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Obsternte

Rekordernte für Jonagold und Co.

Heuer gibt es Äpfel in Hülle und Fülle – so viele wie noch kaum je, sagen Seeländer Hobbygärtner und -bauern, Obstproduzenten und Mosthersteller. Mit schweizweit etwa 251 000 Tonnen Äpfel erwartet der Schweizer Obstverband eine der üppigsten Ernten in zehn Jahren

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Denise Gaudy

Heidi und Urs Kocher wissen kaum mehr, wo wehren, so viele Äpfel werden derzeit in ihrer Mosterei angeliefert. «Wir mosten seit 2013, aber so etwas haben wir noch nie erlebt. Diese Saison gibt es Äpfel im Überfluss», berichtet Chefin Heidi Kocher, selber auch Besitzerin einer Obstanlage. Tatsächlich herrscht ein Kommen und Gehen auf dem Hof am Enselweg in Schwadernau. Die einen Kunden bringen harrassenweise Äpfel in allen Farben und Formen, andere laden Dutzende von Kartons mit dem frisch gepressten Saft ihrer kürzlich gelieferten Früchte ins Auto. «Unsere Arbeitstage fangen derzeit um fünf Uhr morgens an, und letzte Woche haben wir jeweils bis Mitternacht pasteurisiert», sagt die Most-Herstellerin. Derweil leert ihr Mann Urs mit Hilfe von Traktor und Kipper eine Palettenbox voll rotbackiger Jonathan in eine Holzwanne, von wo aus die Äpfel zum Waschen in ein Wasserbad befördert werden bevor sie in Häcksler und Presse gelangen.

 

Apfelsegen ohne Ende
Auch Hugo Schär aus Dotzigen wird mit Äpfeln eingedeckt wie noch nie seit bald 30 Jahren. Damals hat der Hobby-Obstbauer das Haus samt «Hoschtet» von seinem Götti übernommen, der in den Siebzigerjahren unter anderen auch sieben Apfelbäume der Sorten Grafensteiner, Jonagold, Goldparmäne und Boskop gepflanzt hatte. Hugo Schär schmunzelt, wenn er sich an die letztjährige Apfelsaison zurück erinnert: «Da war alles erfroren. Ganze drei Äpfel schenkten mir meine sieben Bäume. Heuer rechne ich mit einem Ertrag von bis zu zwei Tonnen.» Was macht eine alleinstehende Privatperson mit dieser üppigen Ernte? Der 77-Jährige, dessen ganz grosse Leidenschaft seine Äpfelbäume sind, ist für deren Pflege und Ernte aus gesundheitlichen Gründen auf fremde Hilfe angewiesen. Als MS-Patient kann er seine geliebten Bäume nicht mehr selber schneiden und auch das Pflücken der Äpfel ist ihm nicht mehr möglich. «Einen Teil der Ernte nehme ich zu mir an Lager – ich esse nämlich jeden Tag zwei bis drei Äpfel – und verarbeite Apfelschnitze zu Dörrobst. Die übrigen Äpfel werden von Dorfbewohnern geerntet. Sie dürfen das Obst für den Eigengebrauch verwenden zum Dank für ihre Hilfe; Mostäpfel verschenke ich, für Tafeläpfel bezahlen sie mir einen Franken pro Kilo.»

 

Warme Äpfel erschweren das Mosten
Für die reiche Ernte sei das über Monate anhaltende warme Wetter verantwortlich, sagt Hugo Schär. Anders als in anderen Landesteilen habe es im Seeland trotz Hitze hin und wieder etwas geregnet, was die Früchte mindestens 14 Tage früher reif werden liess: «Mit den Grafensteinern sind wir schon fertig, jetzt sind die Jonagold dran», so der Apfelfan. Anders als Kochers in Schwadernau haben Ruth und Charly Burger, die an der Oberdorfstrasse in Arch eine Mosterei betreiben, die Saison noch nicht eröffnet. Die ausserordentliche Wärme bekomme den Mostäpfeln nicht nur gut, erschwere das Mosten und wirke sich letztlich negativ auf die Qualität des Apfelsaftes aus, erklärt Ruth Burger. «Aus 26 Grad warmen Äpfel gibt es beim Pressen noch wärmeren Saft. Warmer Most ist dauernd in Bewegung, weshalb er sich schlecht klären lässt und der Gärprozess einsetzt. Ungeklärten Saft können wir nicht pasteurisieren.» Weil Burgers Wert darauf legen, keinen trüben, kräuselnden Apfelsaft sondern Süssmost in Toppqualität zu fabrizieren, hat Ruth Burger darauf beharrt, den Betrieb auch heuer wie gewöhnlich erst nach dem Bettag aufzunehmen: «Nächsten Mittwoch fangen wir mit Mosten an. Mir bangt jetzt schon davor, weil die Temperaturen wieder auf rund 26 Grad ansteigen sollen und wir keine Kühlräume haben, um die Äpfel herunterzukühlen.»

 

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Beliebteste Schweizer Frucht
Mehr als 15 Kilo Äpfel isst die Schweizer Bevölkerung jährlich pro Kopf, womit der Apfel hierzulande die beliebteste Frucht ist und weltweit das älteste kultivierte Obst. Von den 20 000 Sorten werden in der Schweiz vorab die Sorten Gala, Golden Delicious und Braeburn produziert. Die grössten Anbaugebiete befinden sich im Thurgau, im Wallis und im Waadtland. Für 2018 rechnet der Schweizer Obstverband mit einer Rekordernte von 251 000 Tonnen. Weitaus der grösste Teil des Apfelangebots in der Schweiz stammt aus inländischer Produktion; Importäpfel machen nur etwa fünf Prozent aus. gy

 

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Es muss nicht immer Apfelmus sein
Apfelschnitze, Apfelkuchen, Apfelmus, Apfelcrumble... Manch ein Hobbykoch hat allmählich genug davon, aber immer noch eine Menge Äpfel. Auf www.swissfruit.ch gibt es viele fantasievolle Apfel-Rezeptideen. Zum Beispiel:

Apfel-Currysuppe mit Pouletspiesschen

Zutaten für 4 Personen:
500 g süsssäuerliche Äpfel, 200 g mehlig kochende Kartoffeln, 1 daumengrosses Stück Ingwer, 1 Zwiebel, 1½ EL Olivenöl, 2 TL scharfes Currypulver, 6 dl Gemüsebouillon, 2-3 Lorbeerblätter, 1 dl Kokosmilch, 1 EL Limettensaft, Salz, Pfeffer, 1 Pouletbrüstchen, 1 Bund Schnittlauch

Zubereitung:

- Ein Stück Apfel (ca. 50 g) wegschneiden, für die Garnitur beiseitelegen. Restliche Äpfel schälen, entkernen und in Stücke schneiden. Kartoffeln schälen, grob würfeln. Ingwer und Zwiebel schälen, fein hacken.

- 1 EL Öl leicht erhitzen, Zwiebel, Ingwer und Currypulver andünsten. Mit Bouillon ablöschen. Äpfel, Kartoffeln und Lorbeerblätter zufügen. Aufkochen und zugedeckt 20-30 Minuten köcheln.

- Lorbeerblätter entfernen. Kokosmilch zur Suppe giessen und fein pürieren. Mit Limettensaft, Salz und Pfeffer abschmecken.

- Pouletbrüstchen längs in 4 dünne Streifen schneiden. Auf 4 Spiesschen stecken, mit Salz, Pfeffer und Currypulver würzen. Im restlichen Öl auf allen Seiten gut braten.

- Apfelstück in kleine Würfeli schneiden. Schnittlauch in Röllchen schneiden. Beides über die angerichtete Suppe streuen und mit Pouletspiesschen servieren. gy

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