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Coronavirus

Leere Betten im Altersheim

Reservieren ja, einziehen nicht. Senioren sind beim Eintritt ins Altersheim während der Pandemie zurückhaltend. In Seeländer Seniorenzentren bleiben daher Betten leer.

Im Bieler Altersheim Redern sind zurzeit acht der 92 Betten leer.  Matthias Käser/a
Hannah Frei
 
Während der Pandemie ins Altersheim? Das überlegen sich Seniorinnen und Senioren zweimal. Die Alters- und Pflegheime im Seeland kriegen das zu spüren: Vor der Pandemie war das Wohn- und Pflegheim Frienisberg zu 97 Prozent ausgelastet. Aktuell liege die Belegungsquote noch bei 90 Prozent, sagt Direktor Peter Gerber. Die Seniorinnen und Senioren seien mit dem Entscheid für einen Heimeintritt zurückhaltend. Nicht nur, weil sie eine Ansteckung im Heim fürchteten und die Quarantäne nach dem Eintritt abschrecke, sondern auch, weil ihren Angehörigen durch die Homeofficepflicht mehr Zeit für die Betreuung bleibe.
 
Dies hat auf dem Frienisberg Folgen für das Personal: Laut Gerber gibt es mit der aktuellen Belegung zehn Vollzeitstellen zu viel. Doch wegen des zusätzlichen Aufwands aufgrund der Coronamassnahmen hätten trotzdem alle genügend Arbeit. «Von einem Stellenabbau sind wir weitentfernt», so Gerber. Auch finanziell sei die tiefe Belegung für das Heim tragbar – sofern sich dies in den nächsten Monaten wieder ändere. Und davon geht Gerber aus: Es gebe bereits zahlreiche Reservationen von Personen, die gerne auf den Frienisberg ziehen möchten, sobald die Coronamassnahmen weitgehend aufgehoben werden. Gerber rechnet klar mit einer Zunahme der Anmeldungen nach der Pandemie.
 
Keine Warteliste mehr
Doch bis dahin müssen die Alters- und Pflegeheime durchhalten. So auch die städtischen Altersheime in Biel. In den vier Alterszentren Ried, Redern, Cristal und Esplanade drückt die Pandemie ebenfalls auf die Zahl der Anmeldungen. Laut Daniel Stäheli, Leiter der Alterszentren Biel, ist die tiefe Zahl an Anmeldungen jedoch nicht alleine auf die Pandemie zurückzuführen.
 
Es habe in den letzten Jahren ohnehin einen stetigen Rückgang der Anmeldungen gegeben. Die Menschen würden länger zuhause bleiben wollen, das dafür nötige Dienstleistungsangebot wie die Pflege der Spitex sei ausgeweitet worden. Ins Heim komme meist nur noch, wer Zuhause nicht mehr zurechtkommt. «Dringende» Wartelisten gebe es seit etwa zwei Jahren nicht mehr, ausser für Plätze in spezifischen Bereichen, etwa in der Demenzabteilung.
 
Während der zweiten Coronawelle im Herbst habe man jedoch einen deutlichen Rückgang der Anmeldungen festgestellt. «Die Leute wollten noch zuwarten, bis sich die Situation wieder etwas entspannt hat», so Stäheli. Und trotzdem: Abgesehen vom Redern seien alle Alterszentren ausgelastet. Weshalb die Auslastung im Redern tiefer sei, sei kaum eruierbar. Im Moment seien dort acht der 92 Betten leer. Darauf sei bereits reagiert und ein «attraktives Ehepaarzimmer» eingerichtet worden, so Stäheli. Zu einem Stellenabbau werde es aber nicht kommen. «Wir setzen alles daran, das Personal behalten zu können», so Stäheli. Denn fest steht: Künftig werden aufgrund des demografischen Wandels die vorhandenen Pflegeheimplätze ausgelastet sein. Stäheli ist guter Dinge, dass die Betten nach der Pandemie rasch wieder belegt sein werden.
 
Hohe Belegung – bis im Herbst
Im Nidauer Ruferheim seien hingegen im letzten Jahr alle Betten belegt gewesen, sagt Heimleiterin Christine Bart – bis in der zweiten Welle kurz vor Weihnachten mehrere Bewohnende aufgrund des Coronavirus verstarben. Diese Plätze füllen sich laut Bart nur langsam. «Wir haben zum ersten Mal eine Flaute.» Dies müsse aber nicht zwingend mit der Pandemie zusammenhängen. Es sei zwar durchaus denkbar, dass solche Personen, die nicht wegen ihrer Pflegebedürftigkeit ins Heim gehen, aufgrund der Pandemie etwas zuwarten.
 
Aber besonders bei den dringlichen Fällen sei das Virus keineswegs ein Hindernis. «Die meisten Menschen, die zu uns kommen, brauchen uns und würden Zuhause nicht mehr zurechtkommen», so Bart. Bei den Eintritten seien es mehr die Angehörigen gewesen, denen die Pandemie Sorge bereitete. Hauptsächlich aber wegen der Quarantänepflicht nach dem Einzug, so Bart. Denn die Isolation sei für die Bewohnenden besonders einschneidend. Deshalb bemühe man sich darum, den Seniorinnen und Senioren trotz Quarantäne Kontakte zu engen Angehörigen zu ermöglichen, ob draussen oder in geschütztem Rahmen.
 
Auch im Pflegezentrum Aarvital in Aarberg sind laut Betriebsleiterin Franziska Koeberle zurzeit alle Betten belegt, wie auch im letzten Jahr. Die Warteliste sei jedoch kürzer geworden. Vor der Pandemie standen laut Koeberle jeweils drei bis fünf Personen auf der Liste für einen dringlichen Eintritt. Zurzeit seien es noch maximal ein bis zwei. Und zeitweise sei es vorgekommen, dass ein Bett für eine Woche leer blieb, was sonst selten der Fall gewesen sei.
 
Für die Seniorinnen und Senioren, die neu ins Heim eingetreten sind, sei die Pandemie jedoch kein Hindernis gewesen, im Gegenteil: Bei manchen sei nicht eine hohe Pflegebedürftigkeit der Grund für den Eintritt gewesen, sondern die Einsamkeit aufgrund der Pandemie. «Die älteren Menschen fühlten sich zuhause einsam und suchten soziale Kontakte.»

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