Sie sind hier

Abo

Kappelen

Mit natürlichen Mitteln zum goldenen Schnitt

Seit dreissig Jahren schneidet Beatrice Schranz leidenschaftlich gern Haare. Weil sie die Chemie im Haarlack nicht mehr verträgt, eröffnet sie nun als erste Friseurin im Seeland einen Naturcoiffeur-Salon. Sie hofft, damit eine Marktlücke entdeckt zu haben.

Zur natürlichen Haarpflege gehört für Beatrice Schranz, dass ihre Kundinnen beim Haarewaschen entspannt auf dem Rücken liegen können. Copyright / Sarah Bittel / Bieler Tagblatt

von Peter Staub

«Ich habe mich nach Alternativen umgeschaut, habe aber gemerkt, dass Coiffeuse einfach mein Traumberuf ist», sagt Beatrice Schranz in ihrem bereits vollständig eingerichteten Coiffeursalon. Hier wird sie ab nächstem Monat als erste Friseurin im Seeland als Naturcoiffeurin arbeiten (siehe ganz unten).

Dass die gelernte Friseurin zuvor einen Abstecher in den Service gemacht hat, war darauf zurückzuführen, dass es ihr im Coiffeursalon gesundheitlich nicht mehr gut ging. «Ich habe Allergien entwickelt; wenn ich arbeite, sind meine Schleimhäute gereizt, ständig juckt es mich in der Nase», erzählt Schranz. Zuerst dachte sie, dass dies von den chemischen Haarfärbemitteln stammte, bis sie realisierte, dass sie die konventionellen Haarlacke nicht mehr verträgt.

Solche Allergien wie auch Ekzeme sind bei Coiffeuren und Coiffeusen keine Seltenheit. So schreibt die Suva in einem Merkblatt, dass chemische Einwirkungen zu Berufskrankheiten der Haut führen können. Oft werde ein allergisches Kontaktekzem diagnostiziert. Bei den Coiffeuren gelten Haarfärbemittel, Bleichmittel und Dauerwellenpräparate als die häufigste Ursache von Berufskrankheiten

Von der Reise inspiriert

Während zwei Jahren hatte  Beatrice Schranz mit ihrem Mann Beat auf dem Fahrrad Nordamerika, Asien und Australien bereist (das BT berichtete). Auf diesen Velotouren hatte sie immer ihre Arbeitsutensilien dabei (siehe unten). Als sie da praktisch ohne Chemie ihre Berufung ausleben konnte, kam sie auf die Idee, sich künftig als Naturcoiffeurin zu spezialisieren.

Vor eineinhalb Jahren wurde die 53-Jährige wieder im Seeland sesshaft. Für sie war dies die Gelegenheit zu einem Neustart, nachdem sie in Lyss, Biel und Kappelen insgesamt rund 30 Jahre lang als konventionelle Coiffeuse gearbeitet hatte.

So hat sie sich in Kursen zur Naturcoiffeurin weitergebildet. In der Deutschschweiz gibt es nicht wenige Friseure, die so arbeiten. Auf der Website naturcoiffeure.ch sind jedoch keine Salons aus dem Seeland aufgeführt, sodass Schranz hofft, mit ihrem Geschäft eine Marktlücke zu schliessen.

40 Minuten auf dem Kopf

Die Haarfärbemittel, die sie verwendet, stammen aus Österreich und basieren auf Henna. Alle sind vegetarisch oder gar vegan hergestellt. Damit sie die insgesamt 15 verschiedenen Farbtöne herstellen kann, kommen noch andere natürliche Färbemittel wie Walnuss, Rhabarber, Rotwein-Extrakt oder Indigo dazu. «Ich muss jeden Farbton neu mischen», sagt Schranz.

Das Pulver vermischt sie mit starkem Schwarztee. Diese Melange muss dann rund 40 Minuten auf dem Kopf ihrer Kundinnen einwirken. Die natürliche Farbe halte besser und glänze länger als jede chemische Färbung, sagt Schranz. Die Kosten sind für die Kundinnen etwas höher als bei einer chemischen Färbung.

Vor der Eröffnung ihres Salons arbeitete Beatrice Schranz bei einem Naturcoiffeur in Konolfingen. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass die Kundinnen begeistert gewesen seien.  

Bevor Schranz zur Schere greift, nimmt sie sich Zeit. «Beim bewussten Haare schneiden lese ich die Haare; zum Beispiel, wie sie sich bewegen», sagt sie. Nun wird die sonst rationale Kappelerin esoterisch: «Ich versuche, die Energie der Kunden wieder fliessen zu lassen.» Dazu gehöre, dass sich die Frauen die Haare auf dem Rücken liegend waschen lassen können. Ob Esoterik oder nicht: Dank der natürlichen Wirkstoffe kann Beatrice Schranz ihren Traumberuf ausüben, ohne Allergien in Kauf nehmen zu müssen.
 

*****

Mit Schere und Spiegel in den Velotaschen um die Welt

Vor drei Jahren hat das BT bereits über Beatrice Schranz und ihren Mann Beat berichtet. Damals war das Ehepaar mit dem Velo in Nordamerika unterwegs. Unterdessen sind monatelange Radreisen in Asien und Australien dazu gekommen. Seit vorletztem Sommer sind die Coiffeuse und der IT-Fachmann wieder im Seeland sesshaft.

Auf ihren Reisen hatte Beatrice Schranz immer eine kleine wasserdichte Tasche mit den Utensilien, die es zum Haareschneiden braucht, in den Saccochen am Velo: Kamm, Schere, Spiegel und Haarschneideaufsätze, die mit einem Akku betrieben werden. Geld verdiente sie damit aber nicht; sie schnitt Haare gegen Essen und Trinken oder gegen Kost und Logis.

Zum Beispiel im Herbst 2012 auf einem Campingplatz im Norden Kanadas. «Dort lebten zwei wilde Pfauen, Elvis und Priscilla, die auf den Bäumen schliefen», erzählt Schranz. Das Ehepaar Schranz konnte ihr Zelt in einem offenen Unterstand aufstellen, sodass es gegen den Regen geschützt waren. Das erregte Aufsehen und sie kamen leicht mit anderen Campern in Kontakt.

Eine Camperin liess sich von den sprichwörtlich eitlen Pfauen inspirieren. Sie offerierte Beatrice Schranz ein Bier, wenn sie im Gegenzug dafür eine neue Frisur erhielt. Sie sei dann so zufrieden gewesen, dass sie neben dem Bier auch zwei Teller mit Spaghetti und Salat vorbeigebracht habe.«Das Essen war megafein», erzählt die gebürtige Lysserin.

Beatrice Schranz hat auf ihren Velotouren durch die Welt mit ihrem Beruf nicht nur ein Zubrot verdient. In der nordthailändischen Grossstadt Chiang Mai absolvierte sie auch eine zweitägige Ausbildung in thailändischer Kopfmassage. Diese will sie nun ihren Kundinnen zukommen lassen, während sie ihnen die Haare wäscht.

*****

Haarpflege ohne Chemie

• Naturcoiffeuren liegen gemäss eigenen Angaben Menschen und  Umwelt am Herzen. Ihre Produkte bezeichnen sie als 100 Prozent körper- und hautfreundlich, umweltschonend und wirksam.

• Sie verwenden nur naturbelassene Stoffe ohne chemische Desinfektions- oder Konservierungsmittel. Und sie verzichten auf chemische Farb- und Duftstoffe.

• Beatrice Schranz eröffnet ihren Salon als Naturcoiffeurin am 5. März an der Dorfstrasse 66 in Kappelen. Um 14 Uhr liest der «Haartherapeut» Martin Burri aus seinem Buch «Mein Haar – mein echtes Ich».


www.naturcoiffeure.ch
 

Nachrichten zu Seeland »