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Schweizer Samen im Schockzustand

Die Qualität der Samenzellen von Schweizer Männern wird immer ungenügender. Diese Nachricht der vergangenen Woche war ein veritabler Schock.

Bild: Niklaus Baschung

Niklaus Baschung

«Den Schweizer Samen geht es schlecht», brachte es daraufhin der Moderator der Abendsendung mit einer Katastrophen-Miene auf den Punkt und verschärfte damit die Verunsicherung zusätzlich. Denn zuvor war noch nicht klar gewesen, dass nur der Schweizer und nicht auch der deutsche oder französische Samen von diesem Schicksal betroffen ist.

Manche Leute – dazu gehöre auch ich – wussten bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, dass Samenzellen unterschiedliche Nationaltäten haben. Treuherzig nahmen sie an, unter den Samenzellen sei die universelle Verbundenheit gross oder habe sich zumindest der europäische Gedanke durchgesetzt.

Offenbar aber setzt sich der Schweizer Samen meist ein Käppi mit dem Schweizer Kreuz auf den Kopf, bevor er sich auf den langen Weg ins fremde Ungewisse macht. Andere hängen sich noch eine schwere Treichel um den Bauch, müssen sich dann aber echt nicht wundern, wenn sie bereits in der ersten Steigung schlapp machen.

Auch der in der Sendung interviewte Männerarzt trug nicht zur Beruhigung bei. Er verglich die Samenzellen mit Pfadfindern. Ausgerüstet mit ein paar wenigen Utensilien müssten diese ganz alleine den Weg zur Eizelle finden. Als ehemaliger Pfadiführer weiss ich, wovon der spricht und wie solche Abenteuer sich entwickeln können: Am nächsten Tag muss man die Hälfte der Jungs desorientiert und völlig durchnässt irgendwo im Gelände wieder einsammeln. Dies wiederum im Gegensatz zu den Schweizer Samen: Denen wird kein Pfadiführer zu Hilfe kommen.

Bei den aufgeführten Gründen für den Fruchtbarkeitsverlust der Männer in den letzten Jahren fallen neben den bereits bekannten auch die Folgen moderner Lebensgewohnheiten auf: etwa Mobiltelefone in den Hosentaschen oder Hormone für den Muskelaufbau.

Allerdings sind dies unwissenschaftliche Kurzschlüsse. Für eindeutige Aussagen müsste man richtige Experimente durchführen können. 
So wie einst durch Friedrich den Grossen (1712-1786). Der König von Preussen wollte herausfinden, welche Sprache Kinder entwickeln würden, wenn sie ohne Ansprache und Zuwendung aufwachsen. Seine Vermutung war, dass die Ursprungssprache «Lateinisch» sein müsste. Entsprechend instruierte Ammen ernährten also wort- und zuwendungslos die für das Experiment ausgewählten Kinder. Das Ergebnis war niederschmetternd: Alle Kinder starben ohne je ein Wort, geschweige denn Lateinisch, gesprochen zu haben.

Heute sind solche Untersuchungen nicht mehr erlaubt. Man stelle sich einmal vor, junge Männer müssten in einem ähnlichen Experiment während einem längeren Zeitraum ohne Mobiltelefone im Hosensack leben. Eine solche menschenverachtende Studie würde zu einem öffentlichen Aufruhr führen, noch bevor die Männer jemals fruchtbar geworden sind.

Info: Niklaus Baschung ist Journalist, Kommunikationsfachmann und Hundehalter.
 kontext@bielertagblatt.ch

 

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