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«Am besten wäre ein Studium nur am Morgen»

Monika Brawand ist fünffache Mutter und schliesst dieses Jahr an der BFH ihr Teilzeit-Bachelorstudium im Bauingenieurwesen ab. Die 36-Jährige über ihr Leben im Spannungsfeld von Studium, Beruf und Familie.

Monika Brawand, fünffache Mutter und Bachelorstudentin, BFH
  • Dossier

Monika Brawand, wann und warum haben Sie den Entschluss zum Teilzeitstudium gefasst?
Monika Brawand: Nach dem dritten Kind habe ich aufgehört zu arbeiten. Nach der Trennung von meinem Mann begann ich mit Gelegenheitsjobs. Eigentlich hatte ich zwar Chemielaborantin gelernt, dort nach sieben Jahren Unterbruch in der Arbeitswelt jedoch keinen Job gefunden. Dann habe ich im Alter von 30 beschlossen, die Berufsmatura nachzuholen und anschliessend zu studieren.

Wie hat Ihr Umfeld reagiert als Sie kommunizierten, dass Sie mit über 30 Jahren studieren wollen?
(Lacht) Sie haben gesagt, «du bist ja verrückt». Es finden eigentlich alle wahnsinnig, dass ich das neben den Kindern durchziehe und viele glaubten zu Beginn auch nicht, dass ich es schaffe. Doch anderseits haben mich auch ganz viele unterstützt – allen voran meine Eltern.

Wie erleben Sie die BFH als Mutter und Teilzeitstudentin?
(Lacht) Das Studium ist noch nicht so auf teilzeitstudierende Eltern zugeschnitten.  

Woran merkt man das?
Nun ist es besser, zu Beginn meines Studiums jedoch haben wir die Stundenpläne erst zwei, drei Wochen vor Semesterbeginn erhalten. Wenn man einen Kinderhort organisieren muss, stellt dies einen vor fast unlösbare Probleme. Für Teilzeitstudierende, die nebenbei arbeiten, ist es am praktischsten, wenn sie nur zwei Tage dort sind. Für mich jedoch wäre besser jeden Morgen, wenn die Kinder in der Schule sind. Es ist jedoch klar, dass die Strukturen nicht wegen mir und anderen Müttern angepasst werden können.

Und weiter?
Es ist ein Riesenvorteil, dass wir keine Präsenzzeit haben. Doch wäre es praktisch, wenn es Videoaufnahmen von den Vorlesungen gäbe, die man von zuhause sehen könnte. Zudem wären fixe Tage praktisch. Die Vorlesungstage ändern jedoch zurzeit von Semester zu Semester. Das heisst, ich muss die Hort- und Kinderbetreuung immer neu organisieren. Fixe Tage übers ganze Studium würden vieles vereinfachen.

Sie haben Ihr Studium später als üblich angefangen, ein Vorteil, weil man als ältere Person besser weiss, was man genau will?
Es hat Vor- und Nachteile. Natürlich weiss ich jetzt vielleicht besser als früher, was ich will. Doch gerade im Bauingenieurwesen hat man so eine grosse Auswahl. Auch im Alter von 20 Jahren muss man deshalb noch nicht genau wissen, in welche Richtung es geht. Man hat immer wieder die Chance, in neue Fachgebiete zu blicken.

Sie wissen also noch nicht genau, wo genau Sie arbeiten möchten?  
Doch, nun weiss ich es. Aber das hat sich in den vier Jahren Studium herauskristallisiert. Eigentlich wollte ich immer in den Hochbau, doch nun ist für mich klar, ich will in den Tiefbau.

Was unterscheidet Sie von den jüngeren Studierenden?
(Lacht) Ich glaube, ich lerne bewusster. Bei mir geht es nicht mehr darum, die Prüfung zu bestehen, sondern ich lerne, weil ich den Stoff dann im Beruf auch anwenden möchte. Die Jungen führen ein Sozialleben untereinander, gehen nach den Vorlesungen noch eins trinken und am Wochenende zusammen fort. Das mache ich halt alles nicht.

Muss man immer noch eine Frage zum Thema «Frau in einem technischen Beruf» stellen?
Gleichstellung ist nach wie vor ein Thema. Aber nicht an der BFH, da freuen sie sich über jede Frau, doch die Frauenquote ist auch an der BFH immer noch tief. Problematisch ist, dass diese Frauen dann häufig ins Büro und nicht auf den Bau wechseln. Mein Umfeld, das teils auf dem Bau arbeitet, hat denn auch mit Skepsis reagiert, dass ich als Bauleiterin arbeiten will.

Wie sieht es dort bezüglich Teilzeitarbeit aus?
Das Praktikum habe ich bei Suisseplan gemacht, einem Planungsbüro. Dort arbeiten einige Ingenieure nur 80 Prozent. Es wäre kein Problem, auch auf 70 Prozent runterzugehen.

Wie erleben Sie die Möglichkeit, Teilzeit zu studieren?
Nur dank dem Teilzeitstudium ist das Studieren neben den Kindern möglich. Nicht aus finanzieller, sondern aus betreuungstechnischer Sicht. Von dem her ist es sicher eine Chance. Es ist aber auch extrem belastend: Bis um 21 Uhr habe ich die Kinder und erst ab dann sowie am Wochenende Zeit zum Lernen. Doch wenn ich mir mal etwas in den Kopf gesetzt habe, will ich es auch umsetzen.

Interview: Marc Schiess

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Impressum: Diese Artikel ist eine Co-Produktion des Departements Architektur, Holz und Bau der Berner Fachhochschule und des «Bieler Tagblatt». Die BFH ist als Partnerin in die Themenplanung involviert. Die redaktionelle Hoheit liegt bei der Redaktion. Die Artikel erscheinen einmal pro Monat im «Bieler Tagblatt» und im «Journal du Jura».

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