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Jan Gnägi

Schluss mit der Kantonalpolitik

Mitte-Kantonalpräsident Jan Gnägi zieht die Konsequenzen aus seiner Nichtnomination fürs Regierungsamt. Er tritt nicht mehr zu den Wahlen im kommenden März an und gibt das Präsidium ab.

Der Wendepunkt: Jan Gnägi an der Nominationsversammlung, an der er gegen Astrid Bärtschi die Nominierungswahl verlor. Bild: Raphael Moser

Sandra Rutschi

Vor einem Monat ist Jan Gnägi dreissig geworden. Es gibt Leute, die steigen dann in die Kantonspolitik ein. Der Aarberger aber tritt zurück. «Ich werde nicht mehr zu den Grossratswahlen antreten und nach den Wahlen 2022 das Mitte-Parteipräsidium abgeben», sagt er.

Auslöser für den Entscheid ist seine Nichtnomination als Regierungsratskandidat. Gnägi zog im Juni gegen die ehemalige BDP-Schweiz-Geschäftsführerin Astrid Bärtschi den Kürzeren. Auch wenn Gnägi Bärtschi voll unterstützt, war ihm die Enttäuschung bereits damals anzumerken. «Ich habe meiner Partei ein Angebot gemacht, und sie hat es nicht angenommen», sagt er auch heute. Enttäuscht sei er nach wie vor. «Frustriert aber nicht», betont er.

Der Ruf nach einer Frau

Für Gnägi war bereits vor der Nominationsversammlung klar: Wenn er nicht nominiert wird, tritt er zurück. «Ich bin zwar jung an Jahren, aber alt an Amtserfahrung. Und deshalb auch etwas amtsmüde», sagt er. Seit 12 Jahren sitzt er im Grossen Rat, seit 2018 ist er Parteipräsident. 2008 nahm er als Minderjähriger an der Gründungsversammlung der kantonalen BDP teil und trat der Partei bei. Sein halbes Leben engagiert er sich politisch, oft mit einem Arbeitspensum von 50 Prozent. «Ich habe viel auf diese Karte gesetzt. Nun ziehe ich halt eine andere.»

Gestolpert ist Gnägi über zwei Faktoren: den Ruf nach einer Frau auf dem bürgerlichen Ticket und der vernachlässigten Nachwuchsförderung in seiner Partei. Die Mitte will für die Regierungsratswahlen wiederum mit FDP und SVP zusammenspannen. Diese Parteien stellen ausschliesslich die bisherigen Männer – während Mitte-Finanzdirektorin Beatrice Simon zurücktritt.

Ein Ticket ohne Frau hätte den Bürgerlichen schlecht angestanden. Das war den Mitte-Mitgliedern an der Nominationsversammlung bewusst. «Es ist natürlich nicht so, dass man als junger Mann keine Perspektiven hat», sagt Gnägi. «Aber zurzeit ist die Frauenfrage sehr präsent, und wir können eine sehr gute Frau zur Wahl stellen.»

Nachwuchs vernachlässigt

Kritischer geht Gnägi mit seiner Partei ins Gericht, wenn es um die Nachwuchsförderung geht. «Diese hat die BDP komplett verpasst», sagt er. Insbesondere die Amtsträger im Nationalrat, die noch von der SVP in die BDP wechselten, hätten früher neuen Kräften Platz machen müssen, findet Gnägi. «Ich persönlich bedauere sehr, dass Enea Martinelli nicht Nationalrat wurde.» Martinelli war als Parteipräsident Gnägis Vorgänger und sass lange Zeit auf dem ersten Ersatzplatz für den Nationalrat fest.

Hätte auch Gnägi heute parteiintern interessantere Perspektiven, wenn sich die BDP besser um ihren Nachwuchs gekümmert hätte? «Das ist schwierig zu sagen», sagt Gnägi, «aber es ist möglich.»

National im Hintergrund

Durch die Fusion mit der CVP zu Die Mitte gibt es national wieder mehr Möglichkeiten. «Das war das Beste, was wir machen konnten. Und hier werden wir die Nachwuchsförderung strategischer machen», sagt Gnägi. Er hat das Vizepräsidium der Mitte Schweiz übernommen – ein Amt, in dem er zwar in der Politik bleibt, aber nicht im öffentlichen Fokus steht.

«Mein ganzes Erwachsenenleben war ich in einem öffentlichen Amt.» Entsprechend habe er auch als junger Erwachsener stets auf sein Auftreten achten und Verantwortung übernehmen müssen. «Ich freue mich auch darauf, dass ich künftig auf der Strasse mal sagen kann, wenn man mich auf etwas anspricht: Darum kümmern sich nun andere.»

Gnägi will sich nun mehr um seine berufliche Karriere kümmern. Wie genau diese aussehen wird, weiss er allerdings noch nicht. Gnägi ist Kaufmann und arbeitet als administrativer Leiter der Reformierten Kirchgemeinde Zollikofen. «Das Gute an der Politik ist: Man lernt vieles, das einem auch im Beruf hilft. Vor Leuten reden, Sitzungen leiten und kommunizieren.»

Stichwörter: Mitte, Politik, Kanton, Jan Gnägi

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