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Studie

Wo Seeländer am meisten sparen können

Werden alle Lebenskosten berücksichtigt, ist das Leben in Twann teuer, in Biel Durchschnitt und in Walperswil billig. Dies sagt eine Studie der Credit Suisse.

Der Credit-Suisse-Index für die Region Biel-Seeland und Berner Jura. Grafik: BT/ml
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Lotti Teuscher

Twann mit seinem historischen Dorfkern, den Rebbergen und dem Bielersee ist ein Dorf, das Tausende Touristen anzieht. Wer indessen Geld sparen will, sollte diese Gemeinde eher meiden. Denn zusammen mit Mörigen am gegenüberliegenden Ufer, lebt es sich in diesen Gemeinden am teuersten im ganzen Seeland.

Die Credit Suisse erstellt jedes Jahr eine Studie, in der eruiert wird, in welchen Gemeinden das Leben am günstigsten und wo es am teuersten ist. Berücksichtigt werden 2300 Schweizer Städte und Dörfer. Dabei ist der Steuerfuss nur ein Kriterium, ebenso zählen Wohnen, Pendeln, Krippe und Krankenkasse. Nach Abzug all dieser Ausgaben verbleibt das frei verfügbare Einkommen, das gemäss der Studie in der Schweiz sehr unterschiedlich ist.

Margrit Bohnenblust, Gemeindepräsidentin von Twann, muss zuerst nachdenken, um die Fragen zu beantworten, wieso das Leben dort teuer ist: «Der Steuerfuss von 1,65 kann nicht ausschlaggebend sein.» Gleiches gilt für Mörigen: Die Gemeinde gehört zu den steuergünstigsten im Seeland.

Wichtiger sei wohl, dass es in Twann keine Billigwohnungen in Form von Wohnblöcken gebe, sagt Margrit Bohnenblust. Twann habe auch keine Möglichkeit, auf verdichtetes Wohnen zu setzen: «Bezüglich Höhe und Breite gibt es zahlreiche Auflagen.» Und wer sein Haus im historischen Ortskern sanieren möchte, muss viel Geld in die Hand nehmen, denn dieser steht unter Ortsschutz. Entsprechend teuer sind sanierte Wohnungen.

Die Kriterien für die Wahl des «richtigen» Wohnortes sind gemäss der Credit-Suisse-Studie vielfältig: Wohnlage und Infrastrukturangebot, Verfügbarkeit passender Wohnobjekte, Emotionen und persönlicher Vernetzung spielen eine Rolle. Ausschlaggebend sind aber auch die Finanzen: Wer in Genf, Zug oder Basel Stadt leben will, muss tief ins Portemonnaie greifen – teurer als in diesen Städten lebt es sich nirgendwo sonst in der Schweiz.

Gemäss den Ökonomen der Credit Suisse sollten Haushalte für die Beurteilung der finanziellen Wohnattraktivität sowohl die Steuerbelastung als auch andere obligatorische Abgaben berücksichtigen. Und weiter die Höhe der Eigenmietwertbesteuerung für Wohneigentümer. Darüber hinaus sind es die oben genannten Fixkosten.

Biel ist Durchschnitt

Über alles gesehen, entsprechen die Lebenskosten in Biel in etwa dem Schweizer Durchschnitt. Bezüglich wohnen sei die Stadt sogar billig, sagt Gemeinderätin Silvia Steidle: «Im Vergleich mit den zehn grössten Schweizer Städten wohnt es sich in Biel am günstigsten.» In Winterthur sind die Mietzinsen in den letzten fünf Jahren um 9 Prozent gestiegen, in Neuenburg um 7 Prozent – in Biel sind sie, ebenfalls bezogen auf den Quadratmeterpreis, gesunken. Zwar mussten die Steuern leicht erhöht werden (das BT berichtete), dennoch sind die Lebenskosten tiefer als in Leubringen, das weniger Steuern verlangt.

Offen bleibt, weshalb das Leben in Lyss etwas günstiger ist als in Biel. Gemeindepräsident Andreas Hegg nimmt das gute Abschneiden seiner Gemeinde mit einem Schulterzucken hin: «Natürlich macht es Freude, dass Lyss gut abschneidet. Dennoch bleibt die Studie lediglich eine Statistik.» Wichtiger sei, dass die Gemeinde einen guten Mix aus Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit biete.

Insgesamt lebt es sich laut der Studie in Agglomerationen und ländlichen Gebieten günstiger als in Städten. Dies trotz höherer Mobilitätskosten. Zumal die Wohnkosten und die Krankenkassenprämien – die in Städten meist höher sind – bei kleinen Einkommen besonders stark ins Gewicht fallen.

Hier wird es billig

Am günstigsten lebt es sich im Kanton Uri. Im Seeland sind es die Gemeinden wie Walperswil, Epsach und Brüttelen – Gemeinden also, die nicht am Seeufer liegen. Denn Seeanstoss oder Seesicht verteuern die Bodenpreise. Zu den relativ günstigen Gemeinden gehört Täuffelen. Gemeindepräsident Andreas Stauffer erhofft sich dadurch einen Vorteil: «In Täuffelen gibt es relativ viel Bauland. Aber die Besitzer verkaufen nicht.» Vielleicht motiviere das gute Abschneiden die Besitzer, Land zu verkaufen, damit die Gemeinde weiter wachse.

Bleibt noch die Frage, wieso das Leben auf der St. Petersinsel sehr teuer ist, obwohl dort kein Mensch einen festen Wohnsitz hat. Die Antwort ist simpel: Die Insel gehört zur Gemeinde Twann.

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Die Studie

Ein Kriterium zur Beurteilung der finanziellen Wohnattraktivität ist das frei verfügbare Einkommen. Die Kennzahl der Credit Suisse schliesst sämtliche wohnortsgebundenen Kosten ein. Seit 2006 berechnen die Ökonomen der Credit Suisse das frei verfügbare Einkommen in den rund 2300 Gemeinden für eine Vielzahl von modellhaften Haushaltstypen. LT

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