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Aus dem Grossen Rat

Das Seeländer Trinkwasserproblem

Anfang April konnte man es in den Medien lesen: Das Trinkwasser der Städte Biel und Nidau war erneut über dem Grenzwert mit Chlorothalonil belastet.

Barbara Stucki

Barbara Stucki
 Grossrätin GLP

Anfang April konnte man es in den Medien lesen: Das Trinkwasser der Städte Biel und Nidau war erneut über dem Grenzwert mit Chlorothalonil belastet. Begründet wurde dies mit der stark schwankenden Wasserqualität der Zuflüsse des Bielersees, aus dem das Trinkwasser stamme. Das heisst nichts anderes, als dass verschiedenste Gewässer im Berner Seeland belastet sind.

Das Erschreckende daran ist, dass diese Tatsache seit Jahren bekannt ist, aber die Ursachen nicht bekämpft werden. Im Jahr 2018 forderten GLP und Grüne, dass der Kanton Bern den Aktionsplan zur Risikominimierung und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln des Bundesrates umsetzt. Dies, nachdem nachgewiesen und von der Regierung bestätigt wurde, dass auch Berner Gewässer teilweise stark von Pflanzenschutzmitteln belastet sind. Die Motion umfasste sechs Punkte. Darunter beispielsweise eine verbesserte Information der Anwendenden oder auch ganz simpel eine Erfolgskontrolle. Der Regierungsrat lehnte den Vorstoss im Frühling 2019 ab. Der Grosse Rat tat es ihm in der darauffolgenden Sommersession gleich. Sie begründeten die Ablehnung damit, dass es ja ein laufendes Berner Pflanzenschutzprojekt gibt. Das ist richtig. Die Teilnahme daran ist aber freiwillig und unverbindlich.

Als im Jahr 2019 bekannt wurde, dass nicht nur Berner Gewässer, sondern auch das Berner Grundwasser (insbesondere im Seeland) belastet ist, doppelten wir nach. Mit den Grünen, SP und EVP reichten wir den Vorstoss «Jetzt Massnahmen für sauberes Trinkwasser ergreifen» ein. Darin wurde unter anderem gefordert, den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden im Zuströmbereich von Trinkwasserfassungen einzuschränken. Diese Forderung wurde von der Mehrheit des Grossen Rats lediglich als Prüfauftrag überwiesen. Nicht als verbindlichen Auftrag. Bis heute sind mir keine Ergebnisse aus diesem Prüfauftrag bekannt.

Nun, im Frühling 2021, informiert der Energie Service Biel nach der Entdeckung der Grenzwertüberschreitung, sie hätten im vergangenen Jahr Massnahmen ergriffen und damit geschafft, die Chlorothalonil-Grenzwerte wieder einzuhalten. Diese Massnahmen könnten aber die Einhaltung der Grenzwerte nicht langfristig garantieren. Die Symptombekämpfung stösst schon jetzt an ihre Grenzen. Ich frage mich, was noch passieren muss, damit die breite Bevölkerung und die politischen Mehrheiten erwachen und den Ernst der Lage begreifen: Wenn wir weitermachen wie bisher, gelangen immer mehr schädliche Stoffe in den Wasserkreislauf. Langfristig vergiften wir unsere Gewässer und auch unser Trinkwasser. Im Seeland ist es nicht fünf vor zwölf, sondern eher eins vor zwölf.

kontext@bielertagblatt.ch

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