst gebohrt werden. Bild Adrian Streun

(bk) Seit 30 Jahren weiss man, dass im Untergrund von Hermrigen ein Schatz liegt, nämlich grössere Mengen Erdgas. Und seit vier Jahren will nun ein schweizerisch-amerikanisches Konsortium nach diesem Schatz graben.

Gehoben ist freilich bis heute nichts. Denn immer wieder ist es zu Verzögerungen gekommen. So musste jeweils lange auf Bewilligungen gewartet werden oder es waren Einsprachen zu erledigen. Und 2010 stieg einer der drei Partner des Konsortiums aus (das BT berichtete).

Von Hermrigen und Houston
Unter dem Titel «Keine Erdgasbohrung im Seeland» berichtete das «Grenchner Tagblatt» Ende März, das Projekt in Hermrigen sei einmal mehr blockiert, diesmal weil ein geeignetes Bohrgerät fehle. Patrick Lahusen, Mehrheitsaktionär des Schweizer Konsortiumspartners SEAG (Aktiengesellschaft für schweizerisches Erdöl), erklärte damals allerdings, es seien eben zwei Offerten eingegangen. Diese werde er sofort nach Houston, Texas, weiterleiten. Dort ist der Sitz des Konzerns Ecorp, der über seine Schweizer Tochterfirma PEOS AG an dem Konsortium beteiligt ist. Spätestens im April wollte Lahusen die Bevölkerung von Hermrigen über den aktuellen Stand informieren.

Als das «Bieler Tagblatt» Ende April nachfragte, bat Lahusen allerdings um noch etwas Geduld. Denn: «Wir haben mit Ecorp dieser Tage einen intensiven Informationsaustausch punkto neues Bohrgerät, da möchte ich nicht Informationen liefern, die vielleicht schon morgen nicht mehr richtig sind.»

Warten auf Bewilligungen
Einen weiteren Monat später bricht Lahusen nun sein Schweigen. Auf einem Info-Blatt erläutert er im Namen des Konsortiums, was sich getan hat, seit er Bevölkerung und Medien im August 2010 zum letzten Mal orientierte.

Demnach galt es zunächst die Erschliessungsbewilligung des Kantons abzuwarten, denn ohne diese durfte nicht gebohrt werden. Im März 2011 traf sie ein. Die zudem erforderliche Baubewilligung des Regierungsstatthalteramtes Seeland wurde «nach Erledigung einzelner Einsprachen» im Juli 2011 gegeben und wurde einen Monat später rechtskräftig.

Nach dieser einjährigen Ehrenrunde im Verwaltungsapparat hielt das Konsortium sofort «nach dem wichtigsten Instrument für die Tiefbohrung Ausschau: einem Bohrturm». Das Bohrgerät, das im August 2010 an einem Info-Abend präsentiert worden war, war freilich inzwischen von Italien nach Österreich verlegt worden. «So war bereits damals klar, dass wir die Bohrung nicht mehr wie gewünscht im Herbst 2011 beginnen konnten.»

800 Meter unbekannt
Zudem wollte Ecorp sicher sein, dass das von Ascent Resources, der früheren Mutterfirma der PEOS AG, vorgeschlagene Gerät für die Bohrung «Hermrigen-2» geeignet sei. Denn bei «Hermrigen-1», der Bohrung nach Öl (siehe Infobox), waren «doch einige Schwierigkeiten aufgetreten». Konkret: Die Bohrung war in 2425 Metern Tiefe steckengeblieben. «Unser Endziel liegt jedoch bei zirka 3200 Metern, sodass rund 800 Meter in einer Zone erbohrt werden sollen, die bis heute nicht durchteuft worden ist und für die deshalb keine sicheren Voraussagen gemacht werden können», so Lahusen in der einschlägigen Fachsprache.

Vor diesem Hintergrund beauftragte die PEOS AG im November 2011 eine Prüfgesellschaft mit der Abklärung der Frage, ob das Gerät für die vorgesehene Bohrung genüge. Im entsprechenden Bericht, der Ende Dezember vorlag, wurden Vorbehalte für den tieferen Teil der Bohrung gemacht.

Damals wurde «eine hochmoderne Anlage» geprüft, die weniger hoch als konventionelle Bohrtürme ist. Deshalb kann sie nur Bohrstangen von rund 13 Metern Länge aufnehmen, während konventionelle Bohrgeräte drei Bohrstangen à 9 Meter Länge zusammen «abteufen» können. Und so braucht es für den modernen Typ viel mehr Bohrstangenwechsel als für den konventionellen.

Zwar hätte die vorgesehene Bohrung laut Lahusen auch mit der modernen Anlage vorgenommen werden können. Doch Ecorp entschied sich, eine konventionelle Anlage zu suchen. «Wir sind deshalb auf verschiedenen Ebenen in Verzug geraten», so Lahusen. «In engerer Auswahl» ist nun ein Bohrturm, der derzeit in der dänischen Region Jütland im Einsatz ist. An der «Bewilligungsfront» sieht es so aus, dass die sogenannte Schürfbewilligung bis Ende 2015 hat verlängert werden können. Neu einholen müssen wird man dagegen die Erschliessungsbewilligung und die Baubewilligung. Fortsetzung folgt – mit Sicherheit.

 

Nach Öl gebohrt, aber Erdgas gefunden
  • 1982 bohrte der französische Mineralölkonzern Elf Aquitaine in Hermrigen 2400 Meter tief in den Boden, weil er dort Ölvorräte vermutete.
  • Öl wurde keines gefunden, doch stiess man auf grössere Mengen Erdgas, die jedoch nicht gefördert wurden.
  • Seit 2008 plant ein internationales Konsortium mit Schweizer Beteiligung, dies nachzuholen und dafür bis 3200 Meter tief zu bohren.
  • Das Bohrloch von 1982 kann nicht genutz werden, weil es aufgefüllt wurde.
  • Bis jetzt wurden in der Schweiz erst einmal grosse Mengen Gas gefunden: In den 1970er Jahren stiess man im luzernischen Finsterwald in über 5000 Metern Tiefe auf Gas. Mangels Rendite wurde die Förderung nach einigen Jahren aber eingestellt.

 

Stichwörter: Gas, Hermrigen, Seeland

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