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Serie

Glas, die tödliche Falle für Vögel

Jedes Jahr kommen in der Schweiz hunderttausende Vögel bei Kollisionen mit Glas um. Dagegen kann man aber etwas tun. Eine neue Folge der Serie «Wildlebende Tiere im Seeland».

Eine der Möglichkeiten: Mit Verzierungen und Längsstreifen sind die Fenster für Vögel besser als Hindernisse erkennbar. Bild: zvg/Vogelwarte Sempach

Heidi Flückiger

In höheren Lagen liegt noch Schnee. Auch im Flachland könnte Frau Holle jederzeit kurzfristig mit der weissen Pracht überraschen. Aber Natur und Tiere erwachen langsam aus dem Winterschlaf. Blühende Schneeglöckchen, spriessende Tulpen und längere Tage künden bereits den Frühling an. Auf diese Jahreszeit weist vor allem das frühmorgendliche Vogelgezwitscher hin.

Dieser Tage setzt der Abflug der Wintergäste ein. «Überwinterer» wie Bergfink, Mäusebussard, Möwen und viele Wasservögel begeben sich auf die Reise nach Norden. Graureiher und Kolkraben beginnen jetzt mit dem Nisten. Meisen, Kleiber und Spechte inspizieren mögliche Bruthöhlen, beginnen aber mit der Brut erst im April. Viele Vögel bestimmen ihre Brutstätten Monate vor der Brut. Vogelbehausungen werden von Spechten, Meisen oder Sperlingen oft das ganze Jahr hindurch als Schlafhöhlen genutzt. Solche Rückzugsmöglichkeiten bieten ihnen im Winter Schutz vor Kälte und vor Feinden. Oft nutzen sie in der Folge diese Höhlen als Brutort.

Vielen Gefahren ausgesetzt

Anfang Sommer verlassen die ersten flügge gewordenen Vögel ihre Nester. Nicht allen gelingt der Jungfernflug. Etliche fallen Greifvögeln, Katzen und dem Strassenverkehr zum Opfer.

Vögel sind aber noch vielen anderen Gefahren ausgesetzt. In Rebgebieten sind es die zum Schutz der Trauben gespannten Netze und auf Kreten die auf offenem Gelände erbauten Windkraftanlagen, die für sie zur Todesfalle werden. Vor allem Störche und Greifvögel mit ihren grossen Flügelspannweiten und ihrem langsamen Segelflug sind kollisionsgefährdet.

Am meisten Vogelopfer gibt es allerdings innerhalb von Siedlungen. Dort werden den Flugkünstlern spiegelnde Hausfassaden sowie grossflächige Scheibenfronten, verglaste Lärmschutzwände, Wintergärten, Velounterstände und Wartehäuschen zum Verhängnis. Solche Hindernisse könnten Vögel zwar mit Leichtigkeit umgehen, sie nehmen aber die sich im Glas spiegelnden Büsche und Bäume als real wahr und fliegen mit voller Wucht hinein.

«Die Dunkelziffer bei Kollisionen mit Glas ist sehr hoch. Wir schätzen allein in der Schweiz jedes Jahr mit hunderttausenden von toten Vögeln», sagt der Ornithologe Hans Schmid von der Vogelwarte Sempach. Da sich die Vögel dabei innere Verletzungen zuziehen, sterben die meisten nach langem Leiden daran, auch dann, wenn sie nach der Kollision noch von der Unfallstelle wegfliegen können.

Auf diese Problematik hat das Schweizer Radio und Fernsehen mit der Sendung «Einstein» unter dem Titel «Vogelkiller Glas» im Jahr 2009 aufmerksam gemacht. Hans Schmid war bei den Dreharbeiten dabei und informierte die Zuschauer. Das Aufklärungsvideo, das in Zusammenarbeit mit der Vogelwarte erstellt wurde, kann weiterhin im Internet angeschaut werden (siehe Fussnote).

Kleber sind kein Schutz

Mit zugezogenen Vorhängen, Aufklebern und anderen Fensterverzierungen wird versucht, die Kollisionsgefahr zu bannen. «Auch das CTS hat beim Kongresshaus auf dieses Problem reagiert und Verglasungen, bei denen es zu Kollisionen von Vögeln gekommen ist, mit Klebern versehen», sagt der technische Leiter Alex Gertsch.

Die Vogelbilder würden aber von Vögeln nicht als Feindbilder wahrgenommen. Gerade schwarze Silhouetten würden bei schlechter Beleuchtung kaum wirken, erklärt Hans Schmid. «Oft prallen Vögel sogar nur wenige Zentimeter daneben in die Scheiben», sagt er.

Es könnte grundsätzlich vogelfreundlicher gebaut werden. Das sieht auch Pierre Schober von der Schober Schreinerei und Glaserei GmbH in Biel so. Ihm sind aber bislang keine Aufträge bekannt. Auf Wunsch von Kunden können aber bei Fenstern oder Glastüren Vogelschutzmassnahmen in Betracht gezogen werden. «Selbstverständlich würden wir diesem Wunsch nachkommen», sagt er.

Neubauten in Biel

Betreffend Vogelschutz wurde die Schweizerische Vogelwarte Sempach für den Neubau der Swatch- und Omega-Gebäude in Biel miteinbezogen. Massnahmen hinsichtlich des Vogelschutzes wurde auch bei der Planung der Arbeiten zur Sanierung und Erweiterung der Gymnasien am Strandboden in Biel eine hohe Beachtung geschenkt. Beim Erweiterungsneubau werden die heute bekannten Standards und Empfehlungen berücksichtigt und die Glasflächen so konzipiert und unterteilt, dass die Gefahr für Vögel so weit als möglich reduziert wird. «Die laufenden Arbeiten sind auch eine grosse Chance, den Vogelschutz bei bereits bestehenden Gebäuden zu verbessern», heisst es dazu von der Medienstelle der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern. Demzufolge werden bei der Turnhalle des Bieler Gymnasiums Netze aufgestellt, die den bisherigen Durchblick durch das vollverglaste Gebäude verunmöglichen und somit die Unfallgefahr für Vögel ebenfalls massiv verringern.

Auch helle Flachvorhänge dämmen die Spiegelungen stark und verhindern, dass Vögel in Eckverglasungen prallen. «Bei transparenten Windschutzvorrichtungen und Balkonbrüstungen bieten zum Beispiel helle Isolierbänder einen guten Schutz», sagt Hans Schmid.

Link: Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht unter www.vogelglas.info

 

SRF "Einstein" zum Thema "Vogelkiller Glas"

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