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Wenn starke Meinungsmacher im Internet Produkte anpreisen

Die Influencer sind auf dem Vormarsch. Mit Glaubwürdigkeit preisen sie im Internet Produkte und Dienstleistungen an. Die Firmen reissen sich um sie. Die meisten Meinungsträger bleiben aber unabhängig.

Jung und sexy: Viele Influencer sind weiblich und präsentieren sich sehr gerne vor der Kamera. Symbolbild: pixabay,com
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Simon Dick

Sie ist jung, plappert ununterbrochen und sieht gut aus. Eine persönliche Geschichte, ein jüngst erlebtes Kaufereignis wird vor laufender Kamera wiedergegeben. Die Reise zu ihrer neu erworbenen Bluse aus einem bekannten Kleiderladen wird mit sehr viel Leidenschaft und Ehrlichkeit dem grossen Internetpublikum erzählt.

Es hagelt Kommentare und Likes. Viele Zuschauer, vor allem Zuschauerinnen, wollen ebenfalls so eine Bluse haben. Der Influencer vor der Kamera hat überzeugt. Es wird interagiert, kommentiert und geteilt. Das Vorgetragene der jungen Frau ist keine ausgeklügelte, versteckte Werbesendung. Die Frau im Fokus teilt ihre Begeisterung mit ihren Fans und Followern. Was sie sagt kommt von Herzen.

Die neuen Stars im Netz
In Zeiten, wo die sozialen Medien dominieren, kann jede und jeder schnell Einfluss auf eine Meinung nehmen oder selber beeinflusst werden. Wer auf Facebook, Twitter, Instagram oder mit seinem Blog eine grosse Zielgruppe erreicht, hat gleichzeitig eine grössere Chance, dass seine Meinung über ein bestimmtes Produkt positiv aufgenommen wird. Diese Online-Influencer oder kurz Influencer sind die neuen Stars im Internet.

Der Begriff Influencer hört sich zuerst wie eine Krankheit an. Doch das kuriose Wort trägt für die Werbeindustrie ganz viel Positivität in sich. Ein Influencer ist eine Person, die eine sehr grosse Online-Community, vorzugsweise auf einer Social Media-Plattform, besitzt. Mit den Fans oder viel mehr der Anhängerschaft wird regelmässig interagiert.

Die Meinungen und die Produktempfehlungen haben grossen Einfluss. Influencer können aber nicht nur erfolgreiche Blogger, sondern auch Schauspieler, Models, Sportler oder sogar überzeugende Journalisten sein.

Internet bleibt erste Anlaufstelle
Wer heute ein Produkt oder eine Dienstleistung kaufen möchte, informiert sich nicht mehr nur direkt bei der Firma, die ein Angebot hat. Nein, in erster Linie wird das Internet konsultiert. Preisvergleiche werden gemacht, die Bewertungen von Käufern werden genau durchgelesen und mit detaillierten Produktvideos wird sich ein erster Eindruck verschafft. Kurz: Das Internet ist heute die erste Anlaufstelle, wenn es darum geht, sich für ein Objekt der Begierde zu entscheiden.

Hier kommen die neuen Internet-Stars ins Spiel: Die Influencer werden dabei von den Anhängern, von den Fans bewusst oder unbewusst mehr zu Rate gezogen. Sie sind die neuen Meinungsmacher und auch Kaufkräfte, die von vielen Firmen heiss umworben werden.

Die Firmen liebäugeln
Während vor Jahren noch hauptsächlich auf Schauspieler und Promis zurückgegriffen wurde, um ein Produkt aktiv zu bewerben, suchen heute grosse Firmen den Kontakt mit Persönlichkeiten aus dem Internet, die eine Botschaft sehr schnell verbreiten können, ohne dabei eine riesige, kostspielige Werbemassnahme zu starten.

Doch auch wenn viele, vor allem jüngere Influencer von grossen Firmen stark umworben werden, lassen sich die meisten nicht einfach kaufen und schon gar nicht von den grossen Verlockungen blenden. Sie sind generell nicht käuflich. Wer also intensiv mit den Influencern zusammen arbeiten möchte, muss behutsam an sie herantreten.

Der Influencer ist deutlich viel näher an den Konsumenten als die einzelne Marke oder das Produkt das selbst schaffen könnte. Der Influencer ist mehr. Viel mehr.  Er oder sie ist eine Art Freund, der seinen Anhängern ein Produkt oder eine Dienstleistung ans Herz legt. Wenn wir von einem guten Freund ein Produkt angepriesen bekommen, hören wir automatisch zu und glauben der Person.

Glaubwürdigkeit ist sehr wichtig
Der Influencer muss von dem von ihm beworbenen Produkt selber überzeugt sein. Er muss ein Fan des Produkts sein. Und im besten Fall muss das eher unterschwellig passieren, ohne grosse, auffällige Platzierung des Produkts mit dem Logo, das stark heraussticht. Influencer sind also Personen, die einen hohen Einfluss auf die Zielgruppe von Unternehmen haben bzw. die Meinungen verhältnismässig stark beeinflussen. Sie werden zum Teil auch als sogenannte Meinungsmacher bezeichnet.

Influencer betreiben oft eigene Blogs und erreichen damit, wenn sie erfolgreich genug sind, eine relativ grosse Leserschaft. Er oder sie muss von einer Firma kein Geld erhalten. Werden diese dennoch regelmässig bezahlt, spricht man in der Branche von Influencer-Marketing. Dann werden bestimmte Produkte und ihre Vorzüge über bestimmte Kanäle verteilt.

Für Unternehmungen lohnt sich eine Investition in Influencer-Marketing. Sie erreichen mit diesem Kanal das jüngere Zielpublikum viel schneller. Das grosse Problem ist nur, dass die Influencer dann automatisch ihre Glaubwürdigkeit in der Community verlieren, wenn sie von einer Firma stark eingebunden werden.

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Interaktive Reiseberichte und nette Schönheitstipps

Menschen Im Internet gibt es zahlreiche Influencer. Doch richtig erfolgreich sind die wenigsten. Noch weniger können davon sogar leben. Wir haben die bekanntesten Influencer aus der Schweiz zusammengetragen und blicken kurz über die Landesgrenze.

Es gibt unzählige auf Youtube und noch viel mehr auf Facebook oder Instagram. Menschen, oder eher Personen des öffentlichen Lebens, die regelmässig in ihr Leben blicken lassen und dabei mit der Community interagieren. Auch in der Schweiz gibt es erfolgreiche Influencer.

Rund um den Globus

Das Blogger-Paar «Little City» reist regelmässig um den Globus, Bild: Facebook

Das Schweizer Reiseblogger-Paar «LittleCity» kann mit seinen Online-Tätigkeiten mittlerweile davon leben. Sie sind längst aber keine unabhängigen Influecer mehr, sondern ein Paradebeispiel für Influencer-Marketing. Die beiden gehen regelmässig mit ganz viel Herzblut auf die Reise rund um den Globus, machen aufwändige Videos und professionelle Fotos von den vielen Reisezielen. Die Community ist riesig und besteht aus einem Millionen-Publikum, das das Blogger-Ehepaar Valeria und Adi regelmässig begleitet und stark mit ihnen interagiert.

Trendprodukte von einer Ex-Miss

Ex-Miss-Schweiz Kerstin Cook versuchte für eine Zahnbürste Werbung zu machen, Bild: Instagram

Kerstin Cook ist ein Schweizer Model und ehemalige Miss Schweiz. Sie macht mit sexy Fotos in den sozialen Medien regelmässig von sich reden und schiebt sich so behutsam in die Aufmerksamkeits-Schlagzeilen. Die 27-jährige bekommt sehr viele Werbeanfragen. Regelmässig zeigt sie sich in neuen Kleidern und präsentiert auf Facebook oder Instagram neue Trendprodukte. Viel Kritik erhielt sie vor ein paar Wochen, als sie ein Selfie mit einer Zahnbürste veröffentlichte. Wie viel Geld sie für diesen Beitrag bekam, ist unbekannt. In sexy Unterwäsche und perfekt herausgeputzt macht sie Werbung für eine elektronische Zahnbürste. Doch das Produkt stand alles andere als im Zentrum. Das angeblich spontane Bild am Morgen machte Schlagzeilen in den sozialen Medien. Positive als auch negative.

Junge Bloggerin im Fokus

Kristina Bazan ist einer der erfolgreichsten Schweizer Influencer, Bild: Facebook/Instagram

Die Westschweizerin Kristina Bazan ist einer der erfolgreichsten Social Media-Stars in der Schweiz. Über zwei Millionen Fans kann sie auf ihrer Facebook-Site verbuchen. Auch auf Instagram hat das junge Model die zwei Millionen schon längst geknackt. Sie reist regelmässig um die Welt, präsentiert Produkte und war bereits auf renommierten Titelblättern aus der Mode- und Lifestylewelt. Laut dem US-Wirtschaftsmagazin «Forbes» gehört sie bereits zu den einflussreichsten Jungen der Welt. Der Zenit der 22-jährigen Modebloggerin scheint noch lange nicht erreicht worden zu sein.

Ein deutsches Mädchen
In Deutschland ist Bianca Heinicke alias Bibi aktuell sehr angesagt. Die 24-jährige Youtuberin betreibt seit Ende 2012 den Kanal «BibisBeautyPalace». Dort veröffentlicht sie regelmässig Videos zum Thema Mode, Lifestyle und Popkultur für eine junge Zielgruppe. Der Kanal gehört mittlerweile zu den am häufigsten abonnierten deutschsprachigen Youtube-Kanälen. Regelmässig präsentiert sie dort neue Produkte mit viel Herz und Leidenschaft. Die Veröffentlichung ihres ersten eigenen Pop-Songs wurde jedoch zum Riesenflop. Doch davon lässt sich die junge Youtuberin nicht beeinflussen und macht weiter wie bisher.

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Nachgefragt

«Authentizität ist oberstes Gebot»

Microsoft Schweiz arbeitet schon lange regelmässig mit Influencern und Online-Meinungsmachern zusammen. PR-Manager Christoph Glaus schätzt diese Zusammenarbeit sehr. Klassische PR-Massnahmen sind aber nach wie vor wichtig.

Christoph Glaus, PR-Manager Microsoft Schweiz, Bild: zvg

Christoph Glaus, arbeitet Microsoft Schweiz aktuell mit Influencern zusammen?
Christoph Glaus: Microsoft Schweiz arbeitet schon seit geraumer Zeit mit Influencern und Markenbotschaftern zusammen. Diese Zusammenarbeit sieht jedoch, je nach Projekt, sehr verschieden aus. Manchmal machen diese Personen unentgeltlich für uns Werbung, weil sie die Produkte sehr schätzen. Und manchmal gibt es gesponserte Posts auf Social Media oder einer Plakatkampagne.

Mit welchen Personen arbeiten Sie aktuell zusammen?
Aktuell sind wir mit diversen Einzelpersonen und Brands in Kontakt, die aus eigenem Antrieb auf uns zukamen und unsere Produkte bereits nutzen. Mit Andres Herren und Benjamin Klormann haben uns beispielsweise zwei Influencer aus der Fotografie-Szene gefunden. Solche Kooperationen sind für Microsoft ein echter Glücksfall und wir schätzen das ungemein.

Was verspricht sich der Technikkonzern von den Online-Meinungsmachern?
Eine höhere Bekanntheit in unseren Zielgruppen. Dies ist aber nur dann möglich, wenn die Influencer gut vernetzt sind und, noch viel wichtiger, authentisch rüberkommen. Authentizität ist aber nur dann möglich, wenn die Story zur Person passt. Andres Herren beispielsweise war ein überzeugter Apple-User, der ein Surface Book ausprobieren wollte. Heute ist Andres ein begeisterter Surface-Nutzer.

Lässt sich trockene Technik denn mit Influencern besser bewerben?
So trocken ist diese Technik doch nicht (lacht). Es gilt, die Sprache seiner Zielgruppe zu sprechen. Wollen wir bei Kreativen punkten, muss die Story glaubhaft und kreativ daherkommen. Mit Influencern und einer guten Story lassen sich Türen öffnen. Ob das Gerät dann aber auch gut ankommt oder gar gekauft wird, zeigt nur der Praxistest. Insofern bin ich überzeugt, dass Influencer einen ersten Berührungspunkt schaffen können. Klassische PR-Massnahmen sind aber nach wie vor wichtig. Die Herzen der Konsumenten erobert aber nur, wer ein gutes Produkt mit einer kreativen Story und glaubhaften Produktetests verbindet. Und je mehr vom Produkt überzeugt sind und darüber reden, desto besser für uns.

Eine Produktpräsentation ohne Microsoft-Logo. Das macht doch für das Unternehmen nur wenig Sinn?
Ich bin für eine klare Kennzeichnung von Werbung. Wenn unsere Influencer aber aus eigener Motivation und unentgeltlich über uns sprechen, dann steht ihre Erfahrung im Vordergrund und nicht eine Produktpräsentation. Wir nehmen übrigens auch keinerlei Einfluss auf ihre Erfahrung. Ist diese nicht immer positiv, gehört das genauso dazu. Nur so können wir lernen, was zu verbessern ist.

Wie muss der perfekte Influencer denn für Sie sein?
Jeder kommt in Frage, der eine tolle Geschichte mit einem unserer Produkte zu erzählen hat. Für mich persönlich ist Authentizität oberstes Gebot. Wenn ich das Gefühl habe, dass es dieser Person nur ums Geld geht, dann wird es dem Leser nicht anders ergehen. Solche Publizität ist absolut kontraproduktiv. Jede Geschichte ist es wert, erzählt zu werden. Wenn dann auch noch die Zielgruppe stimmt, umso besser.

Interview: Simon Dick

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