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TCS-Camping: Wer hat hier eigentlich das Sagen?

Beim ersten und zweiten Anlauf hat das Kantonsparlament den Verbleib des Gampeler Campingplatzes nicht erreicht. Beim dritten Mal hat es nun zu einem Kniff gegriffen.

Der Campingplatz soll vom Ufer des Neuenburgersees auf den Landstreifen beim «Tannenhof»-Heim im Vordergrund zügeln. Dagegen gibt es Widerstand. Aimé Ehi/a

Beat Kuhn

Als der Campingplatz des Touring-Clubs Schweiz (TCS) in den 50er-Jahren angelegt wurde, war er noch nicht kontrovers. Denn damals stand das Gebiet Fanel am Nordufer des Neuenburgersees, in dem er sich befindet, noch nicht unter Schutz. Nach und nach hat sich das in den folgenden Jahrzehnten allerdings grundlegend geändert, und heute hat nach dem Urteil von Fachleuten wohl kaum eine andere Zone in der Schweiz juristisch einen höheren Schutzstatus als das Fanel. Das war denn auch der Grund dafür, dass der Berner Regierungsrat 2003 vom TCS die Aufhebung des Campings bis Ende 2018 verlangte.

2016 versuchte die Regierung – in neuer personeller Zusammensetzung natürlich – dann aber, die Anlage durch einen juristischen Schachzug für weitere 35 Jahre zu sichern. Daraufhin sprachen die Naturschutzverbände Pro Natura, Birdlife, WWF und Stiftung Landschaftsschutz von «Trickserei» und gingen vor Gericht. Und wenig überraschend pfiff das kantonale Verwaltungsgericht den Regierungsrat Ende 2017 zurück.

Vom Gericht an den Runden Tisch
In der Folge lancierte die Kantonsregierung einen Runden Tisch für Verhandlungen zwischen Vertretern des Kantons, der Naturschutzverbände und des TCS. Und schliesslich einigte man sich auf eine Verlängerung der Betriebsbewilligung bis zum Ende des Jahres 2024. In jenem Jahr läuft das Baurecht für das Land ab, auf dem der Campingplatz liegt. Diese Erstreckung um sechs Jahre war indes an die Bedingung geknüpft, dass sich der TCS etappenweise aus dem Campingareal im Naturschutzgebiet zurückziehe. Saisonmieter können bis zum Ende der Saison 2024 auf dem Platz verbleiben. Nach der folgenden Schliessung des Campingplatzes wird die dannzumal noch verbliebene Infrastruktur – wie beispielsweise die Waschräume – abgerissen. Als Alternativstandort bietet der Kanton einen Landstreifen neben dem «Tannenhof»-Heim auf der anderen Seite des Fanel-Waldes an, der sich ebenfalls auf dem Gemeindegebiet v0n Gampelen befindet. Allerdings ist dieser Standort mehrere hundert Meter vom Ufer entfernt.

Am Runden Tisch mussten damals alle Seiten Eingeständnisse machen. Regierungsrätin Evi Allemann (SP), die als Chefin der Direktion für Inneres und Justiz zuständig ist, betonte aber, dass der gefundene Kompromiss allemal besser sei als eine Fortführung der juristischen Auseinandersetzung, «denn dann hätte ein Scherbenhaufen gedroht». Falls sich eine der beteiligten Parteien nicht an die Vereinbarung halte, bestehe die Möglichkeit, deren Durchsetzung vor dem Verwaltungsgericht einzuklagen, hatte sie klargemacht. «So weit wird es aber nicht kommen.»

Rat nimmt auch dritte Motion an
Just der Grosse Rat will diese Vereinbarung nun aber sprengen. In der Frühlings- und in der Wintersession des letzten Jahres hat er je eine Motion der Oberländerin Madeleine Amstutz (SVP) an den Regierungsrat überwiesen, die beide den Verbleib des Campings am jetzigen Standort verlangten – die erste mit 79 Ja gegen 61 Nein bei 1 Enthaltung, die zweite mit 72 Ja zu 57 Nein bei 8 Enthaltungen. Die Ja-Stimmen kamen dabei von bürgerlicher Seite, die Nein-Stimmen von Links-Grün – das mehrheitlich bürgerliche Parlament stimmt also gegen die mehrheitlich bürgerliche Regierung.
In der diesjährigen Herbstsession vor einem Monat ist nun auch noch eine dritte Motion mit demselben Ziel angenommen worden. Diesmal war Amstutz nur sogenannte Mitvorstösserin, wie auch Peter Gerber (Die Mitte) aus Schüpfen. Hauptmotionär war diesmal Jakob Etter (Die Mitte) aus Treiten. Sowohl er als auch Amstutz haben sich in dieser Sache auch schon mit je einer Interpellation zu Wort gemeldet – zu denen ihnen die Regierung indes nicht die erwünschten Antworten geliefert hat.

Wie die ersten beiden Motionen ist auch diese dritte gegen den Antrag des Regierungsrates überwiesen worden. Und auch in der diesmaligen Antwort hat dieser ins Feld geführt, dass keine rechtlichen Möglichkeiten bestünden, den Campingplatz am heutigen Standort zu legalisieren. Einmal mehr hat er darin zudem geltend gemacht, dass es hier um eine Frage «im abschliessenden Zuständigkeitsbereich des Regierungsrates» gehe. Entsprechend könne auch der diesmalige Vorstoss lediglich die Wirkung einer sogenannten Richtlinienmotion haben. Bei einer solchen habe der Regierungsrat «einen relativ grossen Spielraum», und die Entscheidverantwortung bleibe bei ihm. Oder wie es Jakob Etter gegenüber dem «Bieler Tagblatt» auf den Punkt brachte: «Er kann machen, was er will – auch allenfalls nichts.»

Allemann macht Zusage
Etwas Entscheidendes war in der diesmaligen Debatte jedoch anders. So machte das Büro des Grossen Rates von seinem Recht Gebrauch, dem Parlament einen Antrag zu stellen. Das kann er, «falls es Differenzen über den Richtliniencharakter einer Motion gibt», wie Patrick Trees, der Generalsekretär des Grossen Rates, auf Anfrage erklärte. Das Büro besteht aus dem Präsidium, zu dem der Präsident, der Vizepräsident und der zweite Vizepräsident gehören, den acht Kommissionspräsidenten, den acht Fraktionspräsidenten sowie dem Präsidenten der Deputation, welche die Anliegen der Bevölkerung im Berner Jura und der französischsprachigen Bevölkerung im Wahlkreis Biel-Seeland vertritt.

Der besagte Antrag bestand darin, dass der diesmalige Vorstoss von der Regierung nicht als Richtlinienmotion entgegengenommen werden dürfe, sondern als «Motion mit Weisungscharakter» zu behandeln sei. Das Parlament nahm den Antrag mit grosser Mehrheit an und überwies die Motion mit 73 Ja gegen 63 Nein bei 5 Enthaltungen. Diese Umwandlung hatte umgehend Folgen. So stellte Evi Allemann nun in Aussicht, dass sie bereit sei, abklären zu lassen, ob nicht doch eine sogenannte raumplanerische Sicherung des Campings am heutigen Standort möglich sei. In der Motionsantwort hatte es noch geheissen: «Weitere umweltrechtliche Abklärungen erachtet der Regierungsrat angesichts der dargelegten eindeutigen Rechtslage als sinnlos.»

Verändertes Kräfteverhältnis
Jakob Etter verfolgte die Debatte von der Zuschauertribüne aus, denn er ist im Frühling aus dem Grossen Rat zurückgetreten. Obwohl er 15 Jahre Mitglied des Parlamentes war, wusste er bisher nicht, dass eine solche Umwandlung einer Motion möglich ist. Diese Möglichkeit könnte das Kräfteverhältnis im Tauziehen zwischen Exekutive und Parlament zur Campingplatzfrage zu dessen Gunsten verändern. So dürfte der einmal mehr überschwängliche Jubel von Hanspeter Mischler, der ebenfalls auf der Zuschauertribüne sass, nachhaltiger sein als bei den beiden ersten zwei Motionen. Mischler ist Präsident der Interessengemeinschaft Camping Gampelen Neuenburgersee, deren Petition zum Erhalt des Campings von knapp 20000 Campingfreunden unterzeichnet worden ist.



 

Stichwörter: Gampelen, TCS-Camping

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