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Coronapandemie

Wenn es so weitergeht, kommt es gut

Die Gastrobetriebe sind wieder offen, Terrassen und Innenräume wieder bedient. Wie geht es den Betrieben in der Region? Eine Umfrage zeigt: Noch gibt es Unzufriedenheit und Baustellen, doch die Stimmung ist positiv.

Copyright: Yann Staffelbach / Bieler Tagblatt

Roman Bertschi

Die Massnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie werden vom Bund kontinuierlich gelockert, seit Anfang Juni dürfen die Gastronomiebranche auch im Innenbereich wieder Gäste bewirten.

Eine Umfrage zeigt: Die regionale Gastrobranche profitiert von den Lockerungen insgesamt, nicht zwingend von der Öffnung der Innenräume. Diese trage zwar zum positiven Trend bei, doch ausschlaggebender für die besseren Umsätze der letzten Tage sei das schöne Wetter meint Yvonne Schenk, Präsidentin von Gastro Seeland und Betreiberin der «Linde» in Kappelen (siehe auch Zweittext).

Die Innenräume würden allerdings, so Schenk, nicht nur wegen des guten Wetters noch nicht ausreichend genutzt werden. Offensichtlich habe aufgrund der langen Schliessung der Gastrobetriebe bei den Menschen ein Umdenken stattgefunden und nun müssten sich diese erst wieder an die neue Situation gewöhnen, so Schenk.

 

Nicht Polizist spielen

Diese Situation trifft auch auf das Restaurant Krone in Aarberg zu. Den dortigen Betrieb leitet Christoph Müller zusammen mit seiner Frau Astrid. Er und sein Team hätten die Krise gut überstanden, dies sicher auch dank des Hotelleriebetriebs. Müllers sind froh, dass sie die Gäste nicht mehr so oft ermahnen müssen. Er habe nie Polizist spielen wollen, sagt Müller. Nun gehe mit der Lockerung der Vorschriften auch die Anzahl Verstösse zurück.

Noch sind nicht alle Massnahmen aufgehoben: Momentan sind vom Bund im Innenbereich Vierer- und im Aussenbereich Sechsertische erlaubt. Die Maske darf nur am Tisch abgelegt werden, und zwischen den Tischen muss ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden.

Zusätzlicher Betrieb in der «Krone» ergibt sich durch eine Impfpraxis im Haus. Im April ist ein Teil des Hotel-Restaurants Krone zu einer solchen umfunktioniert worden (das BT berichtete). Dies bringt gemäss dem Wirte-Duo enorm viel Betrieb ins Haus. Besonders ältere Menschen hätten viele Fragen rund ums Impfen. Für das Ehepaar kein Prolem: Astrid Müller arbeitet im kantonalen Drive-in Bern im Bernexpo.

 

Menschen zögern noch

Für den «Trauben»-Wirt Roger Schärmeli aus Walperswil gehen die Lockerungen zu wenig weit. Er habe beim Grillieren Mühe, unter der Maske zu atmen, und störe sich deshalb an den Vorschriften. Immer wieder müsse er zudem Gäste zurechtweisen, die sich an einen vollen Sechsertisch setzen wollen, sagt Schärmeli.

Zudem befürchtet er, dass die Menschen nach wie vor skeptisch seien und Beizen aufgrund des möglichen Ansteckungsrisikos weiterhin meiden würden. Ähnliche Bedenken hat Janine Hausmann. Mit ihrem Mann Christoph Köhli betreibt sie die Wirtschaft Chappeli in Grenchen, wieder offen ist diese seit dem 4. Juni.

Sie beobachtete, dass anfangs viele auch nach der Öffnung einen Bogen um das Restaurant gemacht haben: Handwerker und Bauarbeiter hätten angefangen, auf der Baustelle zu grillieren, viele hätten sich offenbar zudem daran gewöhnt, zu Hause zu essen.

«Mittlerweile werden die Gäste aber wieder zahlreicher», so die «Chappeli»-Wirtin. Dank der übersichtlichen Betriebsgrösse hat die Grenchner Beiz keine Personalsorgen. Andere Betriebe wie die «Krone» oder die «Traube» beschäftigten ihr Personal während der Restaurantschliessungen in Kurzarbeit. Damit umgingen sie bei der Wiedereröffnung einen aufwendigen Rekrutierungsprozess.

 

Personal ist gesucht

Doch insgesamt fehle es der Branche momentan an Personal, meint Schenk. Viele ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gastronomie würden mittlerweile in der Pflege oder im Verkauf arbeiten, so die Gastro Seeland-Präsidentin. Doch der Branche gehe es besser, so Schenk: «Mit der Beschränkung der Gästezahl pro Tisch sowie der Maskenpflicht gibt es zwar weiterhin Einschränkungen, doch die Gesamtrichtung stimmt.»

Auch wenn in der Branche also noch nicht alles zum Besten steht, geht es doch bergauf – in Aarberg, in Grenchen oder in Walperswil erwacht der Restaurantbetrieb wieder zum Leben.

Kürzlich sei vor der «Krone» ein Bus mit 40 Gästen vorgefahren, sagt Wirt Christoph Müller. Nicht fürs Impfen. Sondern, um im Restaurant einzukehren. Die Müllers freuen sich auf den Sommer.

 

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Neuer Vorstand bei Gastro Seeland

Gastro Seeland ist neben der Sektion Bern Stadt die zweitgrösste Abteilung im Kanton, der in Gastro Suisse eingebundenen Organisation. Sie umfasst im Moment mit etwas über 300 Mitglieder in den Ämtern Biel und Umgebung, Büren-Aarberg sowie Erlach. Somit ist sie flächenmässig der grösste Verbund im Kanton.

Gastro Seeland unterstützt insbesondere die Ausbildung der Köchinnen und Köche, gerade in diesem Jahr erhalten alle neuen und bestehenden Lehrlinge ein Messerset oder eine Kochjacke geschenkt. Namhafte Beträge gehen jedes Jahr an Organisationen wie zum Beispiel Nez rouge oder werden für Preise eingesetzt, die von branchenähnlichen Vereinen wie dem Tourismus Biel-Seeland ausgerichtet werden.

Nun ist die Zeit gekommen, den Vorstand neu aufzustellen; dies, weil gerade die drei Schlüsselpositionen, Präsidentin, Vize-Präsident und Kassier vakant waren. Mit einem Jahr Verspätung, dies wegen der Coronapandemie, wurde an der Generalversammlung anfangs Woche Yvonne Schenk zur Präsidentin und Hans Ruedi Winiger zum Vize-Präsidenten gewählt. Beide sind langjährige Gastronomie- Fachleute mit grosser Erfahrung.

Yvonne Schenk betreibt mit ihrem Mann seit über 20 Jahren den Gasthof Linde in Kappelen (siehe auch Haupttext). Sie hat den Vorstand mit jungen Kräften vervollständigt, unter anderem mit der Wahl ihrer Tochter Susanne, Köchin und Absolventin der Hotelfachschule in Thun.

Die neue Präsidentin möchte möglichst viele Mitglieder persönlich kennenlernen, sie erachtet die Imagepflege der Branche als sehr wichtig. Der Mix ihres Vorstandes von alt und jung spornt sie besonderes an. Die Erwartungen an die neuen Vorstandsmitglieder ist dementsprechend hoch. «Gerade das letzte Jahr ist sehr herausfordernd gewesen, aber die innovativen, kreativen und fokussierten Beizer haben auch diese Probleme mit Bravour gemeistert» so Schenk.

Ihr Credo: «Die Kollegialität unter uns Wirten muss verbessert werden, die nötigen Pfeile dafür haben wir im Köcher.» hrw

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