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Wenn Smartphone-Spiele endlich wieder Spass machen

Apple Arcade ist ein neuer Abo-Dienst für Videospiele. Das ist für die Gamebranche keine Revolution, aber die Spielauswahl überzeugt durch Qualität und Benutzerfreundlichkeit.

Viele bunte und düstere Spiele: Apple Arcade überzeugt mit einer sehr grossen Spielauswahl. Bild: zvg
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Simon Dick

Als Apple im Frühling zum ersten Mal seinen neuen Dienst vorstellte, waren Kennerinnen und Kenner der Videospielbranche misstrauisch. Ein neuer Abo-Dienst, der Videospiele anbietet und den ansonsten schon übersättigten Markt aufmischen möchte, schuf im Vorfeld viel Skepsis.

Nun ist Apple Arcade erhältlich und sorgt prompt dafür, dass Handy-Spiele endlich wieder Spass machen.  Denn die meisten Spiele für das Smartphone oder Tablet sind oft von minderer Qualität und vollgestopft mit Möglichkeiten, für echtes Geld noch Zusatzinhalte zu kaufen. Der neue Apple-Dienst  stellt sich erfreulicherweise gegen diesen Trend der schnell und billig produzierten Spielchen für zwischendurch.

Keine Werbung, viel Exklusivität
Apple Arcade hat im App Store ein eigenes Kapitel erhalten. Der werbefreie Abo-Service kostet sechs Franken im Monat. Wer noch nicht sicher ist, ob er oder sie am Dienst Gefallen findet, kann Apple Arcade einen Monat lang gratis testen. Nach dieser Dauer wandelt sich der Testmonat automatisch in ein Abo um, sofern nicht aktiv gekündigt wird.

Apple Arcade läuft auf dem iPhone mit iOS 13. Wer sein Apple-Gerät also schon lange nicht mehr aktualisiert hat, muss dies vorher zwingend machen. Wer den Dienst abonniert, bekommt Zugriff auf mehr als hundert Spiele. Viele weitere sollen noch folgen. Die Spiele lassen sich nach dem Herunterladen auch offline spielen. Mit einem Abo können bis zu sechs Familienmitglieder am Spielspass teilnehmen. Alle Videospiele sind exklusiv nur über Apple Arcade via iPhone, iPad, iPod touch, Apple TV und zu einem späteren Zeitpunkt auch via Mac konsumierbar.

Viele Perlen, kein Einheitsbrei
Stöbert man durch die Spielbibliothek fällt dem geschulten Auge auf, dass Apple mit seiner Auswahl stark auf Qualität setzt. Fast alle Spiele zeichnen sich durch einen aussergewöhnlichen Grafikstil oder eine interessante Spielmechanik aus. In den über hundert Spielen findet man schnell eine Perle, die sich erfreulich vom ideenlosen Einheitsbrei, der auf dem Massenmarkt dominiert, abhebt.

Auch die verschiedenen Genre-Vorlieben werden mit Apple Arcade bestens befriedigt. Es gibt simple Rätselspiele, rasante Weltraumschlachten, Rennspiele, Hüpfabenteuer, Detektivgeschichten, einfache Retro-Spiele mit angesagter Pixelgrafik und auch epischere Geschichten, die man erleben darf. Von kurzweiligen Spielchen für zwischendurch bis zu abendfüllenden Videospielen ist alles dabei.

Viel Seele, viel Tiefgang
Dass Apple auf hohe Software-Qualität setzt, zeigen die folgenden drei Spiele, die besonders mit einer aussergewöhnlichen Hintergrund- oder Entstehungsgeschichte, sowie Atmosphäre punkten können:

Oberflächlich betrachtet ist «The Enchanted World» ein Spiel über Magie, in dem diverse Schiebe-Rätsel gelöst werden müssen. Doch die Schöpfer Ivan Ramadan und Amar Zubcevic haben darin Teile ihrer Kindheit verarbeitet, als in den 90er-Jahren auf dem Balkan der Krieg ausbrach. Damals flüchteten sie sich in eine Fantasiewelt, um dem schrecklichen Alltag zu entkommen. Ihr kreiertes, virtuelles Märchen ist nun mit diesem Spiel selber erlebbar.

In «Overland» begeben sich die Spielerinnen und Spieler auf einen Roadtrip durch ein postapokalyptisches Nordamerika. Wie auf einem Schachbrett muss man jeden einzelnen Schritt genau überlegen. Es gilt Objekte zum Überleben zu horten und sich gegen Feinde zu behaupten. Was sich keineswegs spektakulär anhört, überzeugt jedoch mit einer bedrückenden Optik, die mit Minimalismus und sehr viel Atmosphäre punktet.

«Projection: First Light» ist ein visuelles Meisterwerk. Die Grafik schafft die Illusion, als ob man einem Scherenschnitt-Theater beiwohnen würde. Licht und Schatten dominieren, dazu wird eine sinnliche Musik gespielt. Ein einsames Mädchen, das einem leuchtenden Schmetterling folgen möchte, steht im Zentrum. Ihre Suche nach dem fliegenden Wesen hat Konsequenzen für ihre Umwelt und vor allem für ihre Familie.

Fazit: Für nur sechs Franken pro Monat bekommt man Zugang zu einer Vielzahl von Videospielen, die fast alle mit Originalität und guter Spielbarkeit punkten. Dass man keine Werbung ertragen muss und Kaufmöglichkeiten für Zusatzinhalte fern bleiben, ist eine Wohltat. Apple Arcade eignet sich nicht nur für die Gelegenheitsspieler, sondern besitzt auch umfangreichere Spiele für die Profis. Besonders den Eltern sei dieser Dienst empfohlen. Viele Spiele sind nicht nur pädagogisch wertvoll, sondern teilweise auch äusserst lehrreich. Solche Inhalte sind in der aktuellen Videospiellandschaft selten.

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«Stadia» von Google ist im Anmarsch
Im November wird bereits ein nächster Abo-Dienst für Videospiele auf den Markt losgelassen. Mit dem Service «Stadia» will Google in den Videospielmarkt vordringen und sich vom Kuchen ein grosses Stück abschneiden.

«Stadia» ist wie Apple Arcade kein physisches Projekt, keine herkömmliche Spielkonsole. Es wird zwar einen Controller zur Bedienung der Spiele geben, aber die Inhalte werden via Streaming-Technologie auf die Bildschirme geholt. Die Spiele werden also auf keinem Gerät installiert, sondern warten auf einem Server in einem Datenzentrum, der den Inhalt dann an das Endgerät streamt. Somit kann man den Unterhaltungsinhalt auf dem Computer, dem Smart-TV oder auf dem Smartphone oder Tablet ohne Ladezeiten konsumieren. Dazu braucht es den hauseigenen Webbrowser Chrome. Der Google-Dienst benötigt also im Gegensatz zu Apple Arcade eine ständige und gute Internetverbindung.

Die drei grossen Spielefirmen Sony, Microsoft und Nintendo haben bereits ähnliche Abo-Dienste im Angebot, um diverse Videospiele zu konsumieren. Mit «Playstation Now» hat Sony einen Service erschaffen, wo man gegen eine Abogebühr aus einer Vielzahl von Spielen die passende Unterhaltung aussuchen kann (das BT berichtete). Ähnlich gehen Microsoft mit dem «Xbox Game Pass» und Nintendo mit «Nintendo Switch Online» auf Kundenfang. sd

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