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«Playstation VR»

«Ich bin kaputt, will aber viel mehr!»

Unser Digitalredaktor hat sich am Wochenende wortwörtlich von der Realität verabschiedet. Die neue «Playstation VR» wurde stundenlang ausgiebig getestet. Ein ehrliches Fazit.

Die «Playstation VR», Bild: zvg

von Simon Dick

Wahnsinn! Es ist immer noch schwierig in Worte zu fassen, was man da genau erlebt, welche Gefühlswellen, über mich hereinbrechen und wie ich durchgerüttelt werde. Wenn ich in einem Cockpit sitze und überdimensionale Raumschiffe über meinen Kopf hinweg fliegen, wenn ich an einem Tisch sitze und Personen, die nicht real sind, sich mit mir direkt vor meinem Gesicht unterhalten, wenn Roboter bedrohlich auf mich zu stampfen, da wird mir ganz anders.

Ich bin mittendrin. Ich kann den Kopf drehen, nach unten sehen, nach oben. Ich bin drin. Ich bin in einer virtuellen Welt. Und das fühlt sich gut an. Vorerst. Bei den eher ruhigeren Spielen, wo man mehr passiv etwas beobachtet, kann ich lange, lange mit der VR-Brille vor dem Gesicht verweilen. Ich tauche hinab in tiefes Wasser und beobachte die Fische. Herrlich. Ich stehe auf einem Fussballfeld und versuche mit Kopfbewegungen die Bälle ins Tor zu kriegen. Gemütlich. Ich sitze in einem virtuellen Büro und gehe meinem Tagesgeschäft nach. Simpel aber faszinierend.

Doch wenn ich mich dann auf ein virtuelles Schlachtfeld begebe, Raumschiffe abschiessen muss, Verfolgungsjagden in London absolviere oder in einer Geisterbahn sitze und zusätzlich auf schreckliche Gestalten ballern muss, dann meldet sich mein Körper. Ich schwitze, mein Puls rast, mein Magen fühlt sich komisch an. Meine Sinne geraten durcheinander. Ich muss abbrechen, eine Pause einlegen und erst mal durchatmen.

Nach ein paar Minuten geht es wieder und ich tauche wieder ein. Dieses Mal schaffe ich es länger, mich den Welten auszusetzen. Mein Körper gewöhnt sich langsam daran. Doch mehr als eine Stunde am Stück schaffe ich nicht. Die Alarmglocken ertönen wieder. Dennoch: Was für ein Spass!

Ganz schlimm ist das virtuelle Autofahren. Zwar kann ich mich immer länger hinter das Lenkrad setzen. Doch nach ein paar Runden brauche ich wieder eine Pause. Mein Magen meldet sich wieder und Schwindelgefühle setzen ein. Es ist ein Lernprozess, den ich durchmache. Er ist anstrengend, aber ich muss, will da durch.

Nach vielen, vielen Stunden in künstlich erzeugten Welten bin ich kaputt und schweissgebadet. Es ist ganz schön anstrengend. Aber das Erlebte ist der Wahnsinn und ich will immer mehr. Doch ich spüre, wie ich aufhören muss. Vorerst.

Als Gamer ist man sich gewohnt, dass man sich gemütlich auf das Sofa setzt oder liegt, die Konsole einschaltet und dann loslegt. Das ist mit der «Playstation VR» nicht so schnell möglich. Man muss sich zuerst mühsam installieren. Die Kamera ausrichten. Der Abstand darf nicht zu weit sein. Die Brille muss festsitzen. Die Kopfhörer müssen montiert werden. Es dauert seine Zeit, bis es losgeht. Bequemes Spielen fühlt sich anders an.

Und abgesehen davon, dass die Frisur immer schön in Mitleidenschaft gezogen wird, sieht der Kabelsalat im Wohnzimmer nicht schön aus. Nein, die «Playstation VR» sorgt für eine hässliche Ansammlung von schwarzen Kabeln, die sich auf dem Boden schlängeln. Immerhin ist dieses Chaos beim Spielen nicht ersichtlich. Ein Vorteil.

Nach mehreren, intensiven Stunden, bin ich immer noch fasziniert von der Technik und den Gefühlen, die mir diese Hardware schenkt. Auch wenn die Optik schärfer und knackiger sein könnte. Ich will immer noch mehr erleben, doch sehne ich mich gleichzeitig nach dem bequeme Spielen auf dem Sofa ohne angestrengte Haltung, die mir Muskelkater beschert.

Dennoch bin ich gespannt, was für Welten da noch auf mich warten. Denn ich habe noch lange nicht genug. Ich bin bereit für neue Erlebnisse, auch wenn mein Körper regelmässig rebellieren wird.

Info: «Playstation VR» ist ab dem 13. Oktober erhältlich. Die Version ohne Kamera kostet 479 Franken, die Version mit Kamera 519 Franken. Beide Versionen enthalten eine Demo-Disc.

Simon Dick beantwortet als Digital-Experte Leserfragen zu Computer, Netzwelt, Soziale Medien und Games.
Haben Sie eine Frage? Schreiben Sie an sdick@bielertagblatt.ch

 



 

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