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Eishockey

«Manchmal muss man eine Aussage auch revidieren dürfen»

Martin Steinegger erklärt, warum er beim Olofsson-Transfer gegen seine Prinzipien handelte. Zudem sagt der Sportchef des EHC Biel, was ihn am letzten Auftritt des Teams gestört hat.

Martin Steinegger ist seit zehn Jahren Sportchef, er sagt: «Wenn ich etwas gelernt habe, dann das, dass es keinen Unterschied macht, ob du dir vor dem Einschlafen viele Sorgen machst oder nicht: Am nächsten Tag sind die Probleme so oder so noch da.» mak
Interview: Moritz Bill
 
Martin Steinegger, die Mannschaft geniesst diese Woche Ferien. Sie auch?
Martin Steinegger: Nein, ich gehe später noch ein paar Tage Skifahren. 
 
Weil Sie vorher noch einen weiteren ausländischen Spieler verpflichten müssen?
Der Transferschluss ist Ende Februar. Man kann davon ausgehen, dass wir bis dahin noch aktiv werden. 
 
Sie haben noch drei Ausländerlizenzen zur Verfügung. Von wie vielen machen Sie Gebrauch?
(zuckt mit den Schultern).
 
Verwenden Sie eine für Jesper Olofsson, Langnaus Topskorer, der nächste Saison nach Biel wechselt? Langnau wird die Playoffs ja mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht schaffen. 
Das ist erstens nicht unser Entscheid und zweitens forcieren wir nichts. Im Sinn von einer fairen Meisterschaft finde ich es wichtig, dass alle Mannschaften bis zum Schluss so gut wie möglich aufgestellt sind. Die Spiele im März können für die Gegner noch entscheidend für die Playoff-Plätze sein. 
 
Aber wenn sich Langnau doch noch anders besinnt und ihn freigibt, würden Sie doch nicht Nein sagen?
Ich will es nicht komplett ausschliessen. Man muss das Ganze jedoch auch noch unter einem anderen Aspekt anschauen: Olofsson hat seit seinem Ausfall wegen Corona nicht mehr gespielt. Jetzt folgen weitere Wochen Pause. Da muss man es sich gut überlegen, ihn unter diesen Umständen schon nach Biel zu lotsen. Wenn es dann nicht wunschgemäss läuft, wäre das künftige Arbeitsverhältnis bereits vorbelastet. 
 
Ihr Grundsatz lautet, keine Ausländer-Transfers innerhalb der Liga zu tätigen, weil: zu teuer. Warum sind Sie bei Olofsson von dieser Linie abgekommen?
Zu dem stehe ich immer noch. Aber manchmal muss man eine Aussage auch revidieren dürfen, wenn es die Situation erlaubt. Bei ihm gab es mildernde Umstände bezüglich des Preises.
 
Mildernde Umstände?
Er wollte schlicht in der Gegend bleiben. Sein Agent hat ihn mir ungefragt angeboten. Das Übereinkommen lautete, dass sie uns einen Preis nennen, der nicht mehr verhandelt wird und wir ein Zeitfenster angeben, in welchem er sich entscheiden muss. Und so kam der Deal innerhalb weniger Tage zustande. 
 
Aber ein bisschen aufstocken mussten Sie das Budget dafür schon.
Nein, er passt in unser Gehaltsgefüge. 
 
Planen Sie mit fünf oder sechs Ausländern für nächste Saison? Wenn es einen Aufsteiger gibt, sind sechs erlaubt.
Grundsätzlich mit fünf, den sechsten sehen wir als Joker. Wenn sich Möglichkeiten ergeben, werden wir diese sicher prüfen. 
 
Zum Beispiel für einen Goalie, falls Joren van Pottelberghe nach Nordamerika gehen würde?
Ja, falls dies eintrifft, werden wir einen ausländischen Torhüter verpflichten. Vielleicht wäre es für Joren noch ein Jahr zu früh, doch sollte er die Möglichkeit erhalten, muss er sich das gut überlegen. Die Türe zur NHL öffnet sich eventuell nur einmal. 
 
Wie sieht es bezüglich der Verpflichtung von anderen Ausländern für den Rest der Saison aus?
Die KHL könnte nächstens für Bewegung auf dem Transfermarkt sorgen. Es kursieren Gerüchte, dass sie nach der Olympiapause die Qualifikation gar nicht wieder aufnehmen, sondern direkt in die Playoffs starten. Dann würden natürlich ein paar Spieler frei werden. 
 
Lauri Korpikoski ist noch überhaupt nicht auf Touren gekommen. Kann man da noch mehr erwarten?
Wir waren uns bewusst, dass er etwas an Zeit benötigen würde. Aber dann folgte bald die schwere Gehirnerschütterung und eine langwierige Covid-Erkrankung. So wie es bis jetzt gelaufen ist, war für beide Seiten unbefriedigend. Wir benötigen mehr von ihm und er will mehr beitragen. Er ist in verschiedenen Rollen einsetzbar, als Center, Flügel, defensiv oder im Powerplay. Das könnte uns je nachdem noch hilfreich sein. 
 
Von den begehrten Spielern, deren Verträge Ende Saison ausgelaufen wären, zieht nur Michael Hügli weiter. Hand aufs Herz: Das hätten Sie selbst nicht für möglich gehalten? 
Ich war davon ausgegangen, dass wir minimum zwei dieser Spieler nicht werden halten können. Wie es nun gekommen ist, war sicher das Best-Case-Szenario.
 
Wie haben Sie sie überzeugt?
Ich glaube, die meisten Spieler wissen, was sie in Biel haben und sehen, was andernorts abgeht. Und wir zahlen nicht viel tiefere Saläre als andere Klubs. Das hat wohl alles zusammen gespielt. 
 
Sie setzen auf Kontinuität. Auch der Trainerstab bleibt unverändert. 
Wir hatten in den letzten zwei Jahren viele Wechsel. Umso wichtiger ist diese Kontinuität nun, um vielleicht mal ganz oben anzugreifen. 
 
Sie können sich auf einen gemütlichen Sommer freuen. Das Team steht grösstenteils. 
Ich verbrachte in den letzten Jahren eigentlich immer gute Sommermonate. Wenn ich etwas als Sportchef gelernt habe, dann das, dass es keinen Unterschied macht, ob du dir vor dem Einschlafen viele Sorgen machst oder nicht: Am nächsten Tag sind die Probleme so oder so noch da. Wir haben bis jetzt immer Lösungen gefunden. 
 
Rund 80 Prozent der Qualifikationsspiele sind absolviert, der EHC Biel liegt auf dem 5. Platz. Dort, wo er hingehört?
Wenn man die Teams rein auf dem Papier vergleicht, dann passt das in etwa, ja. Aber das heisst nicht, dass ich damit zufrieden bin. 
 
In den letzten Wochen fiel auf, dass Biel gegen schlechter klassierte Mannschaften zwar immer gewinnt, aber gegen bessere – oder solche mit einem Lauf wie Genf – stets verliert. Das muss Ihnen doch im Hinblick auf die Playoffs Sorgen bereiten. 
Schauen wir uns die letzten Spiele doch genauer an: In Zug zeigten wir den vielleicht besten Match bis anhin, schafften es aber leider im zweiten Drittel, das wir dominierten, nicht, Tore zu erzielen. Gegen Zürich waren wir hervorragend gestartet, verloren dann aber etwas die Geduld und forcierten die Offensive zu stark. Und in Genf hatten wir einen schlechten Start verzeichnet, hätten aber trotzdem gewinnen können. Natürlich müssten wir aus diesen Matches ein paar Punkte mehr mitnehmen, aber grundsätzlich war ich zufrieden.
 
Was fehlt denn, dass man auch diese engen Partien für sich entscheiden kann? Alle gingen in der Überzeit verloren.
Nuancen. Wie gesagt, die Leistung war mehrheitlich sehr gut. Viel ändern müssen wir nicht. Aber klar: Wir werden in den Playoffs auf Top-Mannschaften treffen. Mich stimmt zuversichtlich, dass sich nach den vielen verletzungsbedingten Ausfällen zu Beginn die Linienkonstellationen mittlerweile ergeben haben und gut funktionieren. 
 
Die beiden letzten Spiele vor der Olympiapause waren dann nicht mehr so berauschend.
Die haben mir gar nicht gefallen. Gegen Freiburg spielten wir nur rund zehn Minuten unser wirkliches Eishockey. Wieso man das Gefühl hat, dass man auf diese Art und Weise einen Match gegen den Leader gewinnen kann, kann ich mir nicht erklären. 
 
Arroganz?
Das können Sie schreiben, ich nehme dieses Wort nicht in den Mund. Wohl eher mangelnder Respekt: vor dem Spiel, vor dem Gegner und letztlich auch vor den Teamkollegen. 
 
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Darum setzt Steinegger auf Forster

Unlängst hat Martin Steinegger den Vertrag mit Beat Forster um eine weitere Saison verlängert. Bei einem mittlerweile 39-Jährigen drängt sich die Frage nach der berühmt-berüchtigten «Saison zu viel» auf. Der EHCB-Sportchef schüttelt den Kopf: «Er ist ein sicherer Wert in unserer Verteidigung und ich sehe keinen Grund, warum er das kommende Saison nicht mehr sein sollte.» Zudem verschaffe sich Forster bei den Gegnern nach wie vor Respekt. «Auch wenn er nicht mehr ganz so böse spielt; ihn musst du zuerst einmal wegschieben können.» Dass er für die jüngere Generation in der Verteidigung eine Mentorenrolle übernommen hat, sei zwar ein zusätzlicher Pluspunkt, doch Steinegger sagt auch klar: «Die Leistung auf dem Eis ist das entscheidende Kriterium.» Nicht zu vergessen ist zudem das Versprechen, dass Forster nach seiner Ankunft in Biel abgegeben hat: Nämlich, dass er hier Meister werden will. 
 
Nun sind nur noch die Dossiers von Karaffa, Schneeberger und Stampfli offen. Ob sie eine Zukunft in Biel haben, beziehungsweise, wann darüber entschieden wird, sagt Steinegger nicht. «Das ist ein laufender Prozess.» bil

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