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Wochenkommentar

Die Wehrbrücke wird noch während Jahren für Kopfzerbrechen sorgen

Auf der Wehrbrücke zwischen Port und Brügg dürfen Fahrzeuge seit zwei Wochen nur noch mit 30 km/h verkehren, über 3,5 Tonnen schweren Lastwagen ist die Durchfahrt ganz untersagt. Statische Berechnungen haben aufgezeigt, dass der Zustand der Brücke viel kritischer ist als angenommen.

Bild: Carmen Stalder

Carmen Stalder

Innert kürzester Zeit verhängte der Kanton deshalb Sicherheitsmassnahmen, um die Belastung zu verringern. Es ist allerdings nicht so, dass niemand um den schlechten Zustand der Brücke gewusst hätte. Gemäss Kurt Schürch vom kantonalen Tiefbauamt hat es in den letzten Jahren an der Brücke immer wieder Schäden gegeben, die geflickt werden mussten. Er habe deswegen ein «ungutes Gefühl» gehabt. Und auch die Gemeinden Port und Brügg, die durch die Brücke miteinander verbunden sind, wussten, dass das über 80-jährige Bauwerk in die Jahre gekommen ist.

Dennoch haben weder der Kanton noch die Gemeinden eine Inspektion veranlasst. Kantonseigene Bauwerke wie Brücken, Stützmauern und Tunnels werden eigentlich alle fünf Jahre auf ihren Zustand geprüft. Doch obwohl der Kanton im Grundbuchamt als Besitzer der Wehrbrücke eingetragen ist, fühlte er sich nie für die darüber verlaufende Gemeindestrasse zuständig. Die Gemeinden sahen sich ebenso wenig in der Pflicht und kamen der Aufforderung des Kantons nach einer Kontrolle nicht nach. Wollten etwa beide Seiten einer unschönen Entdeckung aus dem Weg gehen, die sie viel Geld kosten könnte? Klar ist nun jedenfalls, dass die leidige Debatte um die Zuständigkeit nicht erst seit der Teilsperrung, sondern seit mindestens eineinhalb Jahren geführt wird. Damals nämlich trat der Kanton mit seiner Bitte erstmals an die Gemeinden.

Heute können alle von Glück reden, dass der Kanton schliesslich doch noch eine Inspektion durchführen liess. Das Resultat ist bekannt, bei unveränderter Belastung hätte die Brücke in ein paar Jahren einstürzen können. Was nun jedoch auffällt: Sowohl Kanton als auch Gemeinden haben mit völliger Planlosigkeit auf den Befund reagiert. Es wirkt, als sei die Diagnose für sie aus heiterem Himmel gekommen. Und so gibt es nun eine ganze Reihe von offenen Fragen – auf die derzeit niemand eine Antwort zu haben scheint.

Mit der ungeklärten Zuständigkeit befasst sich derzeit das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Dann wäre da die Kontrolle der neuen Verkehrsmassnahmen: Noch ignorieren viele Auto- und Lastwagenfahrer die angepasste Signalisation. Sicherheitsmassnahmen, die nicht eingehalten werden – das bringt schlicht nichts. Deswegen sollten die beiden Gemeinden, der Kanton und die Polizei schleunigst zusammensitzen und sich überlegen, wie die Teilsperrung und Tempo 30 auch wirklich durchgesetzt werden können. Ein Geschwindigkeitsmesser mit traurigem Smiley wird dafür kaum ausreichen.

Ein offener Punkt ist die Verlagerung des Schwerverkehrs durch Nidau. Im Stedtli erhofft man sich seitens des Kantons Gesprächsbereitschaft, etwa was das Anbringen einer Umleitungs-Signalisation anbelangt. Beim Tiefbauamt heisst es jedoch, dass das nichts bringe. Im Gegensatz zu zeitlich befristeten Baustellen gebe es im Strassennetz sehr viele dauernde Beschränkungen ohne entsprechende Umleitungen. Mit dieser Antwort wird sich Nidau nicht zufriedengeben – so tönt es jedenfalls sowohl aus dem Gemeinde- als auch dem Stadtrat.

Weiter ist unklar, wie lange der jetzige Zustand anhalten wird. Ports Gemeindepräsident Beat Mühlethaler (SVP) hat an einer Infoveranstaltung gesagt, dass gut acht Jahre vergehen könnten, bis wieder Lastwagen über die Brücke fahren dürfen. Zuerst müsse nun geklärt werden, ob die Brücke überhaupt saniert oder gleich ganz ersetzt wird. Danach muss ein Projekt ausgearbeitet, die Finanzierung gesichert und die Arbeiten ausgeführt werden. Allzu tief ist seine Schätzung entsprechend kaum angesetzt.

Schliesslich gibt es noch einen weiteren ungewissen Aspekt: Sobald dereinst der A5-Westast mit Porttunnel eröffnet wird, ist vorgesehen, die Wehrbrücke nur noch für den Langsamverkehr zu nutzen. Autos und Lastwagen sollen dann über eine neue Autobahnbrücke fahren. Nun kann man sich erstens fragen, ob es sich denn überhaupt lohnt, die lädierte Brücke mit einem teuren Neubau zu ersetzen, wenn dieser ein paar Jahre später nur noch für Fussgänger und Velofahrer benötigt wird? Mühlethaler glaubt zwar, dass dies unumgänglich sei, schliesslich müsse ja auch der ganze Baustellenverkehr den Nidau-Büren-Kanal queren können. Aber ob dann nicht eine provisorische Lösung mehr Sinn macht? Und zweitens: Sollte der Autobahnzubringer am rechten Bielerseeufer mit Porttunnel und Autobahnbrücke jetzt nicht doch losgelöst vom restlichen Umfahrungsprojekt möglichst rasch umgesetzt werden? Anfang Monat meinte der Regierungsrat zu einem entsprechenden Vorstoss zwar, man solle damit noch zuwarten. Doch die Debatte rund um die Wehrbrücke verändert die ganze Situation. Und bringt nun eine weitere Frage ins Spiel, die in nächster Zeit diskutiert werden muss.

cstalder@bielertagblatt.ch

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