Sie sind hier

Abo

Landwirtschaft

Mehr als genug Wasser

Die Gemüsebauern im Grossen Moos können ihre Felder dank den Binnenkanälen grosszügig bewässern. In Zukunft soll das Abpumpen von Wasser aber effizienter werden.

Bild: bt/a

LINO SCHAEREN

Seit Abschluss der ersten Juragewässerkorrektion 1891 ist das Grosse Moos landwirtschaftlich nutzbar. Mehr noch: Die Region hat sich seither von einer versumpften Landschaft zu einem der wichtigsten Gemüse-Anbaugebiete der Schweiz entwickelt.

Damit die Pflanzen der Gemüsebauern den Wünschen entsprechend wachsen, braucht es Wasser. Viel Wasser. Der Regen, der in den Sommermonaten fällt, reicht nicht aus, um ein qualitativ gutes Produkt sicherzustellen. In der nahen Vergangenheit floss einzig im Jahr 2007 auf natürlichem Weg reichlich Wasser – damals hatte das Grosse Moos gleich zweimal mit Überschwemmungen zu kämpfen und ein Grossteil der Ernte ging verloren. Im Normalfall müssen die Landwirte aber nachhelfen. Die bei der Juragewässerkorrektion erbauten Binnenkanäle, die sich über 42 Kilometer erstrecken, ermöglichen eine lückenlose Wasserversorgung der Nutzfläche – damit steht das Seeland im Vergleich mit anderen Regionen komfortabel da. Die künstlichen Kanäle werden vom Kallnach-Kanal gespeist – der Kanton reguliert, wieviel Wasser in das Kanalsystem fliesst. Die Landwirte zahlen jährlich eine Konzession an den Kanton, die je nach Betriebsgrösse variiert, und dürfen in der Folge unbeschränkt Wasser aus den Kanälen pumpen. Nächtelang laufen im Sommer, wenn es heiss und trocken ist, jeweils die Motoren vieler Traktoren am Ufer der Kanäle. Die Traktormotoren treiben Pumpen an, die das Wasser zur zusätzlichen Beregnung der Pflanzen unermüdlich auf die Felder pumpen. Dieses Vorgehen ist nicht gerade ökologisch. Wieviel Wasser im Seeland jährlich aus den Kanälen gepumpt wird, wird nirgends erfasst.

Dass es bei der zusätzlichen Bewässerung der Felder Verbesserungspotenzial im Bereich der Effizienz gibt, hat auch Pro Agricultura Seeland (PAC, siehe auch Infobox) erkannt. Die im Juni 2012 gegründete Interessengemeinschaft hat gestern in Ried bei Kerzers ihre erste Fachtagung durchgeführt. Thema: «Regulation des Wasserhaushalts im Seeland für die Landwirtschaft.» Der Tenor: Die Bewässerung darf die Umwelt nicht zu sehr belasten.

Für viele nicht bezahlbar
So stellte etwa Hanspeter Kocher von der Zentralstelle für Gemüsebau neuartige Techniken vor, die eine gezieltere und vor allem umweltfreundlichere Bewässerung ermöglichen sollen. Er erzählte von Sonden, die zur Überwachung des Feuchtigkeitsgrades im Boden platziert werden, um dann mit Hilfe eines Computers die Daten auszuwerten und die perfekte Bewässerungsmenge festzustellen. Neuste Technik, effizient – wunderbar. Nur: Obwohl sich die Investition in solche Geräte langfristig auch finanziell lohnen kann, können sich die meisten Landwirte solch eine Neuerung nicht leisten. «Ich hatte daran gedacht, diese Technik anzuwenden, musste dann aber merken, dass mich alleine die Sonden für ein Feld 3000 Franken gekostet hätten», sagte Christian Gugger, Vorsitzender der technischen Kommission Wasser bei PAC, gegenüber dem BT. «Der Nutzen wäre sicher gegeben. Ich hoffe, dass ich die Investition in Zukunft einmal tätigen kann.» Gugger, der auf den Kartoffelanbau spezialisiert ist, zahlt dem Kanton 400 Franken pro Jahr, damit er mit seinen sechs Traktoren Wasser aus den Kanälen pumpen darf.

Viel wichtiger als das Verwenden von «Luxusprodukten» wie Sonden wäre aber die Umstellung auf Elektromotoren beim Betreiben der Wasserpumpen, da sind sich Vertreter der Landwirtschaft und des Kantons einig: «Die Dieselmotoren müssen weg.» Die Landwirte sollten zusammen eine gemeinsame elektrische Pumpanlage nutzen, sagte Gugger, «nicht jeder seine eigene aufstellen». Eine Tendenz in diese Richtung ist immerhin erkennbar – auch dank finanzieller Unterstützung des Kantons.

Kanäle müssen erneuert werden
Zusätzliche Beregnung wird in Zukunft immer stärker angewendet werden. Die Tendenz hin zu längeren Hitzeperioden im Sommer werde sich fortsetzen, sagte Jürg Fuhrer von der Universität Bern anlässlich der PAC-Tagung. Eine Häufung von Niederschlägen sei hingegen nicht zu erwarten. Die Bodenfeuchtigkeit nimmt ab. «Extremsituationen werden vermehrt auftreten», sagte Fuhrer. Mehr Trockenheit bedeutet für die Landwirtschaft, dass es mehr Wasser braucht.

Die Seeländer Gemüseproduzenten sollten diesbezüglich dank den Binnenkanälen so schnell aber nicht auf Probleme stossen – zumindest nicht, was den Wasservorrat betrifft. Allerdings habe das Kanalsystem aus der Zeit der Juragewässerkorrektion in absehbarer Zeit eine Rundumerneuerung nötig, sagte Bernhard Schudel vom Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern. Zwar würden die in die Jahre gekommenen Kanäle noch funktionieren, es müsse aber vermehrt mit Schäden gerechnet werden, die es zu korrigieren gelte. «Der Unterhalt nimmt derzeit 9600 Arbeitsstunden pro Jahr in Anspruch», sagte Schudel.

Nachrichten zu Seeland »