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Seedorf

Protestieren gegen die Obrigkeit

Die Kirchgemeinde Seedorf erwägt, die historischen Wappenscheiben in ihrer Kirche zu ersetzen. Gründe dafür gibt es einige – konkrete Pläne jedoch noch nicht.

Bild: zvg/Verena Schlatter

Einige Mitglieder der Kirchgemeinde Seedorf werden nicht schlecht gestaunt haben, als sie im Verlaufe der letzten beiden Monate in ihre Kirche traten: Wo bis anhin Wappen der Herren von Bern die Kirchenfenster zierten, fanden sie bloss normales Fensterglas vor. Nicht etwa, weil die Scheiben geklaut oder zerstört wurden. Die Scheiben wurden bewusst entfernt, zumindest vorübergehend, wie Silvia Bär, Präsidentin des Kirchgemeinderats, erklärt.

Bereits vor einem Jahr hat der Rat mit Genehmigung der Kirchgemeindeversammlung beschlossen, die Bilder aus dem 17. Jahrhundert während der Fastenzeit abzuhängen. Als Protest gegen die Obrigkeit, die immer mehr Pfarrstellen streicht, sagt Bär. «Und auch, um zu sehen, wie es aussehen würde und Rückmeldungen von unseren Mitgliedern einzuholen.»

 

Nicht mehr zeitgemäss

Seit einigen Jahren steht in der Kirchgemeinde Seedorf nämlich die Idee im Raum, die Wappenscheiben der Herren von Bern dauerhaft zu entfernen oder umzuplatzieren und durch neue Fensterbilder zu ersetzen. Vor zwei, drei Jahren hat man diesen Plan erstmals an einer Kirchgemeindeversammlung vorgebracht. Diese hat das Vorhaben sofort unterstützt, woraufhin eine Kirchenfenstergruppe ins Leben gerufen wurde.

Der Austausch der Wappenscheiben war aber auch schon Ende der 70er-Jahre ein Thema, als in der Kirche umgebaut wurde. Schon damals hielt man die Bilder nicht mehr für zeitgemäss, seien die Zeiten der Vögte und Obrigkeiten doch mittlerweile längst vergangen.

«Diese Meinung teilen auch heute noch viele unserer Mitglieder», sagt Bär. Viele würden sich wünschen, die Fenster enthielten «die frohe Botschaft der Gnade Gottes». Dann gebe es andere, die die Wappen nicht schön fänden. Ausserdem geht durch die alten Fensterscheiben viel Wärme und Energie verloren, wie aus dem Protokoll der Kirchgemeindeversammlung vom letzten Juni hervorgeht.

 

Was sagt die Denkmalpflege?

Es gibt aber auch Kirchgemeindemitglieder, die es schade fänden, würden die Wappen entfernt, weil dadurch eine lange Tradition verloren geht. Dass in der neusten Ausgabe des Kirchenblatts bereits von der Kontaktaufnahme mit einer Glaskünstlerin die Rede ist und erklärt wird, dass man die Wappenscheiben «für kürzer oder länger» in einer eigens dafür angefertigten Holzkiste verstaut hat, wurde deshalb nicht von allen positiv aufgenommen.

Silvia Bär versucht zu beschwichtigen: «Noch ist nichts entschieden», sagt sie. Im Moment sei man dabei, Ideen für Inhalte zu sammeln, sich zu überlegen, wie das Ganze aussehen könnte. Dafür habe man einen Kunsthistoriker um Hilfe angefragt. Dann ständen noch die Gespräche mit der Denkmalpflege an. «Da haben wir noch nicht einmal einen Termin», so Bär.

Ob und in welcher Form diese dem Vorhaben grünes Licht geben, werde die weitere Planung stark beeinflussen. Klar sei jedoch, dass die Kirchgemeindemitglieder vor einem definitiven Entscheid zu einem Informations- und Diskussionsabend eingeladen werden. «Wenn wir dort positive Signale erhalten, wird die Kirchgemeindeversammlung darüber befinden, ob für den Austausch Geld gesprochen wird oder nicht.» Bis dahin werden die alten Wappenscheiben wieder aufgehängt. Jana Tálos

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