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Statt Jugi bald Zimmer mit Bad

Nach dem Aus für eine Jugendherberge auf dem Areal des Inforamas ist der Weg frei für den Umbau des Internatsgebäudes. Ein paar Hürden sind aber noch zu nehmen.

Flop an der Expo.02: Lange vor dem nun beerdigten Projekt für eine Jugendherberge gab es auf dem Gelände des Inforama Seeland ein Tipi-Dorf für Besucher der Landesausstellung (hier überflogen von einer Mirage). Doch es kam kaum jemand. Bild: zvg
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Beat Kuhn

Sechs Bildungs-, Beratungs- und Tagungszentren für Land- und Hauswirtschaft gibt es im Kanton Bern. Das Inforama Seeland bei Ins ist naheliegenderweise für den Bereich Gemüseanbau zuständig. Jene angehenden Gemüsegärtner, die unter der Woche auch in ihrer Ausbildungsstätte nächtigen, leben indes alles andere als komfortabel. Sie müssen im sogenannten Konvikt- oder Internatsgebäude in Mehrbettzimmern mit Nasszellen auf den Etagen hausen. Seit Jahren wollte der Kanton Abhilfe schaffen.


Traum von der Jugi geplatzt
Doch 2012 lancierte der Verein seeland.biel/bienne die Idee, auf dem Areal des Inforamas ein Ferienresort mit 300 Betten zu realisieren. Die Abklärungen nahmen viel Zeit in Anspruch. Zunächst erarbeitete der Verein seeland.-biel/bienne zusammen mit dem Verein Schweizer Jugendherbergen eine Machbarkeitsstudie. Diese wurde im Rahmen der Neuen Regionalpolitik von Bund und Kanton mitfinanziert.

Anfang 2016 wurde die Machbarkeitsstudie dem Kanton übergeben, der sie einer eingehenden Prüfung unter Einbezug verschiedener Abteilungen unterzog. Im Mai dieses Jahres hat der Regierungsrat dann aber beschlossen, das Projekt nicht weiterzuverfolgen. Dies, weil er «aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sowie der nun vorliegenden vertieften Abklärungen nicht in der Lage ist, ein solches Vorhaben mit staatlichen Mitteln zu unterstützen». Ohne staatliche Gelder ist das Projekt nach Einschätzung der Vereine seeland.-biel/bienne und Schweizer Jugendherbergen indes nicht lebensfähig, und so haben es die zwei Organisationen schliesslich beerdigt.

Mit eine Rolle gespielt hat bei ihrem Entscheid auch der Umstand, dass sich einen Monat vor dem regierungsrätlichen Beschluss die Landwirtschaftliche Organisation Seeland (LOS) aus der Projektträgerschaft zurückgezogen hatte. Nicht, weil sie plötzlich gegen das Projekt gewesen wäre, sondern weil sie befunden hatte, dass das sich hinziehende Projekt den Umbau des Konviktgebäudes blockiere. Das agrotouristische Projekt «Ferien im Gemüsegarten Seeland» wäre die erste Jugendherberge in der Region seit Schliessung der Jugi Bözingen Mitte der 90er-Jahre gewesen.


Nicht zweimal planen wollen
Nun, da die Würfel in Sachen Jugendherberge gefallen sind, fasst der Kanton die bauliche Pendenz im Konviktgebäude ins Auge. Gemäss Gerhard Ammann, Mediensprecher bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedierektion des Kantons (BVE), will das zuständige Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG) das Gebäudeinnere umbauen, «um die Nutzung als Beherbergungsstätte für Auszubildende den heutigen Anforderungen anzupassen».

Doch warum hat das AGG eigentlich nicht schon früher, parallel zu den Abklärungen für das Ferienresort, mit der Planung für diesen ohnehin fälligen Umbau begonnen? Dazu Ammann: «Das Konviktgebäude wäre Teil des Resorts gewesen und war integraler Bestandteil der Verhandlungen mit dem Verein seeland.-biel/bienne.»

Aus diesem Grund habe das AGG entschieden, die Pläne für die baulichen Anpassungen im Konviktgebäude einstweilen zu sistieren, bis die Verhandlungen mit dem Verein abgeschlossen sein würden. «Damit hat das AGG Planungskosten vermieden, die obsolet geworden wären, wenn das Konviktgebäude durch den Verein übernommen worden wäre.»


Realisierung 2020/21 möglich
Laut Ammann ist allerdings auch jetzt noch «keineswegs sicher», dass der Umbau realisiert wird. Erst müssen die notwendigen Gelder noch in die kantonale Investitionsplanung aufgenommen und grundsätzlich genehmigt werden. Wenn dies erfolge, sei die Genehmigung des Projektierungskredites durch die BVE erforderlich, und anschliessend müsse der Grosse Rat den Ausführungskredit gutheissen.

«Aus heutiger Sicht sollten die betrieblichen Anpassungen am Konviktgebäude in den Jahren 2020 und 2021 realisiert werden können», meint Ammann – «vorausgesetzt, die genannten Genehmigungen werden erteilt.» Man muss jedoch kein Prophet sein, um voraussagen zu können, dass dies der Fall sein wird.


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Expo.02-Zeltdorf beim Inforama: «Ein grosses Fiasko»
«Alles schon einmal dagewesen». meint BT-Leser Daniel Jenni aus Ins. Ihm zufolge war die Unterbringung von Touristen auf dem Inforama-Areal schon einmal ein Thema. Und damals blieb es anders als heute auch nicht bloss beim Planen.

Für die Expo.02 wurde auf dem Gelände ein Tipi-Dorf mit 60 grossen Indianerzelten für über 300 Personen erstellt. Hinzu kam nötige Infrastruktur in Form von Containerblöcken für Toiletten, Duschen, Büros, einen Waschsalon und anderes mehr. Auch ein grosses Verpflegungs- und Aufenthaltszelt wurde aufgebaut. Jenni arbeitete damals an der Landwirtschaftlichen Schule und wohnte auch dort. Er war Verbindungsmann zur Tipi-Leitung: «Ich habe das Ganze sieben Tage die Woche während der fünf Monate der Landesausstellung von Mai bis Oktober live miterlebt.»

Die Projektidee sei bestechend gewesen, findet Jenni noch heu-te: Es sei eine günstige Übernachtungsmöglichkeit für Familien und Schulklassen im Zentrum der drei Arteplages gewesen, bei Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Velo. Autos seien nicht erlaubt gewesen.

«Doch leider sah die Praxis anders aus – es kam fast niemand, die Auslastung war katastrophal», so Jenni. Vier Wochen nach der Eröffnung der Expo.02 habe man erstes Personal entlassen müssen. Schulklassen seien nur wenige gekommen, und die seien jeweils nur ein, zwei Nächte geblieben. Familien seien lediglich während der Sommerferien zu Gast gewesen.

Das Zeltdorf sei «ein grosses 
finanzielles Fiasko» geworden, 
lautet Jennis Bilanz. «Das Defizit ist irgendwo in der Milliardenabrechnung der Landesausstellung 2002 zu finden.» bk

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