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Ligerz

Nie wirklich ein Hotel gewesen

Das ehemalige Hotel-Restaurant Lariau in Ligerz, das in Wohnraum umgewandelt werden soll, hat eine interessante Geschichte. Unter anderem war dort auch einmal das «Postbureau».

Bild: zvg

Beat Kuhn

Ausführlich hat das BT kürzlich über die Zukunft des seit 2003 geschlossenen Hotel-Restaurants Lariau in Ligerz berichtet: Das neben dem Bahnhof befindliche Gebäude soll umgebaut und in drei Wohnungen verwandelt werden. Zu dessen Vergangenheit wurde in dem Artikel dagegen nicht viel mehr gesagt, als dass es ursprünglich ein sogenanntes Herbsthaus gewesen war, ein Zweitwohnsitz diverser Berner Patrizier für die besagte Jahreszeit, und erst ab 1911 als Gaststätte gedient hatte. Wie sich im Nachhinein zeigt, gibt es über die Geschichte dieses Haus aber noch weiteres Interessantes zu erzählen.

Nur kurze Zeit Zimmer vermietet
Heute steht an dessen Fassade gross «Hotel-Restaurant». Den ersten Teil dieser Bezeichnung relativiert die Historikerin Heidi Lüdi allerdings. So meint die Ligerzerin, die unter anderem Kuratorin des Rebbaumuseums am Bielersee ist: «Das ‹Lariau› hatte von 1911 bis 2003 wohl so an die acht bis zehn Wirte, und irgendeiner hat dann auch noch Zimmer vermietet.»

Im Erdgeschoss befand sich die Gaststube mit Säli, der erste Stock war mit Küche und grossem Saal belegt, das Dachgeschoss wurde als Wohnung des Wirtes genutzt. Im Haus selbst hatte es keinen Platz für Hotelzimmer, die drei bis vier Gästezimmer befanden sich in einem Nachbarhaus. Der Begriff Hotel impliziere eine Grösse, die das «Lariau» nie gehabt habe, so Lüdi. «Ich würde darum eher von einem Restaurant und nicht von einem Hotel-Restaurant sprechen.»

Das Restaurant hatte touristisch und verkehrstechnisch ideale Lage: 1912, ein Jahr nach seiner Eröffnung, wurde die Ligerz-Tessenberg-Bahn (LTB) inBetrieb genommen, 1913 folgte der neue SBB-Bahnhof. Zudem befand es sich direkt an der Hauptstrasse. Das Hotel-Restaurant Kreuz war bereits 1835 vom heutigen Schulhaus im Oberdorf – wo es noch «Weisses Kreuz» geheissen hatte, an seinen jetzigen Standort an der Hauptstrasse umgezogen. Dieses Gebäude war einst ebenfalls ein patrizisches Herbsthaus gewesen.

Name gibt Rätsel auf
Der Name des Restaurants gibt Rätsel auf. Nur schon bei der Aussprache ist der Laie verunsichert: Sagt man frankophon «Lario» oder deutsch «Lariau»? Laut Lüdi hört man im Dorf beide Versionen. «Lariau» ist ursprünglich eine Uferbezeichnung, die Ländte unterhalb des Bahnhofs heisst «Lariauländte». Aus dem 19. Jahrhundert kennt man auch die Schreibweisen «Loriol» und «Lariol». Dass ein Flurname sowohl für eine Ländte als auch für ein Haus übernommen wurde, war laut der Historikerin ein übliches Schema. Was der Name bedeutet, bleibt im Dunkeln.

Auch das Wappen auf dem Wirtshausschild, das sich an der Strasse befindet, gibt Rätsel auf. Ob es sich dabei um ein Familien- oder ein Fantasiewappen handelt, ist ungeklärt. Das abgebildete Rebmesser mit silberner Schneide und goldenem Griff auf blauem Grund ist gemäss Lüdi jedenfalls ein lokales Sujet, das in den Dörfern am Bielersee weit verbreitet ist. Der Hecht, der unter dem Wappen hängt, war wohl als Reklame für das «Lariau» als Fischrestaurant am See zu verstehen.

Einige Zeit Domizil der Post
Auch als Post hat das «Lariau»-Gebäude einmal gedient, wie etwa das Foto vom Ligerzer Zentrum auf obiger Postkarte belegt. An der Fassade neben einem separaten Eingang ist darauf ganz klein «Postbureau Ligerz» zu lesen. Interessant an diesem Bild ist auch, dass die Aufschrift über dem Gaststätte-Teil noch nicht «Hotel-Restaurant» lautet, sondern «Bahnhof-Restaurant». Laut Lüdi gab es in Ligerz wohl mindestens fünf ehemalige Post-Standorte. 1931 wurde die Post vom «Lariau» zur LTB-Station verlegt und der LTB-Betriebsleiter übernahm während mehreren Jahren zusätzlich die postalischen Geschäfte.

Heute gibt es Ligerz nur noch Hausservice. Für Postalisches, das sich nicht mit dem Pöstler an der Haustür erledigen lässt, hatten die Ligerzer bis Mitte 2017 die Poststelle Twann beim Bahnhof mitbenutzen können. Dann war diese dem Rotstift zum Opfer gefallen. Seither verfügt die Gemeinde Twann-Tüscherz nur noch über eine Postagentur im Dorfladen Twann.

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