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Technik

Wenn sich Körper und Gehirn streiten

Nächste Woche kommt «Playstation VR» in den Handel. Wir haben die neue Unterhaltungs-Technologie bereits ausführlich getestet. Ob die virtuelle Realität für alle geeignet ist, zeigt unser Erfahrungsbericht.

Abtauchen in eine virtuelle Welt, Bild: Keystone
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Simon Dick

Mein Körper hat Probleme. Irgendetwas stimmt nicht. Mir wird schwindelig. Ich weiss, die Welt vor meinen Augen ist nicht echt, doch mein Gehirn sieht das anders und sendet die falschen Signale in sämtliche Körperregionen. Ich schwitze, mein Puls rast. Ich will nicht aufhören, doch ich muss. Mein Körper ist im Alarmzustand. In all den vielen Jahren als Digitalredaktor habe ich unzählige, faszinierende Dinge gesehen, erlebt und gespielt. Doch die intensive Gefühlswelle, die mit der «Playstation VR» losgelöst wird, ist einzigartig. Ich will mehr davon. Viel mehr!

Mittendrin statt nur dabei
In der Rolle eines Tauchers steige ich ins tiefe Wasser hinab und betrachte die wunderschöne Welt. Fische schwimmen an mir vorbei, alles ist friedlich. Kurz ungemütlich wird es, als ein grosser Hai auf mich zuschwimmt, doch er tut mir nichts. Der Puls steigt kurz in die Höhe, doch ich beruhige mich wieder. Bei einer anderen simplen Simulation, in der es gilt Fussbälle per Kopfbewegung in ein Tor zu schiessen, bleibe ich zwar ruhig, aber auch hier spüre ich intensiv, wie mein Gehirn mit dem Körper versucht zu kommunzieren.

Bei Action-Szenen meldet sich dann der Puls lautstark. Wenn ich in der Egoperspektive durch Welten renne und mich zur Wehr setzen muss, wenn ich an Weltraumschlachten teilnehme und mich in einer Panzerschlacht beweisen muss, dann kommt mein Körper an seine Grenzen. Das Mittendringefühl ist intensiv, faszinierend, unbeschreiblich. Doch lange halte ich es nicht aus. Ich beginne zu schwitzen und das Schwindelgefühl setzt ein. Aber die Ausschüttung von Glücksgefühlen überwiegt. Ich möchte wieder zurück in die virtuelle Welt, doch mein Körper sagt nein.

Als ich in einem Cockpit für ein Rennspiel Platz nehme und mir die VR-Brille aufsetze, dauert es nicht lange, bis ich sie wieder ablegen muss. Der Geschwindigkeitsrausch ist zu intensiv für mich. Mein Gehirn und mein Körper kommen nicht mehr miteinander klar und scheinen sich laut zu streiten. Was ist echt, was ist unecht? Keiner der beiden kann sich entscheiden. Die Alarmglocke ertönt, ich muss sofort aufhören.

Die «Playstation VR»-Technik ist faszinierend. Die erstaunlich leichte Brille mit hohem Tragekomfort, die ich mir vor die Augen setze, verdeckt meine Sicht total. Ich tauche komplett in eine virtuelle Welt hinab, werde eins mit ihr. Mittels Kopfhörern schotte ich mich noch mehr ab. Ich drehe meinen Kopf, schaue nach oben und unten. Wohin ich auch hingucke, die künstliche Welt ist überall, umgibt und durchdringt mich. Eine Kamera registriert dabei alle meine Bewegungen in Echtzeit.

2016 soll das Jahr sein, in dem die virtuelle Realität den Massenmarkt erreichen soll. Unter dem Begriff VR versteht man technische Zusatzprodukte in der Form einer Datenbrille, die das gesamte Sichtfeld des Users einnimmt und mittels eines Computers oder einer Spielkonsole verbunden wird. Im Videospielbereich ist Sony das erste Unternehmen, das eine solche Zusatzhardware für Virtual Reality anbietet.

Nicht für alle geeignet
Die VR-Technologie hat ein grosses Problem: Niemand kann voraussagen, wie die einzelnen Spieler auf die virtuellen Welten reagieren. Während einige ohne Probleme mehrere Minuten darin verbringen können, wird es vielen schon nach wenigen Sekunden schlecht. Zudem ist noch unklar, wie lange es der einzelne in dieser abgeschotteten Welt aushalten kann. Auch wenn es nur ein paar Stunden sein werden, wird die neue Spieltechnologie dazu verdammt sein, nur kurzweilige Spiele ohne Tiefe anzubieten. Auch wenn tadellose Spiele unterschiedlicher Genre auf den Markt kommen werden, die virtuelle Realität ist schlicht nicht für alle geeignet. Wer die VR-Technologie aber verträgt, darf sich auf intensive Glücksgefühle freuen.

Info: «Playstation VR» ist ab dem 13. Oktober erhältlich. Die Version ohne Kamera kostet 479 Franken, die Version mit Kamera 519 Franken. Beide Versionen enthalten eine Demo-Disc.

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