Sie sind hier

Abo

Orientierungslauf

Gold, Silber, Bronze: Aebersolds fast perfekte EM

Simona Aebersold hat die Sprint-EM in Neuenburg mit einem kompletten Medaillensatz beendet. Die 23-jährige Seeländerin und der Frauen-Kadertrainer ziehen Bilanz.

Sie hat gut lachen: Simona Aebersold hat an der Heim-EM in Neuenburg konstant starke Leistungen gezeigt. Bild: Keystone

Michael Lehmann

Für eine eingehende Analyse war es im Ziel noch zu früh. Simona Aebersold wusste aber bereits, dass sie eine noch bessere Platzierung im gestrigen Einzelsprint zu Beginn des Rennens verpasst hatte: Sie wählte eine etwas langsamere Route als Elena Roos und Tove Alexandersson, die am Schluss eine respektive sechs Sekunden vor der Seeländerin lagen. Nach Hadern war Aebersold jedoch nicht zumute. «Meist verliere ich gegen Ende des Rennens Zeit, weil ich zu schnell gestartet bin. Es freut mich, dass ich dieses Mal noch zulegen konnte.»

Und sowieso: Mit solch einer Bilanz wäre es schon fast überheblich, das Haar in der Suppe zu suchen. In allen drei Rennen dieser Sprint-EM in Neuenburg hat sich Simona Aebersold auf dem Podest klassiert. Nach Gold mit der Staffel kamen am Wochenende Silber im Knockout-Sprint und zuletzt Bronze im Einzelsprint hinzu. «Das hätte ich nicht erwartet», sagt die 23-Jährige. «Es ist megacool.»

Alexandersson physisch stärker
Überrascht hat Simona Aebersold besonders das Abschneiden im Knockout-Sprint vom Samstag. Auch, weil sie in der jungen Disziplin – sie stand erstmals im EM-Programm – bisher noch nicht die grossen Erfolge feiern konnte. «An diesem Tag hat aber einfach alles zusammengepasst. Bei allen Schlüsselstellen habe ich die richtigen Entscheide gefällt.» So erreichte sie als einzige Schweizerin den Final, in dem sie sich bloss der Schwedin Tove Alexandersson geschlagen geben musste. Die 28-jährige OL-Dominatorin (unter anderem zehnfache Weltmeisterin seit 2016) war Aebersold physisch etwas überlegen.

Auch beim gestrigen Einzelsprint präsentierte sich Alexandersson in starker Verfassung. Möglich, dass ihr die zusätzlichen freien Tage letztlich entgegengekommen sind. Nach durchzogenen Leistungen in den Selektionsläufen hatten die Schwedischen Trainer in der Staffel etwas überraschend nicht auf Alexandersson, sondern auf Lina Strand und Sara Hagstrom gesetzt.

Simona Aebersold hält derweil fest, dass sie keine Ermüdungserscheinungen gespürt habe. «Die Beine waren für den Einzelsprint immer noch topfit. Auch in dieser Hinsicht habe ich eine super Woche erwischt.»

Schon bald Einzel-Gold?
Trotzdem sagt der Kadertrainer der Frauen, Baptiste Rollier, dass er in der Physis das grösste Verbesserungspotenzial bei der Brüggerin sieht. «In diesem Bereich können wir sicher noch am meisten arbeiten, denn technisch ist Simona bereits enorm stark.» Kaum eine andere Läuferin ziehe beim Kartenlesen so schnell die richtigen Schlüsse wie Aebersold. Sie kann das Gelände gut einschätzen und wählt aufgrund dessen die für sie schnellste Route. «Hinzu kommt, dass sie hohe Ansprüche an sich selbst hat und entsprechend hart trainiert», so Rollier.

Mit ihren 23 Jahren weist Simona Aebersold bereits einen beachtlichen Leistungsausweis bei der Elite auf. In Neuenburg holte sie die EM-Medaillen zwei bis vier, vor zwei Jahren hatte sie zudem drei Medaillen an der Wald-WM gewonnen. «Sie ist definitiv ein riesiges Talent», sagt Rollier. «Die erste Goldmedaille in einer Einzeldisziplin ist wohl bloss eine Frage der Zeit.»

Die nächste Chance, an einem internationalen Grossanlass zu glänzen, bietet sich Simona Aebersold schon bald. Vom 3. bis 10. Juli findet im tschechischen Doksy die Wald-WM statt. Und in diesem Gelände fühlt sich die Seeländerin noch wohler als auf der Strasse.

********************

Auch Aebersolds Freund gewinnt drei Medaillen
Drei Medaillen in drei Rennen zu gewinnen, hat nicht nur Simona Aebersold geschafft. Auch ihrem Freund Kasper Fosser ist dieses Kunststück gelungen. Der 22-jährige Norweger weist an der Sprint-EM in Neuenburg eine Ausbeute von drei Bronzemedaillen auf.

Fosser hat die beiden letzten Monate bei der Familie Aebersold in Brügg gewohnt, wodurch das Paar gemeinsam trainieren konnte. Zudem haben die beiden Stunden damit verbracht, die Stadt Neuenburg digital zu studieren. Schliesslich durfte der sechsfache Junioren-Weltmeister auch die EM-Selektionsläufe im Tessin und die Sprint-Schweizer-Meisterschaft im baselländischen Zwingen bestreiten. Dort hatte er bereits angedeutet, dass mit ihm zu rechnen sein würde.

Im Knockout-Sprint vom Samstag musste sich Fosser zwei Schweizern geschlagen geben: Matthias Kyburz holte sich Gold mit einer cleveren Routenwahl zum letzten Posten. Es war sein siebentes EM-Gold insgesamt. Er lief eine Sekunde vor seinem jungen Teamkollegen Joey Hadorn ein. Der Zürcher Riccardo Rancan wurde mit einer Sekunde Rückstand auf Fosser Vierter.

Gestern gingen die Schweizer Männer etwas überraschend leer aus. Der Routinier Daniel Hubmann verpasste als Fünfter das Podest um drei Sekunden, Matthias Kyburz wurde nach einem schwachen Start nur Elfter. Die beiden waren als Co-Titelverteidiger angetreten.

Das Schweizer Kreuz taucht in den Top-Zwölf der Rangliste siebenmal auf, aber eben nicht bei den Podestplätzen. Der Sieg ging an den Schweden Emil Svensk vor dem Belgier Yannick Michiels und den zeitgleichen Gustav Bergman (Schweden) und Kasper Fosser.

Nachrichten zu Aktuell »