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Aegerten

Ihr Sohn wurde angefahren, nun kämpft sie für mehr Sicherheit

Loïse Crispinos Sohn wurde in Aegerten von einem Auto erfasst. Ein Grund dafür sei die Baustelle. Die Gemeinde hat bereits reagiert: Seniorinnen und Senioren helfen den Kindern über die Strasse.

Loïse Crispinos sagt, die Ampeln würden von so manchen Autofahrern übersehen. Bild: Yann Staffelbach
Hannah Frei
 
Der Unfall passierte vor drei Wochen auf dem Schulweg: Um 16.20 Uhr ist ein Junge auf der Bielstrasse in Aegerten von einem Auto angefahren worden. Der Junge befand sich auf dem Fussgängerstreifen, die Ampel zeigte für ihn Grün, das Auto sei trotzdem gefahren, sagt seine Mutter Loïse Crispino. Gemäss Kantonspolizei wird der genaue Unfallhergang noch untersucht. Crispino war beim Unfall nicht dabei, Passanten haben sie Zuhause aufgesucht. Als sie an der Unfallstelle ankam, sei ihr Sohn auf dem Trottoir gesessen, bei Bewusstsein, mit Schürfungen. Die Ambulanz fuhr ihn ins Spitalzentrum.
 
Dort musste der Junge nicht lange bleiben. «Es geht ihm heute deutlich besser», sagt Crispino. Doch die Gefahr ist geblieben: Der Unfall ereignete sich bei der Baustelle, dort, wo die Bielstrasse auf die Schwadernaustrasse und die Schulstrasse trifft. Der Verkehr wird zwar wie bisher mit Lichtsignalen geregelt, aber: «Viele Autofahrer sehen die Ampel gar nicht», sagt Crispino. Manche Autolenkerinnen würden daher bei Rot darüberfahren, andere bei Grün anhalten, etwa, um Kinder über die Strasse zu lassen. Das mache die Strasse besonders gefährlich.
 
Mutter und Gemeinde wurden aktiv
Kurz nach dem Unfall hat Crispino reagiert und die Gemeinde angeschrieben. Es brauche weitere Massnahmen, um die Fussgängerinnen und Fussgänger während der Bauarbeiten zu schützen. Auch deshalb, weil die Signalisierung stets ändert, da die Arbeiten in Etappen gemacht werden. «Es geht nicht nur um meinen Sohn, sondern um alle Kinder», sagt sie. Bei der Gemeinde stiess sie damit auf offene Ohren: Seit zwei Wochen lotsen Seniorinnen und Senioren, die sonst für die Papiersammlung zuständig sind, zu Stosszeiten die Kinder über die Strasse.
 
Denn auch Gemeindepräsident Jörg Supersaxo (OV) ist mit der aktuellen Verkehrssituation unzufrieden. Drei Strassen, die aufeinandertreffen, ein Fussgängerstreifen, eine neue Verkehrsführung, ein neues Lichtsignal. «Viele Autofahrer halten sich nicht an die Lichtsignale», sagt er gegenüber «Telebielingue».
 
Daher habe die Gemeinde die Aktion mit den Seniorinnen ins Leben gerufen. «Wir versuchen, mit den Papiersammlern in gelben Westen ein Signal zu setzen», sagt Supersaxo. Dadurch werde vielleicht die eine oder andere Autofahrerin auf die Ampel aufmerksam gemacht und dazu ermutigt, anzuhalten.
 
Doch wie geht es nun weiter? Der Kanton, der für die Bielstrasse zuständig ist, sei sich der schwierigen Situation in Aegerten bewusst, sagt Titus Moser vom Oberingenieurskreis 3 des kantonalen Tiefbauamts gegenüber «Telebielingue». Die Sanierungsarbeiten haben im Mai begonnen, laut Moser dauern sie noch mindestens bis im Frühling. So wird Abschnitt für Abschnitt saniert, bis zum Nidau-Büren-Kanal.
 
Der Kreuzungsbereich, an dem der Unfall geschah, werde aber bereits nach den Herbstferien, also in etwas mehr als einer Woche, frei von Hindernissen sein. Eine fixe Ampel werde jedoch erst Ende November installiert. Optimierungen der Situation für die Fussgängerinnen und Fussgänger seien dabei zu überprüfen. «Sicherheit ist immer das höchste Gut bei solchen Arbeiten», sagt Moser. Er gibt jedoch auch zu bedenken: «Im Kanton Bern wird der öffentliche Verkehr immer vor den Fussgängern priorisiert.» So komme es beispielsweise vor, dass Fussgänger beim provisorischen Lichtsignal bis zu zweieinhalb Minuten warten müssen, weil der Bus vorbeifährt.
 
Lotsen nicht für nötig befunden
Die Aktion mit den Lotsen schätze der Kanton, so Moser. «Wir begrüssen es, dass sich der Gemeinderat der Sache angenommen hat.» Der Kanton werde auch für die Kosten aufkommen. Doch weshalb wurde diese Massnahme nicht bereits beim Start der Arbeiten im Sommer umgesetzt? Für den Kanton habe es keinen Grund dazu gegeben, sagt Moser. Die Kantonspolizei habe die Markierungen und die Verkehrsführung kontrolliert und für gut befunden. «Nun haben wir jedoch festgestellt, dass Nachholbedarf besteht.» Zu erwähnen sei jedoch auch, dass die Lotsen nicht in den Verkehr eingreifen dürfen, sondern lediglich die Kinder über die Strasse führen können.
 
Crispino und Moser haben sich bereits ausgesprochen. Mit der Lösung der Lotsen sind beide einverstanden. Doch die Verkehrssituation sei bereits vor den Bauarbeiten gefährlich gewesen, sagt Crispino. Sie hofft nun, dass diese nach der Sanierung besser wird. Falls nicht, werde sie sich erneut bei der Gemeinde melden und neue Lösungen suchen. Denn für sie ist klar: Ampeln alleine reichen nicht aus. Denkbar wäre für sie eine Radaranlage oder eine Bremsschwelle.
 
In etwas mehr als einer Woche wird Crispinos Sohn wieder in die Schule gehen. Zurzeit fürchte er sich noch vor dem Weg über die Strasse. Die ersten paar Male werde sie ihren Sohn wohl noch begleiten. Danach wird sich zeigen, ob er sich auch wieder alleine über die Bielstrasse wagt.

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