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Nidau

«Wir haben Anrecht auf einen Sitz»

Der Parti Radical Romand macht sich für die Interessen der französischsprachigen Minderheit in Nidau stark. Bei den Wahlen will sich die Partei einen Sitz im Gemeinderat sichern.

Die französische Bibliothek ist für Jean-Pierre Dutoit, Pauline Pauli ud Hanna Jenni (von links) ein Zeichen der welschen Präsenz in Nidau. Bild: Matthias Käser

Carmen Stalder

Um die 20 Prozent der Bevölkerung von Nidau sind französischsprachig. Sich für diese Minderheit einzusetzen, hat sich der Parti Radical Romand (PRR) auf die Fahne geschrieben. Er gilt als welsches Pendant zur FDP, politisiert aber in Nidau unabhängig von der Schwesterpartei.

Aktuell belegt der PRR in Nidau zwei Sitze im Stadtrat, im Gemeinderat ist er nicht vertreten. Das soll sich mit den Wahlen vom 24. September ändern. Nachdem die Partei 2009 ihren Gemeinderatssitz verloren hat, will sie ihn nun zurückgewinnen. «Gemessen am Anteil der welschen Bevölkerung haben wir Anrecht auf einen Sitz», sagt Parteipräsident und Stadtrat Jean-Pierre Dutoit.

Neben Dutoit sitzt noch Hanna Jenni im Stadtrat. Die Deutschschweizerin spricht fliessend französisch und gilt innerhalb des PRR als Favoritin für den angestrebten Sitz. Seit 15 Jahren ist sie Stadträtin und weist damit eine grosse politische Erfahrung auf.

Den Sitz in der Regierung strebt der PRR auch an, damit eine kleine Partei im Gemeinderat vertreten ist. Um diesem Anliegen näherzukommen, ist der PRR mit der EVP eine Listenverbindung eingegangen – obwohl man nicht immer die gleichen Ansichten teilt. Zudem will die Mittepartei im Stadtrat zulegen. Hier lautet das Ziel, einen dritten Sitz zu ergattern.

 

Anerkennung der Welschen
Als Treffpunkt haben die drei Parteivertreter Jean-Pierre Dutoit, Hanna Jenni und Pauline Pauli die französische Bibliothek ausgewählt. Diese ist für sie ein Zeichen und auch eine Anerkennung der welschen Präsenz in Nidau. «Wenn die Existenz der Bibliothek aufgrund von Sparmassnahmen gefährdet wäre, gingen wir auf die Barrikaden», sagt Dutoit.

Sowieso, geht es in einer politischen Diskussion um die französischsprachige Minderheit in Nidau, ist der PRR nicht weit. Dank einer Motion von Jenni wird beispielsweise das Stadtentwicklungsmagazin Perspektiven zweisprachig gedruckt. Dutoit hofft, dass bald ein Nidauer Mitglied im Vorstand des Rates für französischsprachige Angelegenheiten des zweisprachigen Amtsbezirks Biel (RFB) vertreten ist.

 

Schweizweite Aufmerksamkeit
Was den PRR in der laufenden Legislatur besonders beschäftigt hat, ist sein Referendum «Touche pas à mes Welsch à Nidau». 2013 hatte der Stadtrat entschieden, den Schulbesuch für welsche Nidauer in Biel nicht mehr anzubieten – aus Spargründen. Beim PRR schrillten die Alarmglocken. «Für die französischsprachigen Bewohner wäre das ein Zeichen gewesen, dass in Nidau nur Deutschschweizer erwünscht sind», sagt Jenni.

Also lancierte die Partei ein Referendum, um den Entscheid wieder rückgängig zu machen. Die Nidauer Stimmbevölkerung bekannte sich dann im Mai 2014 klar zur Zweisprachigkeit im Stedtli. 54,5 Prozent entschieden an der Urne, dass der Schulbesuch in Biel für französischsprachige Kinder auch in Zukunft möglich sein soll. Die gewonnene Abstimmung bedeutete für den PRR in Nidau einen Wendepunkt. «Das gab unserer Partei Aufwind», sagt Dutoit, er sei schweizweit von Medien interviewt worden. Nur leider sei der Erfolg zu spät gekommen: Die Wahlen waren da bereits vorbei. Diesen September zeige sich nun, ob die Popularität des PRR noch immer anhalte. Auf jeden Fall will sich Pauline Pauli, die als Vertreterin des PRR Mitglied in der französischen Schulkommission in Biel ist, weiterhin für die Förderung der französischsprachigen Bildung einsetzen.

 

Mehr Grün dank Hochhaus
In der kommenden Legislatur gibt es mehrere Themen, die den PRR beschäftigen werden. Man stehe etwa klar hinter Agglolac. «Das Projekt muss unbedingt kommen», sagt Hanna Jenni, die Präsidentin der interkommunalen Kommission Agglolac ist. Das geplante Hochhaus befürwortet sie, da dieses mehr Platz für Grünflächen lasse. Finanziell sieht sie durch die Grossüberbauung keine Gefahr für die Gemeinde. Schliesslich werde Agglolac neue Steuerzahler nach Nidau locken. Auch vom Westast sind die Parteivertreter überzeugt. «Der muss kommen – und zwar so, wie er jetzt geplant ist», sagt Pauli.

Die A5-Umfahrung stelle für die Nidauer Quartiere eine grosse Chance dar. Neuenburg sei ein gutes Beispiel dafür, dass es funktioniere, eine Autobahn mit Anschlüssen mitten durch die Stadt zu bauen. «Es ist egoistisch, sich aus Sorge um Bäume oder wegen dem bevorstehenden Baulärm gegen das Projekt zu stellen», ergänzt Jenni.

 

Nidau soll eine Brücke sein
Insgesamt will der PRR die positiven Punkte der anstehenden Grossprojekte betonen. Man könne nicht nur sparen, die Investitionen würden sich später auszahlen, sind die Parteivertreter überzeugt. Jean-Pierre Dutoit wünscht sich, dass Nidau weiterhin eine offene Stadt bleibt – «eine Brücke zwischen Biel und anderen Gemeinden mit welscher Bevölkerung». Die Minorität müsse man anerkennen, den Bilinguismus fördern. Auch wenn das etwas kostet.

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Die PRR-Kandidaten

Gemeinderat

  • Hanna Jenni, Treuhänderin,
Jg. 1961
  • Jean-Pierre Dutoit, pensionierter Dienstchef SBB, Jg. 1948
  • Pauline Pauli, Wirtschaftsprüferin, Jg. 1987
  • Yannick Krumm, Ingenieur,
Jg. 1963

Stadtrat

Hanna Jenni, Jean-Pierre Dutoit (beide bisher), Pauline Pauli, Yannick Krumm, Marc-Henri Bernhard, Brigitte Desalmand, Bastien Krumm, Rosario Scassa, Paul Wyss, Sarah Ziegler, Lucien Blaser, Doris Bugnon, Annick Caprarelli, Jacqueline Torti, Mélanie Pauli, Yannick Ziegler cst

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