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Kommentar

Déjà-vu: Impfproblem

Weihnachten steht vor der Tür – und Omikron. Das macht vielen Angst. Besonders denjenigen, die noch nicht geboostert sind.

Hannah Frei

Das sind überwiegend Menschen, deren Impfung noch nicht sechs Monate her ist. Darunter befinden sich auch Personen über 65 Jahre. Solche, die sich im Frühling noch zurückgehalten haben, aus Respekt vor der Impfung, um anderen den Vortritt zu lassen oder weil es an der Onlineanmeldung scheiterte. Der Entscheid des Kantons Bern, die Auffrischungsimpfung nun bereits nach vier Monaten zuzulassen, kam für sie zu spät. Und auch wenn er ein paar Tage früher gekommen wäre, hätten sie nicht auf sicher einen Boostertermin vor Weihnachten gefunden. Dies zeigt der gestrige Ansturm auf die Impfzentren: Im Medin in Biel wurden am Dienstag 1000 Impftermine bis Ende Jahr freigeschaltet, innert weniger Stunden waren alle vergeben. Im Walk-in-Lyss ging es nur zwei Stunden, bis alle neuen Termine weg waren.

Klar kann man nun sagen: Wer sich früh impfen liess, steht nun nicht vor diesem Weihnachtsdilemma. Das ist zumindest die Haltung der Berner Gesundheitsdirektion. Wenn sich aber ein 65-Jähriger eine Stunde lang draussen in der Kälte vor einem Walk-in-Angebot anstellt, ohne Booster nach Hause gehen muss, nur weil er 14 Tage zu früh dran ist, hat niemand gewonnen. Nicht das Impfzentrum, nicht der Kanton, und vor allem nicht der 65-Jährige.

Genau solche Fälle sollte das Impfangebot ertragen können. Es bräuchte Ressourcen, um mindestens in einem solchen Fall kulant zu sein. Doch die benötigten Ressourcen gibt es nicht: Sowohl im Medin als auch im Walk-in-Lyss arbeiten die Menschen am Limit. Ein Déjà-vu, das irgendwie keiner 
kommen sah. Die Beteiligten leisten Grosses. Doch Ansteckungen wegen fehlenden Ressourcen in Kauf zu nehmen, das darf nach bald zwei Jahren Pandemie nicht sein.

Hannah Frei, Redaktorin

hannah.frei@bielertagblatt.ch

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