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Lyss

Komfortabler Kindergarten im Container

Vielerorts hat gestern das neue Schuljahr begonnen – so auch in der Schule Stegmatt in Lyss. Neu steht hier ein Provisorium für die Tagesschule und den Kindergarten im Einsatz. Wer sich dabei triste Container vorstellt, liegt jedoch falsch.

Das neue Schuljahr ist auch für die Kindergärtler in Lyss gestartet. Bild: Julie Lovens

von Carmen Stalder


Am Basteltisch hocken drei Kinder und malen mit Farbstiften einen Drachen auf einem Fahrrad aus. Daneben sitzen ein Mädchen und ein Junge auf dem Sofa und schauen sich ein Bilderbuch an. Zwei blonde Mädchen spielen derweil in der Küche und sortieren das Puppengeschirr.

Diese friedliche Szene spielt sich am ersten Schultag im Kindergarten des Schulhauses Stegmatt in Lyss ab. Dass sich der Kindergarten in einem provisorischen Containerkomplex befindet, ist dem hellen und grosszügigen Raum nicht anzusehen. «Es ist ganz cool hier!», meint denn auch der fünfjährige Dario zum neuen Zimmer.

An diesem Nachmittag haben nur die «Grossen» Unterricht. Auch Dario ist nun im zweiten Jahr und sichtlich stolz darauf. Kindergärtnerin Barbara Gerber sagt: «Die älteren Kinder helfen den Kleinen gerne. Ich gebe ihnen extra Aufgaben dafür.»

Auch ihr gefällt der neue Pavillon. «Es ist toll hier. Das Einrichten war aber auch ein riesen Aufwand.» Die Kindergärtnerin musste das gesamte Mobiliar neu auswählen und bestellen, um dann innerhalb von einer Woche den Raum einzurichten. «In den letzten Tagen haben wir fast im Kindergarten geschlafen», meint sie lachend.


Akute Platznot

Das neue Provisorium bietet vier Räume, aufgeteilt auf zwei Stockwerke. Drei Räume werden aktuell von der Tagesschule genutzt – die von über 180 Kindern besucht wird –, der andere vom Kindergarten. «Die Tagesschule ist zuvor aus allen Nähten geplatzt», sagt Schulleiter Andreas Tanner. Innerhalb von acht Jahren sei die Zahl der Kinder von 17 auf 120 gestiegen.

Die Schule kam also nicht darum herum, mehr Platz zu schaffen. Letzten Sommer habe sich konkretisiert, dass ein provisorischer Pavillon notwendig sei, sagt Tanner (das BT berichtete). Im März dieses Jahres hat dann der Bau des Gebäudes begonnen, welches aus 17 einzelnen Containern besteht. Eine Woche vor Schulbeginn war der Pavillon fertiggestellt – «wie nach Plan», sagt der Schulleiter.

Das Provisorium habe um die 800000 Franken gekostet, so Andreas Tanner. Die Schlussabrechnung liegt jedoch noch nicht vor. Das Projektteam hat sich bewusst für eine Neuanschaffung entschieden. «Hätten wir Occasion-Container gekauft, wären die Energiewerte viel schlechter gewesen.» Dank den Wärmepumpen auf dem Dach sei der Pavillon nämlich einem Neubau energetisch ebenbürtig. So wie es sich für die Energiestadt Lyss gehört, meint Tanner.


Langlebiges Provisorium

«In ein paar Jahren werden wir beim Schulhaus anbauen müssen. In dieser Zeit dient dann das Provisorium als Ausweichmöglichkeit für die Schulklassen», sagt der Schulleiter. Konkret geplant ist noch nichts. Klar ist einzig: Mit 23 Klassen ist die Schule Stegmatt das grösste Schulhaus in Lyss und derzeit voll ausgelastet.

Beim Bau des Provisoriums haben ortsansässige Handwerker und ein Lysser Architekt mitgewirkt. Ziel war ein heller Bau, der den Kindern Freude macht. Die grünen und gelben Bauelemente sollen dieses Gefühl vermitteln. «Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis», sagt Tanner. Er habe seine Meinung über Container revidiert, im Innern sehe man dem Bau nämlich davon nichts an.

Helle Farben dominieren die Räume, Licht aus zwei Fensterfronten strömt herein. Um die  Kindertische und -stühle hat es viel Platz zum Spielen. Auf dem gelben Boden liegen Spielzeugautos verstreut, daneben stehen Topfpflanzen.


Geteilte Freude

Im Kindergarten neigt sich der erste Tag nach den Sommerferien dem Ende zu. Die Freundinnen Jill und Selina sind sich einig: «Am liebsten spielen wir mit den ‹Bäbis.›» Beide möchten im kommenden Jahr gerne Rechnen lernen. Schon jetzt können sie bis 30 zählen.

Dario hingegen bevorzugt die Kinderküche als Spielplatz. Was er denn gerne koche? «Also Tiere esse ich gar keine», sagt er vehement. Dafür mag er gerne Äpfel, denn die seien gesund.

Nicht nur die Kinder, sondern auch deren Betreuerin freut sich auf die kommende Zeit. Kindergärtnerin Barbara Gerber ist zufrieden mit ihrem neuen Arbeitsplatz. Der Bezeichnung «Provisorium» steht sie allerdings skeptisch gegenüber: «Ich arbeite noch etwa vier Jahre bis zur Pensionierung. Ich wette, dass mich das Provisorium überlebt!»

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