Sie sind hier

Abo

Patienten

Operation verschoben, 
Medikament verschrieben

Nur eines statt zwei operierte Hüftgelenke, eine belastende Blasensenkung und eine schmerzende Speicheldrüse: Verschiedene Seeländer mussten wegen Corona auf Operationen verzichten.

Nichtdringliche Operationen wurden verschoben: Ab Montag sollen sie wieder möglich sein. Bild: Keystone

Deborah Balmer

Es ist nur ein ganz kleines Steinchen, das sich in der Speicheldrüse bildet und dort Schmerzen verursacht: Speicheldrüsenstein nennt sich das. Die Bielerin Ursula Zurbuchen ist Mitte März von ihrer Bieler Hausärztin auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet worden, um den kleinen operativen Eingriff vorzunehmen und das Steinchen zu entfernen, das die Drüse verstopfen kann.

Die 73-Jährige hatte Schmerzen, die von einer etwa zwei Zentimeter grossen Geschwulst unterhalb des Ohres am Hals ausstrahlten. «Ich wusste sofort, um was es sich handelt, weil ich das Gleiche schon vor zehn Jahren einmal hatte», sagt Zurbuchen. Damals konnte sie sich den Speicheldrüsenstein unter einer Lokalanästhesie entfernen lassen. Eigentlich kein allzu grosser Eingriff. Die Gefahr sei höchstens, dass man das Steinchen, wenn es sich zu weit in der Drüse befindet, von aussen her entfernen müsse.

Zurbuchen wollte das Steinchen also wie damals so schnell wie möglich loswerden. Doch Mitte März kam ihr das Coronavirus dazwischen. Sie war in Basel, als sie Schmerzen bekam und in eine Walk-in-Klinik ging, wo alle Mitarbeiter schon Atemschutzmasken trugen: «Sie sagten mir, dass ich mich bei meiner Hausärztin melden soll.» Doch diese sagte, man müsse die Operation verschieben.

Stattdessen erhielt Ursula Zurbuchen Medikamente, damit sie keine weiteren Komplikationen bekommt. Es handelte sich dabei um ein Kortisonpräparat und Antibiotika gegen Entzündungen. «Etwas, was ja auch nicht ganz harmlos ist», sagt sie. Doch die Medikamente hätten auch verhindert, dass sie weiterhin Schmerzen hatte.

Dennoch zeigt sie sich erleichtert, dass Hausarztpraxen ab kommendem Montag (27. April) auch wieder nicht dringend angezeigte Eingriffe vornehmen dürfen. «Ich werde nun so schnell es geht, einen Termin vereinbaren», sagt Zurbuchen.

OP-Datum stand schon fest

So wie der Bieler Rentnerin erging es auch einer 25-jährigen Seeländerin, die ihren Namen nicht in Zusammenhang mit ihrer Diagnose in der Zeitung lesen möchte. Vor bald zwei Jahren kam ihr Kind auf die Welt. «Es war eine schwierige und vor allem eine sehr lange Geburt. Am Ende mussten die Ärzte mein Baby mit der Saugglocke herausholen», sagt sie.

Die Folgen davon spürt sie bis heute: Sie erlitt nämlich eine Blasensenkung, bei der die Harnblase nicht mehr richtig mit dem Beckenboden verbunden ist. «Ein Teil der Blase schaut sogar heraus, und ich habe eine Blasenschwäche, sprich, ich leide an Inkontinenz. Kurz: Es ist sehr einschränkend und belastend», sagt die Frau, die in der Pflege arbeitet.

Die Operation, bei der die Harnblase unter Vollnarkose angehoben und zusätzlich befestigt worden wäre, war am 20. März im Spitalzentrum in Biel geplant. Einen Tag zuvor ging die 25-Jährige zur Voruntersuchung (Blutentnahme) ins Spital. Die zuständige Chirurgin schaute vorbei und sagte, dass der Bundesrat entschieden habe, dass wegen der Coronakrise keine verschiebbaren Operationen mehr durchgeführt werden dürften.

«Ich verstand natürlich, welche Umstände dazu führten», sagt die Seeländerin. Trotzdem war das bitter für sie. Denn die junge Mutter hatte zwischen sechs und acht Wochen eingeplant, während denen sie nicht arbeitet und sich von der Operation erholen kann. «Mein Mann, der ist Lastwagenchauffeur, hatte zudem extra Ferien genommen, um sich um unser Kind zu kümmern.»

Im Spital habe man ihr gegenüber offengelassen, wann die abgesagte Operation stattdessen durchgeführt werde. Sie schätzt aber, dass es Herbst wird. «Im Sommer möchte ich keine Unterleibsoperation durchführen.» Immerhin: Schmerzen habe sie keine, doch es fühle sich ständig an, als hätte sie einen Fremdkörper im Unterleib. Ein wenig helfe ihr Physiotherapie, mit der sie bald wieder beginnen könne.

Nur auf einer Seite operiert

Der 71-jährige frühere Gymnasiallehrer Ueli Schweizer aus Hagneck war lange Zeit ein leidenschaftlicher Jogger. Früher ist er sogar Marathon gelaufen. Bis ihm Hüftschmerzen die Freude am Laufen verdarben. Die Diagnose hiess Arthrose. «Hüftarthrose liegt bei uns in der Familie, schon mein Grossvater litt daran», sagt Schweizer. Als er mit den Schmerzen zum Arzt ging, hiess es als erstes, dass er nur noch kürzere Strecken joggen dürfe. Doch Schweizer musste sich auch einer grösseren Operation unterziehen und sich ein künstliches Hüftgelenk verpassen lassen. Respektive war diese Operation für beide Hüften geplant.

Wegen Corona konnte er bisher erst eine Hüfte operieren lassen. Das war Anfang Februar. «Danach ging ich während sechs Wochen an Krücken. Der Eingriff auf der rechten Seite war anschliessend geplant», sagt Schweizer.

Doch bei der Schlusskontrolle nach der ersten OP durfte der Arzt bereits kein Röntgenbild mehr machen, wie Schweizer erzählt. «Haben Sie Schmerzen?», habe der Arzt gefragt. «Nein», sagte Patient Schweizer. Worauf der Arzt erwiderte: «Dann wird wohl alles gut gegangen sein.»

Doch Schweizer hat nun auf der rechten Hüftseite leichte Schmerzen. «Immerhin kann ich zwei Kilometer lange Spaziergänge machen», sagt er. Doch Velofahren und längere Bergtouren könne er wohl erst im Herbst wieder unternehmen. Bis dann möchte er auch die zweite Operation hinter sich haben.

Nachrichten zu Seeland »