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Aus dem Grossen Rat

Alle können mitbestimmen

«Regt di das nid uf?» Das hat mein Mann diese Woche gefragt, als wir gemeinsam einen der Filme anschauen, die aktuell zum 50-Jahr-Jubiläum des Frauenstimmrechts ausgestrahlt werden.

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«Regt di das nid uf?» Das hat mein Mann diese Woche gefragt, als wir gemeinsam einen der Filme anschauen, die aktuell zum 50-Jahr-Jubiläum des Frauenstimmrechts ausgestrahlt werden. Selbstverständlich regt mich die Ignoranz gegenüber Frauen in diesem Film auch auf, aber noch mehr regt mich auf, dass die Geschichte in diesem Film nicht älter ist als 50 Jahre. Dazu kommt, dass damals nicht alle Frauen das Stimm- und Wahlrecht in den Kantonen bekamen. Die Frauen in Appenzell Innerrhoden mussten bekanntlich noch 19 Jahre länger warten.


Ich war im Jahr 1990 als Zaungast an der Landsgemeinde in Appenzell und habe mit meiner Freundin gespannt auf die Abstimmung im Ring gewartet, ob nun auch der letzte Kanton in der Schweiz den Frauen das Stimm- und Wahlrecht erteilt. Es war eine eigenartige Stimmung mit einer deutlichen Anspannung, vor allem bei den weiblichen Zaungästen. Viele Frauen hofften, dass es nun endlich so weit ist und sie ihre Rechte bekommen würden. Leider war das Abstimmungsresultat niederschmetternd, und ich erinnere mich, dass eine Anwohnerin des Landsgemeindeplatzes haufenweise Geschirr zum Fenster hinausschmiss und so ihre Wut und Ohnmacht kundtat. Die Situation war für uns Bernerinnen nicht fassbar, wir konnten nicht verstehen und schon gar nicht begreifen, was da vor sich ging. Eigentlich waren wir auf der Hinfahrt überzeugt gewesen, dass wir an diesem Sonntag Ende April 1990 einen historischen Moment miterleben dürfen. Nun ja, er war ja dann auch irgendwie historisch, aber so gar nicht in unserem Sinn.


Ich darf seit meiner Volljährigkeit abstimmen und wählen und ich nehme dieses Recht regelmässig wahr. Aber ich wünsche mir, dass alle Bürgerinnen und Bürger ihr Stimm- und Wahlrecht wahrnehmen, genau in diesem Punkt haben wir in der Schweiz heute wirklich Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern. Wenn ich die Stimmbeteiligungen anschaue und diese höher ist als 50 Prozent, bin ich schon sehr zufrieden, dabei sollte ich erst bei 100 Prozent zufrieden sein. Alle Frauen und Männer mit Stimmrecht können mitgestalten in der Gemeinde, im Kanton und beim Bund. Als Grossrätin kann ich nicht verstehen, wieso die Bevölkerung uns nicht vermehrt den Weg zeigt, den wir einschlagen sollen. Abstimmungsvorlagen, die mit einer grossen Stimmbeteiligung bewertet werden, sind wegweisend für die Politik.
Am 7. März ist Abstimmungssonntag, und ich hoffe sehr, dass alle ihr Stimmrecht wahrnehmen und wir wenigstens im Seeland eine Stimmbeteiligung erreichen, die sich zeigen kann. Wir können im Rathaus nur gute Politik machen, wenn wir vom Stimmvolk die gewünschte Richtung erfahren.

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