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Play Suisse: Sinnvoll, aber noch nicht benutzerfreundlich

Nach zwei Wochen intensiver Nutzung ist klar: Der Schweizer Streamingdienst Play Suisse füllt zwar eine Angebotslücke, muss sich aber auch harte Kritik gefallen lassen.

Ob Krimi, Serie oder Komödie: Die Auswahl von Play Suisse ist reichlich. Keystone

von Simon Dick

Und schon wieder drängt sich ein Streamingdienst auf unsere Endgeräte und will uns von seinen Inhalten überzeugen. Instinktiv möchte man laut Stopp rufen und abwinken. Doch Play Suisse ist anders als die anderen Dienste – und das ist auch gut so.

Auf den ersten Blick bietet Play Suisse zwei grosse Vorteile: Der Dienst ist gratis und konzentriert sich auf Inhalte, die in der Schweiz produziert und ausgestrahlt wurden. Die SRG als Anbieter verfolgt ein klares Ziel: Eigen- und Koproduktionen aus der Schweiz sollen an einem Ort gebündelt angeboten werden. Das Beste von SRF, RTS, RSI und RTR soll nun für alle Schweizerinnen und Schweizer gratis zur Verfügung stehen. Somit stehen auch viele Dokumentationen oder Serien aus der Westschweiz und dem Tessin mit Untertiteln endlich zur Sichtung bereit. Es braucht nur eine einmalige Registrierung und der Dienst darf frei genutzt werden. Die Ausgangslage hört sich also sehr vielversprechend an.

Das Angebot ist reichlich. Auch wenn man mehrere Tage darin herumstöbert, gibt es immer noch sehr viel zu entdecken. Positiv fällt auf, dass Play Suisse nicht nur ein Kanal für die reine Unterhaltung ist, sondern auch die Bildung einen wichtigen Stellenwert besitzt. Es gibt sowohl viele Dokumentationen über die Geschichte und das gesellschaftliche Leben in der Schweiz als auch Einblicke in andere Länder und Kulturen.

Auch die Natur kommt bei diesem Streamingdienst nicht zu kurz. Zahlreiche Dokus über das Tierreich sind ebenso vorhanden wie Einblicke in die faszinierende Bergwelt, die vor unserer Haustüre schlummert. Auf der Unterhaltungsseite ist das Angebot jedoch etwas weniger üppig. Zwar gibt es viele gute Dramen, Komödien und den einen oder anderen Kult-Krimi aus der Schweiz, in der Action-Rubrik wartet aber gerade mal nur ein einziger Film auf die Zuschauenden.

Play Suisse bietet viel und vor allem Inhalte mit hoher Qualität. Populäre Serien wie «Frieden» oder «Wilder» sind verfügbar und werden wohl bis jetzt die meisten Klicks verbuchen. Die Plattform bietet sogar zum Start alle «Frieden»-Folgen online an, noch bevor sie im linearen TV ausgestrahlt werden. Ein grosser Pluspunkt.

Dass jedoch die Hit-Serie «Der Bestatter» noch nicht auffindbar ist, wird einige enttäuschen. Möchte man sich mit etwas TV-Nostalgie berieseln, guckt man noch in die Röhre. Kult-Sendungen wie etwa «Fascht e Familie» oder die damals umstrittene Serie «Motel» fehlen. Mag sein, dass diese Inhalte erst noch technisch bearbeitet werden oder lizenzrechtliche Gründe eine Veröffentlichung vorerst verhindern, aber solche Kultformate gehören früher oder später ebenfalls auf diesen Streamingdienst, wenn die Macher schon auf Swissness pochen.

Wer regelmässig einen Streamingdienst wie Netflix oder Disney Plus konsultiert wird beim Ausprobieren von Play Suisse vielleicht zum ersten Mal bemerken, wie sehr sie oder er doch in Sachen Benutzerführung verwöhnt ist. Während bei den schon seit Jahren erhältlichen Diensten jede kleinste Funktion und jede Möglichkeit der Interaktion selbsterklärend und selbstverständlich geworden sind, stolpert man beim Streamingdienst aus der Schweiz regelmässig über Design-Schwächen und nicht durchdachte respektive gar nicht vorhandene Funktionen.

Vor allem die App für Smartphones und Tablets will so gar nicht gefallen. Hier wurde nur eine einzige App für beide Geräteklasse entwickelt. Das bedeutet, dass die App auf dem Tablet einfach die Smartphone-App wiedergibt, überhaupt nicht neu programmiert wurde und sich nicht an die Eigenheiten des Geräts anpasst.
Oder um es mit deutlichen Worten zu sagen: Vor zehn Jahren hätte man diese Strategie noch durchgehen lassen. Heute verursacht eine solche Methode nur noch Kopfschütteln.

Wer also Play Suisse via App konsumieren möchte, egal ob mit Smartphone, Smart-TV oder Tablet, sollte lieber die Finger davon lassen und den Dienst ganz normal via Browser konsumieren. Denn die normale Website-Darstellung lässt kaum Wünsche offen und erfreut das Auge mit Überblick und einfacher Navigation.
 

Noch Luft nach oben
Fazit: Play Suisse ist eine gute und in erster Linie eine sinnvolle Idee. In einer Zeit, in der viele Streamingdienste um die Gunst des Publikums buhlen und vor allem mit lauten Inhalten und den ewiggleichen Figuren um Aufmerksamkeit schreien, tut so ein kleiner Dienst made in Switzerland gut. Er fokussiert sich auf das heimische Film- und Serienschaffen und ist vor allem eine Anlaufstelle respektive Sammelstelle für qualitativ gute Fernsehprodukte aus unseren Breitengraden.

Dass inhaltlich noch Luft nach oben ist, wissen die Macherinnen und Macher. Dass man nicht gleich zu Beginn das ganze Pulver verschiessen möchte, ist ebenfalls logisch. Mit Sicherheit werden immer mehr (Kult-)Inhalte den Weg auf Play Suisse finden. Möchte die SRG aber auch die mobilen Zuschauerinnen und Zuschauer via App-Bedienung bei Laune halten, sollte hier schnellstens ein Update folgen.

Link: www.playsuisse.ch

 

Stichwörter: Streamingdienst

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