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Sanierungsarbeiten

Eine seltene Nacht-und-Nebel-Aktion

Vergangenes Wochenende führte das Bundesamt für Strassen auf der Nationalstrasse zwischen Tüscherz und Alfermée spektakuläre Arbeiten durch, die an Science-Fiction erinnerten.

Ungetüm an Ungetüm: Eindrücklicher Fahrzeugpark auf der Baustelle. Bild: Théofile Bloudanis

Théophile Bloudanis/pl

Letzten Freitagabend herrscht ungewohnter Betrieb auf der Strassenbrücke und den Eisenbahngleisen in Tüscherz-Alfermée. Baumaschinen lauern im Halbdunkel. Auf der anderen Strassenseite wurden im Laufe des Tages grosse Mengen an Baumaterial abgeladen. Auf den Schienen fährt kein regulärer Zug mehr. Eine mächtige Ballast-Stopfmaschine schiebt sich mit ohrenbetäubendem Krach über das Gleis. Arbeiter begeben sich zu ihrem Einsatzort. Es ist 23 Uhr 30: Die Sanierungsarbeiten auf dem Autobahnabschnitt haben begonnen.

Bis fünf Uhr morgens und nicht später

Urs Herren, Projektleiter beim Bundesamt für Strassen (Astra), beobachtet das Geschehen: «Jetzt beginnt ein Rennen gegen die Zeit, denn Montagmorgen um fünf Uhr müssen die Verkehrsverbindungen wieder offen sein», so der Verantwortliche.

Am Rand der Bahntrasse warten die Arbeiter auf die anrollenden Schienenbagger. Schon tauchen die Ungetüme aus dem Dunkeln auf. Mit ihren bedrohlichen Riesenschaufeln erinnern sie an finstere Wesen aus Science-Fiction-Fantasien. Die Szene erstrahlt im gleissenden Licht der Bauscheinwerfer und macht die Nacht zum Tag. Das Ballett aus Maschinen und Menschen beginnt mit der nächtlichen Choreografie: Zwischen der Strassenbegrenzung und den Gleisen werden schwere Betonplatten und Rinnsteine aus dem Boden gerissen.

Mit Baggern werden die Betonbrocken in Container gefüllt, die von Lastwagen abtransportiert werden. Zwei Personen regeln den Verkehr. Trotz der späten Stunde bilden sich Autoschlangen, die geduldig auf Anweisung zur Weiterfahrt warten.

Von der Stützmauer bis zur Kanalisation

Die «Nacht-und-Nebel-Aktion» des Astra fand vom Freitag bis Montag statt. Zur gleichen Zeit legte die SBB die Bahnstrecke Neuenburg – Biel für eigene Wartungsarbeiten still.

«Wir führen eine umfassende Sanierung der Strassen-Infrastruktur zwischen Tüscherz und Alfermée durch», erklärt Urs Herren. Dabei werden Stützmauern verstärkt, Kanalisationen ersetzt und der Fahrbahnbelag erneuert. Tätigkeiten in diesem Umfeld sind nicht ohne Unterbruch der Bahnlinie möglich.

Baustellensicherung unerlässlich

«Die Zone, in der wir arbeiten, liegt direkt neben den Schienen und birgt Gefahren für die Menschen», bestätigt der Projektchef des Astra. Die vorübergehende Einstellung des Bahnbetriebs durch die SBB war ein willkommener Anlass für die Baggerarbeiten, die der Vorbereitung der Baustelle im kommenden Jahr dienen.

Während des Wochenendes wurden eine 650 Meter lange Palisadenwand und ein Sicherheitssteg von 375 Metern erstellt. «Mit diesen Massnahmen trennen wir die Bahntrasse von der künftigen Strassenbaustelle», erklärt Olivier Floc’Hic, der Medienverantwortliche des Astra: «Die Arbeitenden sind geschützt, und die Züge werden fahrplanmässig verkehren.»

Während der Vorbereitungsarbeiten vom Wochenende wurden die Fahrspuren auf der A5 verengt und leicht versetzt geführt. An engen Stellen wurde der Verkehr wechselseitig geregelt. Die SBB hatten die Linie vorübergehend eingestellt und Ersatzbusse zwischen Neuenburg und Biel eingesetzt.

Arbeitsgruppen wechselten sich im Schichtbetrieb ab

Am Montagmorgen um 5 Uhr wurden Bahn- und Strassenverkehr wieder hergestellt.

Für das Vorhaben hatte das Astra vier regionale Bauunternehmen beauftragt. Über das Wochenende waren stets 100 Personen rund um die Uhr im Einsatz. Die Arbeitsgruppen wechselten sich im Schichtbetrieb ab. «Gemessen an der Grösse der Baustelle ist das ein beachtliches Aufgebot», sagt Urs Herren. Die Kosten für die 50 Stunden dauernde «Nacht-und-Nebel-Aktion» belaufen sich auf 1,2 Mio. Franken.

Die grosse logistische Herausforderung

Solche Hauruck-Unternehmen sind im Strassenbau eher selten. Dafür erstrecken sich die Projekte über einen längeren Zeitraum. «Wir standen vor einer organisatorischen und logistischen Herausforderung», bestätigt Olivier Floc’Hic. So viele Arbeiten unter Zeitdruck zu erledigen, erfordere eine präzise Vorausplanung aller Einzelschritte. Besondere Aufmerksamkeit galt der Koordinierung mit der SBB: «Wir haben uns eng abgestimmt, damit beide Baustellen nebeneinander Platz hatten», so der Mediensprecher des Astra.

 

 

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Das Material wird knapp

Als Folge der Coronapandemie sind die Lieferketten für Baustoffe weltweit beeinträchtigt. Immerhin konnte das Material für die Vorarbeiten auf dem Teilstück Tüscherz – Alfermée beschafft werden. Dennoch bereitet die Marktlage Urs Herren Kopfzerbrechen: «Stahl ist derzeit schwer erhältlich. Auch Holz bietet Probleme, weil die Preise stark gestiegen sind.» Bis jetzt konnte der Projektleiter die geplanten Bautermine einhalten. Er stellt jedoch fest, dass die Lieferzeiten länger sind als früher. Deshalb gelte es, im Vorfeld einer Baustelle «so viel Reserven wie möglich» anzulegen. Während des Lockdown hatten gewisse Hersteller die Produktion vermindert oder ganz eingestellt. In dieser Zeit lief die Bautätigkeit fast unvermindert weiter. Die wirtschaftliche Erholung konnte die Warenknappheit nicht wettmachen, weil weltweit eine grosse Nachfrage an Rohstoffen herrsche, erklärt der Verantwortliche des Astra. TBL/pl

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