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Büren

«Trump ist noch schlimmer, als ich befürchtete»

Nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten erwog Jean-François de Buren aus Kalifornien, in die Schweiz auszuwandern. Ist das noch ein Thema für ihn? Das ist die Frage bei einem Bummel durch das Stedtli mit dem Mitglied der Familie von Büren.

Die Neuzuzüger-Mappe hat Gemeindeschreiber-Stellvertreterin Sabine Ulmann Jean-François de Buren schon mal gegeben. Peter Samuel Jaggi

Von Beat Kuhn

«Falls dieser Super-GAU eintritt, ziehe ich mit meiner Familie in die Schweiz», hatte Jean-François de Buren in einer Umfrage des «Migros-Magazin» vor den US-Wahlen 2016 angekündigt. Mit dem Super-GAUhatte er die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten gemeint.

Nachdem Trump entgegen allen Wahlprognosen tatsächlich gewählt worden war, hatte das BT bei dem Kalifornier nachgefragt. Denn dieser ist ein Mitglied der Familie von Büren (siehe Infobox). Er wolle schauen, was nun geschehe und dann seine Optionen abwägen, hatte de Buren damals erklärt.

Empfang durch die Gemeinde
Drei Jahre später wohnt der 48-Jährige mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern – 16 und 13 Jahre alt – noch immer in den USA, konkret in Novato, einer Stadt von der Grösse Biels in der Nähe von San Francisco. Seine Eltern leben nicht weit entfernt – sie hatte er 2016 als Hauptargument für den Verbleib in den USA genannt.

Für eine Woche weilte de Buren nun in der Schweiz – aber nicht etwa, um Vorbereitungen für eine Auswanderung zu treffen, sondern nur um Verwandte zu besuchen. Solche hat er in Bern, Lausanne und Genf. Zudem traf er Cousins seiner Frau in Zürich, die ebenfalls Wurzeln in der Schweiz hat, in Küssnacht am Rigi. Dass er seine Familie nicht dabei hatte, liegt daran, dass seine Töchter Schule hatten.
Natürlich durfte auch ein Abstecher in die Heimat seiner Vorfahren nicht fehlen. In Büren gewesen war er bisher erst einmal, Mitte der 90er-Jahre, als er drei Jahre in Luzern und Genf gelebt hatte. Damals war er klammheimlich im Stedtli gewesen, ohne Wissen der Gemeinde. Über seinen diesmaligen Besuch setzte das BT die Verwaltung nun in Kenntnis – und diese bereitete ihm einen kleinen Empfang.

«Tanke villmal!»
Sabine Ulmann, Steuerregisterführerin und Gemeindeschreiber-Stellvertreterin, begrüsste den besonderen Besucher vor der Gemeindeverwaltung – und kam ins Schwärmen, als sie erfuhr, dass er in der Umgebung von San Francisco lebt. Als Willkommensgeschenk überreichte sie ihm einen Bildband von Büren sowie die Mappe für Neuzuzüger mit Wissenswertem über den Ort – und als Bonus noch etwas Schokolade.

«Sie wollen also einmal nach Büren ziehen?», fragte sie – und dachte dabei vielleicht auch ein bisschen an das Steuerregister. «Na ja, es ist schwierig, ich habe halt viele Verwandte in den USA», antwortete der Gast und verabschiedete sich mit einem schweizerdeutschen «Tanke villmal!» Viel mehr Schweizerdeutsch kann er nicht. Hochdeutsch versteht er seit seinem Aufenthalt in der Schweiz leidlich, Französisch beherrscht er.

«Republikaner lassen es zu»
In politischer Hinsicht sieht de Buren nicht weniger Gründe, auszuwandern, als vor drei Jahren. Bei einem Spaziergang durch die Altstadt meinte er gar: «Trump ist noch schlimmer, als ich befürchtete.» Dass der Präsident «a crazy uncle» sei, wie man in den USA sage, «ein verrückter Onkel», habe man ja schon vor den Wahlen gewusst. «Was mich aber schockiert, ist, dass die Republikaner, die an der Macht sind, ihn gewähren lassen.» Dass sie zulassen würden, wie er Werte auch ihrer eigenen Partei verrate, zum Beispiel beim Naturschutz, bei den Homosexuellen oder bei der Abtreibung.

Europa ist für amerikanische Touristen ja generell attraktiv, weil es etwas zu bieten hat, was in den Vereinigten Staaten nicht existiert: mittelalterliche Siedlungen. Und Jean-François de Buren kann sogar auf Spuren seiner persönlichen Vorfahren wandeln. «Ich fühle mich wie zuhause», sagte er. Wobei er damit nicht allein Büren meinte, sondern das ganze Gebiet von dort bis Bern und bis zum Schloss Vaumarcus am Neuenburgersee, das auch einmal Eigentum der Familie von Büren war.

«Vieles aufzuarbeiten»
Der Kalifornier hat ein grosses geschichtliches Wissen und entspricht damit so gar nicht dem Klischee vom ignoranten Amerikaner – wie es Trump seinerseits in Reinkultur verkörpert. Das gilt nicht nur für jene Epoche, in der seine Vorfahren lebten, sondern auch für weniger weit zurückliegende Zeiten. So erzählte er, wie er als junger Mann geglaubt habe, die Schweiz sei im Zweiten Weltkrieg von Hitler verschont geblieben, weil sie gut bewaffnet und wegen der Berge schwer zu erobern gewesen sei.

Doch dann habe er miterlebt, wie in den 90er-Jahren die Bergier-Kommission die seinerzeitige Rolle der Banken aufgearbeitet habe und die alten Mythen Risse bekommen hätten. Von da schlug de Buren den Bogen zu den USA von heute: «Über viele Themen, die wir aufarbeiten müssten, sprechen wir nicht, etwa über Rassismus oder Frauendiskriminierung.»

Ein typischer Amerikaner
In einer Gartenwirtschaft ging es dann nochmal um Persönliches. Zum Beispiel zeigte er seinen Fingerring mit dem Familienwappen, das kurioserweise drei Bienenkörbe zeigt. Man vermute, dass diese entweder für den Bienenfleiss der Familie, deren gros-se Fruchtbarkeit oder die Honig-Vorliebe des Berner Wappentiers stehe, meinte de Buren – er selbst favorisiert die Fleiss-These.

Ausserdem legte er seine beiden Pässe auf den Tisch, den blauen der USA und den roten der Schweiz, denn er ist schweizerisch-amerikanischer Doppelbürger. «Ich mag den roten», meinte er auf die Frage, welcher ihm besser gefalle. Und er erzählte schmunzelnd, dass es beim Fototermin geheissen habe: «Lächeln Sie nicht, blicken Sie ernst in die Kamera!»

Schweizerisch an ihm ist eigentlich nur das Historische – alles andere ist typisch amerikanisch, vom Aussehen über die Sprache bis hin zum Verhalten. So lachte er im Gespräch immer wieder unschweizerisch laut, etwa wegen der Kinder, die in der Gartenwirtschaft Unsinn machten.

«Schweizer können kalt sein»
Dass de Buren mit seiner Familie je in die Schweiz ziehen wird, ist aber wohl nicht allein wegen seiner Eltern unwahrscheinlich. Denn die Erinnerungen, die er an seine drei Jahre hier hat, sind durchzogen: «Es war ein kultureller Schock», meinte er. Denn die Schweizer seien zwar freundlich, aber auch distanziert und könnten bisweilen kalt sein. Hier Anschluss zu finden, sei viel schwerer als in Amerika. In Luzern habe er zum Beispiel einmal eine Kollegin auf einen Drink einladen wollen, einfach so, nicht als Date. Das habe sie mit der Begründung ausgeschlagen, dass sie ihn ja gar nicht kenne.

Von Beruf ist de Buren Grafiker und Coach beim Wirtschaftsprüfungskonzern KPMG mit Sitz im schweizerischen Zug. Falls die Familie also doch in die Schweiz zieht, könnte er gleich intern wechseln. Etwa falls Trump Ende 2020 wiedergewählt wird.
 

ZWEITTEXT:

CIA-Chef im Von-Wattenwyl-Haus

Laut Jean-François de Buren hat seine Familie einst auch das Von-Wattenwyl-Haus in der Nähe des Berner Münsters besessen. Es gehört heute zu den bekanntesten Gebäuden des Landes, weil darin regelmässig die Von-Wattenwyl-Gespräche zwischen dem Bundesrat und den Regierungsparteien SVP, FDP, CVP und SP stattfinden. Auch für Empfänge der Landesregierung wird der repräsentative Bau, der seit 1934 der Eidgenossenschaft gehört, genutzt.

Von einem seiner Verwandten hat de Buren erfahren, dass im Zweiten Weltkrieg der US-Geheimdienst Office of Strategic Services (OSS) dort sein Quartier hatte. Es war ein offenes Geheimnis, dass der OSS Anlaufstelle für Zuträger und Widerstandskämpfer aus Nazi-Deutschland war und an der Aufklärung deutscher Pläne und Aktivitäten arbeitete.
Gesandter der nur während des Krieges bestehenden Organisation in Bern war Allen Dulles, der später von 1953 bis 1961 CIA-Chef war – nicht zu verwechseln mit seinem älteren Bruder John Foster Dulles, der von 1953 bis 1959 Aussenminister war. bk


INFOBOX:

Eine globalisierte Berner Patrizierfamilie

Jean-François de Buren entstammt der Familie von Büren, die 1166 erstmals erwähnt wurde.
Im Jahre 1326 zog sie nach Bern und gehörte dort zu den Patrizierfamilien, die bis 1798 in der «Stadt und Republik Bern», dem Vorläufer des heutigen Kantons, das Sagen hatten.
Die Familie von Büren besass zeitweilig Herrschaftsrechte in Ligerz, Signau, Münsingen und Seftigen. Durch Heirat gehörte auch die Herrschaft Vaumarcus samt Schloss am nordwestlichen Ufer des Neuenburgersees einmal dazu. Sie wurde 1831 aber an die Fürsten von Neuenburg verkauft.
Noch heute gehören die Mitglieder der Familie von Büren der Burgergemeinde Bern und der Metzgerzunft an.
Einer der Familienzweige übersiedelte von Bern nach Neuenburg und änderte den Namen in de Büren. Henri de Büren wuchs auf einer Ranch in Argentinien auf und übersiedelte 1923 nach Kalifornien – er war der Grossvater von Jean-François de Buren.
Mitglieder der Familie leben auch in Frankreich, England und Brasilien. bk


 

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