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Schwingerkönig unterstützt Berner

Am 17. Kilchberg-Schwinget am Samstag wird der verletzte Christian Stucki vor Ort die 16 Berner Teilnehmer unterstützen. Er blickt zurück und sagt, warum die Berner auch heuer eine schlagkräftige Truppe beisammen haben.

Christian Stucki, der Sieger des Kilchberg-Schwingets 2008. Bildquelle: Keystone

Beat Moning

Zwei Seeländer haben das Kilchberg-Schwinget gewonnen: 1957 Hans Münger und 2008 Christian Stucki. Der Hagnecker Wirt Münger vom Schwingklub Biel gehörte zu den besten Schwingern seiner Zeit. Er holte fünf eidgenössische Auszeichnungen. Dieser Kilchberg-Sieg vor 64 Jahren war sein eigentliches Highlight, zumal mit Walter Flach und Eugen Holzherr zwei Schwingerkönige die eigentlichen Favoriten waren. Zudem ging «Kraftmensch» Münger, der 1977 verstorben ist, noch aus einem anderen Grund in die Geschichte ein: mit dem Münger-Murks. Ein bekannter Schwingergriff im Bodenkampf. Der Gegner wird mit dem Knie am Kopf fixiert und mit roher Gewalt zieht der Angreifer an den Hosen. Über den eigenen Kopf wird der Gegner damit auf den Rücken gedreht.

Fünfmal eine 10
Ein Höhepunkt ist der Kilchberg-Sieg auch für Christian Stucki. Zwei Jahre nach seiner langen Verletzungspause nach einer Beininfektion holte der in die Diessbach aufgewachsene Lysser vom Schwingklub Unteres Seeland zum ersten ganz grossen Schlag aus. «Ich hatte mit sechs Saisonsiegen und elf Kränzen eine Supersaison hinter mir und reiste mit viel Selbstvertrauen zum Fest», erinnert er sich 13 Jahre später. Er gehörte zum erweiterten Favoritenkreis. Mit 23 Jahren bodigte Stucki der Reihe nach die Innerschweizer Martin Grab, kurz vor Ablauf der Zeit, und Thomas Arnold, den Nordwestschweizer Thomas Zindel, den Nordostschweizer Toni Rettich sowie den Südwestschweizer Stefan Zbinden mit der Höchstnote 10. Am Ende genügte ihm ein Gestellter gegen den Berner Trainingskollegen Matthias Sempach. «Ich wollte zwar auch da noch gewinnen, musste aber auf der Hut sein. Im Laufe des Kampfes stellte ich mich auf einen Gestellten ein», analysiert er heute noch.

Sechs Jahre später wollte Christian Stucki das schaffen, was zuvor nur Karl Meli 1967 und 1973 gelungen war: zum zweiten Mal Kilchberg-Sieger. «Ich zog keinen guten Tag ein», sagt Stucki. In einer Saison mit immerhin zehn Kränzen und zwei Siegen. Der schliesslich Siebtplatzierte (das Fest gewann Matthias Sempach vor Bernhard Kämpf und ex aequo Florian Gnägi und Daniel Bösch) stellte zu Beginn gegen Daniel Bösch, dann noch einmal im dritten Gang gegen Reto Nötzli, der nur auf diesen Gestellten aus war. Damit war der Traum von der zweiten Schlussgangteilnahme vorbei. Mit einem weiteren Gestellten am Ende, Benji von Ah, sowie den drei Siegen gegen Michael Bless, Bruno Gisler und Thomas Zaugg reiste der Seeländer enttäuscht nach Hause.

Und jetzt, drei Wochen nach seiner Operation an der Schulter? Christian Stucki, inzwischen mit dem Unspunnen-Sieg 2017 und dem Titel als Schwingerkönig 2019 im Gepäck, bleibt nicht etwa daheim und schaut sich das Fest am Fernseher an. «Ich reise mit, weil ich die Berner vor Ort unterstützen will.» Es wird ein anstrengender Tag auch ohne Einsatz. «Ich muss aufpassen, dass mir niemand auf die Schulter klopft», sagt der 36-Jährige und schmunzelt. Er möchte sich aber darauf konzentrieren, die Kollegen zu motivieren, sie auf ihre Einsätze vorzubereiten, allenfalls sie auch zu trösten und weiter aufzumuntern. «Ich bin einfach da, weil ich das Gefühl habe, dass ich hier mehr machen kann als daheim.»

Die Ausgangslage ist auch für den Seeländer klar: Samuel Giger und Joel Wicki sind die eigentlichen Favoriten. Kilian Wenger kommt dem Duo aber sehr nahe. «Wir haben eine sehr gute Truppe beisammen. Mit jungen Schwingern, die aufblühen, die bei ihrer Feuertaufe am Kilchberger durchaus etwas reissen können. Der Mix mit den routinierteren Akteuren stimmt. Überraschungen hat es schon immer gegeben», weiss Stucki. Für ihn zählt im Laufe des Wettkampfes auch der Teamgedanke. «Jeder soll seine Chance packen. Aber an einem solchen Fest kommen Momente, in denen man auch für das Team einstehen muss.» Und sich etwa mit einem gestellten Gang zufriedengeben.

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Im Zeitplan
Christian Stucki verletzte sich am 8. August beim Bernisch-Kantonalen in Aarberg. Diagnostiziert wurde ein Abriss der Bizeps- und Schultersehne. Vor etwas über drei Wochen, am 30. August, wurde er operiert. Sechs Wochen lang benötigt er eine Schlinge. Neben den täglichen Kräftigungsübungen ist der Lysser zweimal pro Woche in der Physiotherapie. Nach seinen Ferien ab Mitte Oktober etwa wird er mit dem Aufbautraining unter seinem Personalcoach Tommy Herzog beginnen. Anfang Jahr sollte Stucki wieder mit dem Schwingtraining beginnen können. bmb

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