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Technik

Inhalte für die Ohren mit ganz viel Leidenschaft produziert

Ein Podcast ist ein sinnliches Medium, das im Gegensatz zu einer Live-Sendung im Radio immer wieder und zeitunabhängig konsumiert werden kann. Die noch junge Technologie und Verbreitungsmöglichkeit war zwar nie wirklich weg, bekommt aber jetzt wieder neuen Aufwind. Schuld daran sind vor allem jüngere Podcaster, die mit viel Liebe eigene Sendungen produzieren.

Podcasts sind ein sehr sinnliches Medium, Symbolbild: fotolia
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Simon Dick

Was genau ist ein Podcast? Die Meinungen darüber gehen etwas auseinander. «Ein Podcast ist eine Audio-Sendung, welche übers Internet angehört werden kann», sagt der Berner Jean-Claude Frick, Podcaster bei Apfelfunk. Guido Berger von SRF Digital erklärt weiter: «Ein Podcast ist eine regelmässige Sendung mit, meist aber ohne Bild. Ich kann die Sendung abonnieren und eine Ausgabe hören, wann und wo ich will.»

Technisch gesehen ist ein Podcast eine Audiodatei, die zeitlich uneingeschränkt immer wieder konsumiert werden kann. Eine Podcastfolge wird meistens mit einem mobilen Endgerät, vorzugsweise mit einem Smartphone, angehört. Im Gegensatz zu einer Live-Sendung im Radio kann die Podcastsendung immer pausiert werden und nach Lust und Laune,  wann immer man will, weitergehört werden. Ein Podcast besteht in der Regel aus einer Serie von verschiedenen einzelnen Beiträgen oder Episoden, die regelmässig veröffentlicht werden. Christian Gürnth, erfolgreicher Podcaster bei Radio Nukular definiert es gefühlvoller: «Podcasts sind der einfachste Weg mit seiner Community, mit Gleichgesinnten und vielleicht Andersdenkenden, in Kontakt zu treten und stundenlang über ein Thema zu sprechen.»

Apple ist schuld
Das Wort Podcast setzt sich zusammen aus der englischen Rundfunkbezeichnung Broadcasting und der Bezeichnung für tragbare MP3-Spieler wie zum Beispiel der erfolgreiche iPod von Apple.

Apple ist denn auch für die erfolgreiche Verbreitung von Podcasts für die Masse direkt verantwortlich. Mit der eigenen App «Podcasts», das sich auf jedem iPhone, iPad und iPod bereits befindet, wurden solche Inhalte bekannter und salonfähig gemacht. Podcast kann man natürlich auch per Browser im Stream hören, also ganz normal an einem Computer konsumieren. Mit einer App kann man die Inhalte aber einfacher abonnieren und neue Folgen können auf Wunsch automatisch heruntergeladen werden. Ein weiterer Vorteil: Nach dem Download kann man die Folgen auch offline konsumieren und braucht somit nicht zwingend eine Internet-Verbindung.

Vielzahl an Inhalten
Die Themenvielfalt bei Podcasts ist gigantisch. Es gibt sowohl reine Nachrichten-Podcasts, die das Wichtigste aus einem bestimmten Zeitintervall zusammenfassen oder auch reine Unterhaltungsformate für ein bestimmtes Zielpublikum. Von Sportinhalten bis zu Rezepten oder Filmbesprechungen als auch Videospiel-Wertschätzungen ist alles vorhanden. Grundsätzlich gilt: Jedes noch so erdenklich kuriose Thema kann aufgenommen und  in einem Podcast besprochen werden. Sogar Podcasts mit rein erotischen Inhalten gibt es auf dem Markt.

Der Unterhaltungsfaktor bei Podcast-Sendungen ist gross und wird immer grösser. Wurde das Format zu Beginn noch als sehr seriöses Medium wahrgenommen und so auch behandelt, schossen in den letzten Jahren ganz viele Sendungen aus dem Boden, die vor allem auf Unterhaltung setzen.

Wie geht das?
Einen Podcast selber herzustellen oder zu produzieren, ist theoretisch nicht schwer. Es braucht weder teure Hardware noch eine teure Software. Man benötigt ein Aufzeichnungsgerät mit einem Mikrofon. Die aufgenommenen Daten werden dann auf einen Rechner kopiert. Dort wird die Datei anschliessend nach Bedarf geschnitten und verarbeitet, bevor sie irgendwo online gestellt wird.  Die erstellte und bearbeitete MP3-Datei wird dann entweder auf eine eigene Website oder auf einen Podcast-Hoster, den man abonnieren kann, hochgeladen.

Sehr wichtig ist hier: Externe Musikstücke, zum Beispiel Songs von Künstlern, dürfen nicht einfach so in eine Sendung eingebaut werden. Das Urheberrecht verbietet das. Es gibt jedoch einige Webseiten, wo man sich an bestimmten Musikstücken und Effekten bedienen kann, die freigegeben wurden. Diese dürfen dann gratis in eine Sendung eingebaut werden.

Warum macht man das?
Während viele Radiosender gezielt bestimmte Inhalte, die bereits gesendet wurden, in einem kurzen Podcast zeitunabhängig für ihre Hörerinnen und Hörer zur Verfügung stellen, gibt es viele Macher da draussen, die Podcasts privat herstellen, um ihrer Leidenschaft zu einem bestimmten Thema, einem Fachgebiet den nötigen Raum zu geben und sich darüber auch mal mehrere Stunden ohne redaktionelle Richtlinien zu unterhalten. Oder um es kurz zu definieren:  Viele Podcasts existieren nur aus einem wichtigen Grund: Leidenschaft.

Solche Podcasts, die keinen redaktionellen Regeln unterstellt sind, kommen in der Regel viel sympathischer daher, weil sie mit viel Gefühl, Spontanität und Liebe produziert werden. Die Sprecher verstellen sich nicht, sondern reden frei von der Leber weg und lassen ihrer Leidenschaft freien Lauf. «Ich mache Podcasts, weil es ein so exzessives Auseinandersetzen mit Thema XY wie bei Radio Nukular zuvor nicht gab. Und wenn es etwas nicht gibt, dann mache ich es eben selbst», so Podcaster Christian Gürnth.

Kann man davon leben?
Die meisten, vor allem die privaten Podcasts, bringen kein Geld ein. Nur die wenigsten können mit einem kleinen Sponsor-Vertrag, der zeitlich begrenzt ist, eine kleine Summe einnehmen. Dieses geringe Geld reicht aber nie aus, um den Aufwand und die Kosten zu decken. Selbst wenn man einen grösseren Sponsor an Bord hat, können die Macher davon meistens nicht leben geschweige denn einen Gewinn damit erwirtschaften. «Die Grossen in den USA finanzieren sich über Werbung, Merchandise und in jüngster Zeit auch immer mehr über Abos», sagt Podcaster Guido Berger von SRF Digital. Jean-Claude Frick von Apfelfunk meint: «Sponsoring ist möglich, aber erst nach einer gewissen Zeit, wenn man genügend Reichweite aufgebaut hat.»

Viele Macher, die es ernst meinen mit ihrem Produkt und den Schritt in die Selbstständigkeit wählen, sind auf Spenden angewiesen. Hier zeichnet sich seit mehreren Monaten ein klarer Trend ab. Mittels beispielsweise der Patreon-Funktion (eine von vielen Möglichkeiten, um online Spendengelder zu erhalten) können die Macher regelmässige kleinere Geldbeträge einholen. Dies funktioniert aber nur, wenn man eine grosse und aktive Community, eine feste Fanbasis besitzt, die auch bereit ist etwas beizutragen. Meistens werden in diesem Zusammenhang kostenpflichtige Inhalte zusätzlich produziert, die dann nur den regelmässigen Geldgebern zugänglich sind. «Bei uns bekommen sie Goodies und Extra-Podcasts in Form von sogenannten Nachlesen. Zudem gibt es Kooperationen bei denen sich etablierte Partner vor und nach dem Podcast platzieren können», so Christian Gürnth von Radio Nukular.

Patreon ist eine Internet-Plattform bei der man sich ganz einfach anmelden und mit einem Tool um regelmässige Geldbeträge bei seinen Fans bitten kann. Während in den USA viele junge Unternehmen, nicht nur Podcaster, davon rege Gebrauch machen, nutzen vor allem in Deutschland immer mehr private Podcaster diese Möglichkeit, um ein regelmässiges Einkommen zu garantieren, das den Fortbestand und vor allem die Qualität des Podcasts sichert. Alleine von diesen Einnahmen leben, kann aber (noch) niemand.



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Von informativ bis kurios: Sechs ausgewählte, erfolgreiche Podcasts

Apfelfunk


Wie der Podcast-Name schon verrät, stehen hier Apple-Themen im Fokus. Der Berner Podcaster Jean-Claude Frick und sein Kollege Malte Kirchner aus Deutschland berichten und bewerten darin regelmässig Neuigkeiten über den wichtigen Computerkonzern. Dabei gibt es nicht nur übliche Hardware-Reviews, sondern die beiden Profis begutachten auch neue Software-Funktionen und geben zu sonstigen News aus dem Hause Apple ihre Meinung ab. Technikaffine Hörerinnen und Hörer werden hier sehr viel Freude haben und immer wieder etwas Neues dazu lernen. sd

Echo der Zeit


Das Echo der Zeit ist nicht nur eine der meist konsumierten Radiosendungen der Deutschschweiz, sondern steht auch in den Schweizer Podcast-Charts regelmässig in den oberen Rängen. Sehr gute und äusserst detaillierte Analysen über die Schweizer Politik und die Gesellschaft sorgen für eine regelmässige und vor allem treue Hörerschaft. Auch Themen aus dem Ausland finden darin ihren Platz. Dieser Podcast, der auf der bekannten Radiosendung basiert, informiert kompakt über aktuelle Themen aus allen Gesellschaftsbereichen und gibt einen sehr guten Überblick. sd

Krimikiosk


Krimis können sehr spannend sein, doch nicht jeder und jede hat Zeit und oft auch Lust, sich regelmässig einem Buch zu widmen. Dieser Podcast bringt Krimis direkt in die Ohren. Während mehreren Tagen, oft auch über Wochen, wird ein Krimi erzählt. Die einzelnen Folgen dauern zwischen 15 und 30 Minuten. Die perfekte Zeit, um sich im Zug oder im Bus das Pendeln erträglicher zu machen. Die Geschichten sind spannend und äusserst unterhaltsam. Ohne grosse Audio-Effekte werden schnörkellose, aufs Wesentliche konzentrierte Krimigeschichten gesprochen. sd

Einschlafen Podcast


Der kurose Titel ist Programm. Mit diesem Podcast wird man tatsächlich sehr schnell einschlafen. Denn der Inhalt ist stinklangweilig, aber doch auch sehr unterhaltsam. Eine angenehme Stimme erzählt belanglose, langweilige Themen, die wirklich zum Einschlafen sind. Da kann schon mal eine herkömmliche Bedienungsanleitung eines Haushaltgeräts dazu verwendet werden, um die Sendung mit Inhalt zu füllen. Je langweiliger und kurioser, desto besser. Bei solch langweiligen Inhalten werden die Augenlieder automatisch schwerer. Einen Versuch ist es Wert. sd

SRF Digital


Radiobeiträge über IT, Kommunikation, Unterhaltungselektronik, soziale Netzwerke, Computersicherheit oder Games werden hier wöchentlich im SRF Digital Podcast gesammelt. Der Podcast ist aber nicht nur ein Zusammenschnitt der wöchentlichen Sendungen, sondern wird auch mit längeren Interviews, speziellen Inhalten und Talkbacks angereichert. Sehr angenehm. Die verschiedenen Digital-Redakteure wechseln sich immer ab, so dass nie eine einzelne Stimme dominiert. Die Inhalte sind für Technikliebhaber nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam. sd

Fitness mit M.A.R.K.


Ein Podcast zum Thema Sport und Gesundheit, der unangefochten regelmässig an der Spitze der Charts ist, hört sich komisch an, zeigt aber deutlich, dass jedes Thema für einen Podcst geeignet ist. Mit zahlreichen Gästen geht es hier vor allem darum, sich gesünder und nackt besser zu fühlen. Es gibt sinnvolle Ernährungstipps, Anweisungen für ein effizientes Sportraining und alles, um sich einfach fitter zu fühlen. Der grosse Vorteil ist, dass man die Sendungen auch auf dem Laufband, im Fitnessstudio oder draussen beim Joggen konsumieren kann. sd
 

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Ein Podcast aus dem Seeland: Nerdige Unterhaltung


Der Autor dieses Artikels ist selber seit vielen Jahren aktiver Podcaster. Zusammen mit dem Lysser Filmschaffenden Yannik Leibacher hat er «Sidekicks» ins Leben gerufen. «Sidekicks» ist ein Podcast, der sich regelmässig der umfangreichen Populärkultur widmet. Egal ob jüngster Kinoblockbuster, neues Videospiel oder eine neue TV-Serie, die für Aufsehen sorgt, die beiden diskutieren ausführlich mit einer grossen Portion Selbstironie über verschiedene Unterhaltungsthemen. In der Sendung werden auch regelmässig Nostalgie-Themen besprochen und die beiden Seeländer erinnern sich zurück an ihre Kindheit und erzählen witzige Anekdoten. Der Podcast hat in der Schweiz eine grosse Fanbasis und regelmässig laden die Jungs Gäste in ihr Studio ein. Seit 2014 sind sie an vielen Events unterwegs und machen dort auch Interviews mit Stars und Sternchen aus der Nerd-Szene. Geld verdienen die beiden nicht mit ihren Audio-Produkten. Trotz einiger Sponsoring-Anfragen wollen sie unabhänging bleiben, um das zu tun, was sie am liebsten tun: Ohne Blatt vor dem Mund populärkulturelle Themen besprechen und dabei ehrlich bleiben. sd


Zwei Überflieger aus Deutschland:

Zurück in die Kindheit


Drei Freunde erinnern sich bei «Radio Nukular» an Themen aus ihrer Kindheit und Jugendzeit. Mit viel Herz und Humor sprechen Max Nachtsheim, Dominik Hammes und Chris Gürnth über ihre Vergangenheit und verknüpfen diese mit aktuellen Ereignissen aus der populärkulturellen Gegenwart. Zum Nukular-Universum gehören noch andere Podcasts und Merchandise-Produkte. Die drei Jungs gehen sogar regelmässig auf Tour und füllen diverse Hallen. Ihre Fanbasis wächst von Tag zu Tag und die Patreon-Funktion sorgt für das finanzielle Fundament. sd

Auf ein Bier


Jochen Gebauer, André Peschke und Sebastian Stange wollen nur eins: Weltherrschaft. Die erfahrenen Game-Journalisten sind auf gutem Weg dorthin. Was als Spass begann, hat sich zu einem qualitativ hochstehenden Podcast entwickelt. Das Thema in «Auf ein Bier» sind Videospiele. Dabei gibt es nicht nur liebevolle Wertschätzungen, sondern auch viele Hintergrundthemen aus der Branche. Zusätzlich werden Gäste aus der Szene regelmässig in die Sendung eingebaut. Dank grosser Fanbasis kommt Geld in die Patreon-Kasse. Und natürlich wird regelmässig eine Bierflasche konsumiert. sd
 

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