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Gewässer

Solange es keinen Kanal zum Golf von Genua gibt

Der Golf von Genua am Mittelmeer wäre für das Wasser aus dem Seeland der nächstgelegene Mündungsort. Tatsächlich aber fliesst es in die entgegengesetzte Richtung: via Aare und Rhein bei Rotterdam in die Nordsee.

Alles Wasser aus der Region fliesst aus dem Bielersee in die Aare ab, die ihrerseits bei Koblenz in den Rhein mündet, so dass es schliesslich in die Nordsee gelangt. Jonathan Liechti/a
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Beat Kuhn

Im Mai letzten Jahres hat die Region letztmals ein Hochwasser erlebt. Damals stieg der Pegel des Bielersees auf den zweithöchsten Stand seit 1973 an, dem Jahr, in dem die zweite Juragewässerkorrektion fertiggestellt worden war. Nur beim Hochwasser im Jahre 2007 hatte er einen noch höheren Stand erreicht.

Auf die Frage des «Bieler Tagblatts», wie der Hochwasserschutz noch verbessert werden könnte, sagte Werner Könitzer damals – kurz vor seinem Rücktritt als Chef des regionalen Krisenstabes – schmunzelnd: «Optimal wäre es, wenn wir einen Kanal von Aarberg bis in den Golf von Genua hätten.» Also eine direkte Verbindung der Aare zum nächstgelegenen Meer, dem Mittelmeer, sodass der Bielersee die Aare gar nicht erst aufnehmen müsste.

Grosses Sammelbecken

Tatsächlich aber fliesst das Wasser der Aare und etwelcher weiterer Gewässer in den Bielersee. Das macht das Abfliessen in Richtung Meer kompliziert – jedenfalls in der Region selbst. Über ein Fünftel allen Wassers in der Schweiz fliesst durch den See: Der Hagneckkanal bringt das Wasser der Aare mit den Nebenflüssen Kander und Saane. Aus dem Zihlkanal kommt das Wasser des Neuenburgersees, in den die Zihl sowie der Broyekanal mit dem Wasser von Murtensee und Broye münden.

Wie die zwei Zuflüsse des Bielersees ist auch dessen Abfluss, der Nidau-Büren-Kanal, ein Bauwerk aus der ersten Juragewässerkorrektion, die von 1868 bis 1891 realisiert wurde. Naturbelassen ist da einzig noch der kurze Abschnitt der Zihl – des ursprünglichen Abflusses – von Biel bis zur Einmündung in den Nidau-Büren-Kanal oberhalb des Regulierwehrs Port. Dieses verfügt über eine Schleuse, sodass Schiffe die Wasserbauanlage passieren können.

Keine Toten mehr

Mithilfe dieses Wehrs wird von der Regulierzentrale im Wasser- und Energiewirtschaftsamt des Kantons in Bern der Abfluss aus dem Bieler-, Neuenburger- und Murtensee gesteuert. Trotz der ausgeklügelten Regulierungstechnik kommt es hin und wieder doch noch zu Hochwasser. Denn insbesondere wegen der Hochwasser der Alpenzuflüsse ist die Wassermenge von Bieler-, Murten- und Neuenburgersee recht starken Schwankungen unterworfen.

Im Vergleich zu den Zuständen vor der ersten Juragewässerkorrektion ist das allerdings nichts. Denn immer wieder war es zu verheerenden Überschwemmungen gekommen, bei denen es zudem nicht nur Sachschäden, sondern auch Tote gegeben hatte. Speziell bei den Epidemien, die jeweils auf die Überschwemmungen folgten, war die Sterblichkeit gross gewesen.

Aare breiter als Rhein

In Büren endet die Umleitung der Aare über den Bielersee. Sie war seinerzeit geschaffen worden, um das Seeland von der Geissel der Überschwemmungen zu befreien. Es fliesst allerdings noch heute auch im ursprünglichen Flussbett zwischen Aarberg und Büren Wasser, nämlich jenes der sogenannten Alte Aare.

Von Büren fliesst die Aare in einer weiten Ebene dem Jura entlang nach Solothurn, worauf die Mündung der Emme folgt. Anschliessend durchfliesst die Aare Olten, Aarau sowie Brugg und nimmt dann kurz hintereinander die Reuss aus der Innerschweiz und die Limmat aus der Ostschweiz und dem Züribiet auf. Nun nach Norden fliessend, mündet sie im aargauischen Koblenz in den Rhein. Übrigens ist die Aare dort der Wasserreichere der beiden Flüsse. Hydrologisch gesehen mündet also eigentlich der Rhein in die Aare. Aber hier spielen eben historische Gründe die grössere Rolle.

Durch die Aare massiv vergrössert, fliesst der Rhein westwärts und bildet dabei eine natürliche Grenze zu Deutschland. Nach Basel verlässt er unser Land in Richtung Norden und fliesst durch Deutschland und Frankreich. Im gigantischen Rhein-Maas-Delta, das sich primär auf niederländischem Staatsgebiet befindet, mündet er schliesslich unterhalb von Rotterdam beim kleinen Küstenstädtchen Hoek van Holland in die Nordsee.

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Die Birs sucht sich ihren eigenen Weg

Die Birs wird als Basler Fluss betrachtet. Ihren Anfang nimmt sie jedoch im Berner Jura. Sie entspringt einer Quelle in 762 Metern Höhe über Meer, etwas südwestlich von Tavannes. Allerdings sammelt sich schon tief im Berginnern Regenwasser und durchfliesst ein weitverzweigtes, kilometerlanges Höhlensystem. Darum ist die Birs bereits ein kleiner Fluss, wenn sie an die Oberfläche tritt. Via Delsberg, den Hauptort des Kantons Jura, erreicht sie das Laufental. Dieses gehörte bis 1993 zum Bernbiet, ist heute aber Teil des Halbkantons Basel-Land. Und schliesslich mündet sie in den Rhein – in Birsfelden, das eine eigene, mit Basel zusammengewachsene Gemeinde ist. bk

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Total vier Wasserwege münden in drei Meere

Das Wasser praktisch der ganzen Schweiz wird durch einen von vier Flüssen in eines von drei Meeren geleitet. Die Wasserwege verteilen sich dabei auf die vier Landessprachen:

  • Der Rhein ist das Sammelbecken der Deutschschweiz. Er mündet bei der holländischen Stadt Rotterdam in die Nordsee.
  • Die Rhone führt das Wasser der Romandie selbst zum Mittelmeer. Die Mündung befindet sich westlich von Marseille.
  • Der Ticino bringt das Wasser des Tessins in den Po, der südlich von Venedig in die Adria fliest, also auch ins Mittelmeer.
  • Der Inn aus dem ursprünglich rätoromanischen Engadin fliesst in die Donau. Diese mündet im nach ihr benannten Delta in Rumänien ins Schwarze Meer. bk

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