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Gastronomie

Viele hätten nicht geöffnet

Die Restaurant-Terrassen in der Region bleiben vorläufig zu. Auch bei einer Teillockerung hätten viele Restaurants ihre Aussenbereiche nicht geöffnet.

Beim Restaurant Schützenhaus wäre die Terrasse auch bei einer Teillockerung leer geblieben. Copyright: Peter Samuel Jaggi / Bieler Tagblatt

Heidi Flückiger

Covid-19 macht der Wirtschaft schon seit über einem Jahr das Leben schwer. Darunter leidet auch die Gastrobranche, die wegen den Lockdowns um Härtefallgelder und Zinsermässigungen kämpft und deren Angestellten fast alle in Kurzarbeit sind. Jetzt ist auch noch die vom Bund breit diskutierte Öffnung der Restaurant-Terrassen an der ungünstigen epidemiologischen Lage gescheitert (das BT berichtete). Und mit Take-away verdienen Restaurants ausserhalb der Agglomeration kaum oder gar kein Geld.


Die Absage an die Terrassen-Öffnung bewegte die Gemüter in der Gastrobranche. Allerdings: die Aussenbereiche sind wetterabhängig, deshalb hätten viele Restaurants in erhöhten Lagen von dieser Teillockerung gar nicht profitiert. Sie hoffen deshalb auf die komplette Öffnung, wie eine Umfrage bei Gastwirtinnen und Gastwirten entlang des Juras deutlich macht.


«Unerträgliche Situation»
Das Restaurants Des Gorges, das auf Bieler Boden steht, aber zu Frinvillier gehört, hat einen einladenden Aussenbereich. An heissen Tagen sind die Sitzplätze schnell besetzt. Neben dem Verweilen im Schatten der Bäume, kann man im «Des Gorges» auch in der angrenzenden Herberge übernachten und die «Stimmen» des Waldes sowie das Rauschen der nahe gelegenen Schüss auf sich einwirken lassen. Und der grosse Saal des Gasthauses kann für Hochzeiten und andere Feste genutzt werden.


Wirt Juri Oppliger ist mit der aktuellen politischen Haltung gegenüber der Gastronomie ganz und gar nicht einverstanden. «Die Situation um die Öffnung der Restaurants ist unerträglich», sagte er. Oppliger hätte die Gartenwirtschaft voraussichtlich noch nicht geöffnet, auch wenn der Bundesrat das zugelassen hätte.
Das «Des Gorges» ist ab Bözingen zu Fuss durch die Taubenlochschlucht (die wegen Holzarbeiten bis am 26. März geschlossen ist) erreichbar und via Frinviller mit dem Auto, dem Bus oder dem Zug.


Über Absage enttäuscht
Karin und Roland Kilian, die Pächter des Restaurants Bözingenberg, hätten die Terrasse hingegen sofort geöffnet. Sie sind über den negativen bundesrätlichen Entscheid enttäuscht. Das ist verständlich, denn das auf 930 Metern Höhe gelegene Restaurant wird das ganze Jahr hindurch rege besucht. Neben den Innenplätzen ist die Sonnenterrasse mit 120 Sitzplätzen ein wichtiges finanzielles Standbein. Bei schönem Wetter wird die Terrasse auch bei kalten Temperaturen von den Gästen genutzt. Während des Lockdowns konnten Kilians wenigstens eine Art Kioskbetrieb einrichten. Die Snacks und Getränke genossen die Gäste auch gerne im Stehen.


Bei klarer Sicht ist Besucherinnen und Besuchern des Restaurants  – dessen Besitzerin die Burgergemeinde Bözingen ist – der Blick über die Weite der Juraweiden, zum Bielersee, über das Drei-Seen-Land bis ins Berner Oberland sicher. Das Restaurant ist zu Fuss und mit dem Auto über verschiedene Anfahrtswege erreichbar: Ab Bözingen mit dem Auto via Zollhausstrasse und zu Fuss ab Höhe Tierpark Biel auch über Naturwege und Treppen durch den Wald.
Die finanziellen Einbussen während den Lockdowns seien enorm. «Dank eines grossen Entgegenkommens der Burgergemeinde Bözingen und der Kurzarbeitsentschädigung für die Mitarbeitenden hält sich der Schaden jedoch in Grenzen», sagen Kilians.


Keine Geheimadresse mehr
Wer nicht so hoch hinaus will, gelangt via Zollhausstrasse und in Richtung Feldschützenweg zum weiter unten gelegenen Restaurant Schützenhaus, dessen Terrasse mit Blick über die Stadt Biel schon lange keine Geheimadresse mehr ist. Wer dort im Sommer speisen will, tut gut daran die Plätze zu reservieren. Das kulinarische Potpourri aus der «Schützenhaus»-Küche reicht von gut bürgerlichen Speisen, mehrgängigen Menus und Saisonspezialitäten bis hin zu auserlesenen Desserts.


Wirt Walter Pfäffli hat die Gaststätte seit April 2017 in Pacht. Davor war das Restaurant während anderthalb Jahren nicht in Betrieb. Bis die Menschen auf die Wiedereröffnung aufmerksam wurden, benötigte es Zeit und der finanzielle Aufschwung liess auf sich warten. Als der Restaurantbetrieb zu rentieren begann, kam Corona. Ändert sich die Situation nicht bald, gehen dem 54-jährigen Wirt die Geldreserven aus.


Obwohl die Einnahmen von den Besuchern auf der Terrasse im Sommer bis zu 90 Prozent und das wichtigste finanzielle Standbein sind, hätte Walter Pfäffli mit der Öffnung des Aussenbereiches noch zugewartet. «Bei Kälte und Regen setzt sich niemand im Freien an einen Tisch und geniesst ein Schnitzel mit Pommes frites», begründet er den Entscheid.


Das Bijou am Ende der Welt
Auch beim Restaurant End der Welt in Magglingen, dessen Betreiberin das Bundesamt für Sport (Baspo) ist, wäre der Terrassenbetrieb voraussichtlich noch nicht aufgenommen worden. «Wir versuchen auf alle weiteren Entwicklungen im Gesamtkontext logistisch und personell adäquat zu reagieren», sagt Tobias Fankhauser von der Kommunikationsabteilung des Baspo. Die Gaststätte ist Teil des gesamten Restaurationsangebots des Baspos. Anstelle von Kurzarbeit wurden die Mitarbeitenden des Restaurants anderweitig im Betrieb eingesetzt.


Die Gaststätte auf 1000 Metern über Meer befindet sich in einer landschaftlich attraktiven Gegend und ist von zahlreichen Sport- und Freizeitanlagen umgeben. Alles zusammen macht das Restaurant und das Gebiet End der Welt zu einem beliebten Ausflugsziel. Ab Biel gelangt man unter anderem mit der Standseilbahn Magglingen und einem kurzen Fussmarsch zum Restaurant.


Bekannter Familienbetrieb
Wer die Wirtschaft Tanne in Gaicht oberhalb von Twann besucht, verbindet die Rast oft nicht nur mit einer Mahlzeit, sondern mit einer vorgängigen Wanderung. Die Twannbachschlucht und der Twannberg sind nicht sehr weit davon entfernt und die Essensangebote reichen von gut bürgerlich bis gehoben.


Die für 60 Personen Platz bietende Terrasse eignet sich für Anlässe aller Art. Weil dieser Aussenbereich zu einem grossen Teil überdacht ist, müssen die Gäste auch nicht bei jedem kleinsten Regenschauer gleich die Plätze verlassen. Zusätzlich ist der Aufenthalt auf der Terrasse mit Blick auf die Naturlandschaft verbunden.


Die «Tanne» ist ein Familienbetrieb und hat eine lange Geschichte: Im Jahr 1976 haben Helga und René Schwab das Restaurant übernommen. Seit Anfang 2017 führt den Gastrobetrieb in zweiter Generation das Ehepaar Sara und Marcel Steffen-Schwab weiter. Das Wirte-paar hätte den Terrassen-Betrieb aufgenommen, aber vorerst nur an Wochenenden und mit einem reduzierten Angebot.


Wann Gastronominnen und Gastronomen ihre Restaurants oder die Terrassen öffnen können ist ungewiss. Gemäss Gesundheitsminister Alain Berset könnte es noch Wochen dauern.

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