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Freizeit

«In Polen waren die Spielplätze besser und es gab mehr davon»

26 Spielplätze sind im Lysser Gemeindeinventar aufgelistet. Viele davon seien mangelhaft oder wiesen zu wenig Spielgeräte auf, sagen SP und Grüne. Wie beurteilen Lysser Familien das Angebot?

  • 1/18 Spielplatz auf der Sonnhalde. Bild: Patrick Weyeneth
  • 2/18 Spielplatz auf der Sonnhalde. Bild: Patrick Weyeneth
  • 3/18 Spielplatz auf der Sonnhalde. Bild: Patrick Weyeneth
  • 4/18 Spielplatz auf der Sonnhalde. Bild: Patrick Weyeneth
  • 5/18 Spielplatz auf der Sonnhalde. Bild: Patrick Weyeneth
  • 6/18 Spielplatz auf der Sonnhalde. Bild: Patrick Weyeneth
  • 7/18 Spielplatz auf der Sonnhalde. Bild: Patrick Weyeneth
  • 8/18 Spielplatz im Tulpenweg-Quartier. Bild: ab
  • 9/18 Fussball-Platz am Blumenweg. Bild: ab
  • 10/18 Fussball-Platz am Blumenweg. Bild: ab
  • 11/18 Spielplatz an der Herrengasse. Bild: ab
  • 12/18 Herrengasse-Schulhaus. Bild: ab
  • 13/18 Herrengasse-Schulhaus. Bild: ab
  • 14/18 Knechtpark. Bild: ab
  • 15/18 Stegmatt-Schulhaus. Bild: ab
  • 16/18 Grien. Bild: ab
  • 17/18 Hutti. Bild: ab
  • 18/18 Kirchenfeld-Schulhaus. Bild: ab
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von Andrea Butorin

Montagnachmittag in Lyss. Die Sonne scheint zwar nur milchig, aber kalt ist es nicht. Der Spielplatz auf der Hutti ist unbelebt, ebenso jener im Grien. Auch beim Mini-Spielplatz an der Herrengasse, der für Kleinkinder konzipiert ist, ist niemand anzutreffen. Im Knechtpark spielt ein Mädchen ganz allein und gedankenversunken mit dem, was es auf dem Boden findet – das abenteuerlich anmutende Klettergerüst lässt es aussen vor. Dieser Park sei eher für grössere Kinder gedacht, werden später verschiedene Lysser Mütter sagen.
Ziemlich viel los ist hinter dem Herrengasse-Schulhaus. Den grössten Raum nimmt der Fussballplatz ein, der zurzeit nicht betreten werden darf. Der Spielplatz liegt entlang dessen Torlinie. Es gibt mehrere Schaukeln, ein gefällter Baum zum Klettern, daneben liegen einige Baumstrunke zum Sitzen oder Turnen, ein Kletterhäuschen mit Rutschbahn, eine Kletterstange, die von den kleineren, anwesenden Kindern wohl kaum benutzt wird, und eine Betonröhre. Dieser Platz sei sehr gut, sagen zwei albanische Mütter. Ihre Kinder seien am liebsten auf der Schaukel. Und wenn andere Kinder hier sind, werde es ihnen nie langweilig. Sie beide hätten sich übrigens auch auf diesem Spielplatz kennengelernt, sagen die Frauen.
Eine ist mit ihren beiden Kleinkindern hier. Sie leben im Haldenweg-Quartier. «Bei uns gibt es überhaupt nichts für die Kinder», sagt sie. Meistens kämen sie nach Besorgungen im Dorf für einen Abstecher her. Ihr gefalle der Platz, doch im Sommer sei er jeweils zu voll. Schön wäre, wenn es einen Sandkasten gäbe, am liebsten in Kombination mit Wasser. Der fehlende Sandkasten ist für Irene Pfeuti-Schaffner kein Problem. «Meine Kinder nehmen trotzdem die Sandelisachen mit und spielen mit den Holzschnitzeln.» Diese bedecken den ganzen Spielplatzboden, was die anwesenden Mütter als Plus werten.

«Mangelhaft und wenig vielfältig»
Lyss hat eine Menge Spielplätze zu bieten. Im Gemeindeinventar sind 24 in Lyss und deren zwei in Busswil aufgelistet (siehe Grafik). Viele seien jedoch mangelhaft oder wiesen ein wenig vielfältiges Spielraumangebot aus, finden die SP und die Grünen. «Im Grossen und Ganzen ist das Spielraumangebot in Lyss dürftig und entspricht nicht unseren Erwartungen an eine kinderfreundliche, mit Unicef-Label ausgezeichnete Gemeinde», heisst es in der Motion, welche die beiden Parteien an der letzten Parlamentssitzung eingereicht haben.
Sie fordern darin den Gemeinderat auf, ein Spielraumkonzept zu erarbeiten, um zu zeigen, wie das Spielraumangebot der Gemeinde in Zukunft aussehen soll. Als Grundlage soll der Bericht SpielRaumCheck aus dem Jahr 2012 dienen, welcher dem BT vorliegt. Die Berner Fachstelle SpielRaum erstellte diesen Bericht im Auftrag der Lysser Abteilung Sicherheit und Liegenschaften «mit dem Ziel, in den Gemeinden bedürfnisgerechte Spiel- und Lebensräume für Kinder und Familien zu erhalten, aufzuwerten oder zu schaffen».
Das Team von «SpielRaum» besichtigte sämtliche Lysser Spielplätze. Weiter flossen die Befragung von Kindern sowie von erwachsenen «Schlüsselpersonen» in die Beurteilung ein. Gemäss den Fachleuten sollte ein idealer Spielplatz folgende fünf Punkte bieten können:Raum für Bewegung, Gestaltung, Erleben, Rückzugmöglichkeiten sowie für Begegnung.
Von den 26 untersuchten Spielplätzen bieten nur gerade deren fünf sämtliche fünf Punkte an. Dies sind etwa der Robinsonspielplatz, wobei dieser nur am Mittwochnachmittag geöffnet ist, die Sonnhalde, die Hutti sowie die beiden Kindergärten Heilbachweg und Herrengasse/Nelkenweg. Bei den Kindergärten ist laut Bericht allerdings unklar, ob Nicht-Kindergärteler diese benützen dürfen. Ebenfalls gut weggekommen ist der auf privater Initiative entstandene Spielplatz auf der Stiglimatt. Der musste allerdings in Zwischenzeit den Baggern weichen. Gar keinen Punkt erfüllen zwei ehemalige Spielplätze am Giessen- und am Eschenweg. Ebenfalls aufgelistet wurden reine Fussballplätze wie etwa jene am Flur- oder am Blumenweg – klar, dass diese nur gerade den Bewegungspunkt erfüllen.

«Der Platz wirkt verwahrlost»
Zu jedem Lysser Spielplatz machte das «SpielRaum»-Team Verbesserungsvorschläge. «Natürlich kann man nicht alles davon umsetzen», sagt Mit-Motionärin Katrin Meister (SP), «doch wir wollen, dass sich die Gemeinde überlegt, was sie mit dem bestehenden Angebot machen kann.»
Auch Katrin Meister ist mit ihren Söhnen Nils (7) und Andrin (5) oft auf den Lysser Spielplätzen unterwegs, heute sind sie auf der Sonnhalde. Einer jener Spielplätze, die gemäss «SpielRaumCheck» sämtliche fünf wichtigen Punkte erfüllen. Meister begutachtet den Platz. Die grosse, rote Rutschbahn führt im Moment in einen mit einer Blache zugedeckten Stein-Sand-Haufen. Es hat einen morsch aussehenden Holztisch, einen grünen Schaukelfrosch sowie eine Wippe, die Nils und Andrin sehr schätzen. Eine Treppe führt zu einem halbrunden Klettergestell, einem lottrigen Holzhäuschen sowie zwei Pingpong-Tischen. Am Boden ist ein Mühle-Feld aufgezeichnet, doch Spielsteine hat es keine. Abschreckend wirkt die Tafel, welche die Kommission Kulturelles und Freizeitgestaltung aufgestellt hat: «Durch Unachtsamkeit, manchmal leider auch aus Böswilligkeit, werden im Areal der Freizeitanlage Glasflaschen zerschlagen und die Splitter liegengelassen.» Trotz regelmässiger Kontrollen sei es nicht möglich, all diese zu entfernen, weshalb besagte Kommission die Haftung ablehnt und die Benützer zu Vorsicht mahnt.
«Der Platz wirkt verwahrlost», sagt Meister. Und sie macht sogleich Verbesserungsvorschläge:«Der Tisch sollte ersetzt, vielleicht sogar mehrere Tische aufgestellt werden.» Holz zum Bräteln wäre gut, auch «etwas mit Wasser» würde den Platz aufwerten. Wasserspiele sind ein von Müttern oft gewünschtes und auch im erwähnten Bericht häufig vorgeschlagenes, verbesserndes Element.
Der «SpielRaumCheck» findet, nach einer Umgestaltung und Aufwertung könnte die Sonnhalde zu «DEM Ausflugsziel für Familien in Lyss werden». Genau das fehlt auch Katrin Meister:Ein umfassender, guter Gemeindespielplatz, auf dem sowohl Kinder als auch Eltern gern und lange verweilen:«Es gibt keinen Platz, bei dem ich finde: Da will ich hin.» Als ideal empfindet die SP-Politikerin den Spielplatz auf dem Bieler Strandboden:«Wir sind oft dort.»

Bieler Strandboden ist sehr beliebt
Nicht nur Meisters fahren dafür oft nach Biel. Der Platz beim Strandboden ist für viele andere befragten Familien ein Favorit. Auch Marta Wolenjak fährt mit ihrer fünfjährigen Tochter Alexandra einmal pro Woche auf den Bieler Strandboden. Ein weiteres Mal fahren sie zum Gurten-Spielplatz. An diesem Nachmittag sind die beiden beim Zvieri-Essen auf dem Stegmatt-Spielplatz anzutreffen. Marta Wolenjak holt jeweils ihre Tochter von der Tagesschule ab, danach verbringen die beiden meistens eine bis zwei Stunden hier. Alexandra mag diesen Platz, besonders die Rutschbahn und den Sandkasten. Seit neun Monaten lebt die polnische Familie in Lyss. Marta Wolenjak schwärmt von ihrer neuen Heimat. Aber:«Die Spielplätze waren in Polen besser und es gab mehr davon.» Viele Lysser Spielplätze böten nur wenig Spielgeräte an, und was da ist, sei oft veraltet.
Und die älteren Kinder? Die mögen beispielsweise den Skate-Park im Grien. Drei Jungs zwischen 11 und 12 Jahren sind in ihrer Freizeit meistens hier und fahren mit ihren Kickboards die Rampen hoch und runter. Der Platz sei in Ordnung, das Nötigste sei vorhanden, sagen sie. «Die Sachen, die es hat, sind cool, aber leider sind sie dumm positioniert», meint einer von ihnen. Sie hätten deshalb sogar bei der Gemeinde vorgesprochen und gefragt, ob man die Geräte nicht anders positionieren könne – die Antwort habe Nein gelautet, denn es habe in Lyss zu wenig Trottifahrer. «Dabei stimmt das gar nicht, Kollegen kommen sogar von Aarberg und Kappelen hierher», sagt der Junge.

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