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Gartenkolumne

Giessen Sie noch, oder mulchen Sie schon?

Haben Sie auch genug davon, im Sommer ständig Giesskannen zu schleppen und literweise Wasser zu verbrauchen? BT-Redaktorin Jana Tálos hat eine Methode gefunden, dank der sie nur noch halb so oft wässern muss – und dem Boden erst noch Gutes tut.

DiesePeperonipflanze kriegt eine Schicht vertrocknete Gräser ab. Die Giesskanne im Hintergrund kann ich hoffentlich öfter in die Ecke stellen. Bild: Jana Tálos
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Jana Tálos

Lange mussten wir auf ihn warten, nun ist er endlich da, der Sommer. Und wie! Gleich mehrere Male knackte das Thermometer diese Woche die 30-Grad-Marke. Für die meisten Menschen bedeutete das: Rein in die Badesachen, ab in den See oder auf die Sonnenliege. Für Gärtnerinnen und Gärtner bedeutete es vor allem: Hahn auf und giessen. Denn wenn die Sonne täglich zehn Stunden auf die Beete niederbrennt, können die darin stehenden Tomaten, Peperoni, Auberginen und Gurken einen ganz schönen Durst entwickeln.

Während andere bei dieser Aufgabe mit ihren kilometerlangen, superflexiblen Schläuchen durch den Garten spazieren, komme ich dabei jeweils ganz schön ins Schwitzen. Mein Garten ist nicht nur verwinkelt und daher nicht besonders praktisch für einen Schlauch, sondern zusätzlich noch terrassiert, weshalb das tägliche Giessen mit der Giesskanne einem Fitnessprogramm gleichkommt.

Bei meinem Bürojob mag das zwar ein schöner Nebeneffekt sein. Trotzdem habe ich mir geschworen: Dieses Jahr ist Schluss mit der Schlepperei. Denn sie ist ja nicht nur anstrengend – tägliches Giessen verbraucht auch ganz schön viel Wasser, selbst wenn man wie ich versucht, grösstenteils mit Wasser aus der Regentonne zu wässern.

Der Wald als Vorbild
Wie aber schafft man es, bei tagelangem Sonnenschein und anhaltenden Temperaturen um die 30 Grad, möglichst wenig zu giessen? Oder zumindest weniger, als man es sonst tun würde? Die Antwort findet sich dort, wo man nicht einfach einen Hahn aufdrehen kann, sobald der Regen mal wieder länger auf sich warten lässt: in unseren Wäldern, oder genauer gesagt in der Laubschicht, die deren Böden jahrein jahraus bedeckt.

Selbst bei lang anhaltenden Dürre- und Hitzeperioden fühlen sich die Böden unterhalb dieser Schicht noch feucht und krümelig an. Das Laub sorgt dafür, dass kein Sonnenlicht auf den Boden fällt und das Wasser an der Oberfläche verdunstet. Durch den Schatten, den die Schicht generiert, wird der Boden zudem gekühlt, wodurch die umliegenden Bäume weniger Wasser benötigen und dem Boden entsprechend weniger davon entzogen wird.

Findige Gärtnerinnen und Gärtner haben dieses Prinzip ganz einfach kopiert und auf den Garten übertragen. Statt Laub streuten sie Pflanzenreste wie Grasschnitt, Heu oder Stroh in ihre Beete, wodurch ebenfalls eine solche Schutzschicht aufgebaut wird. Im Gärtnerjargon nennt man diese Methode auch «Mulchen», abgeleitet vom englischen Wort «mulch», also «Streu» oder «Bodendecke». Wer mulcht, so bezeugen es unzählige Profi- und Hobbygärtner in Blogs, Foren und Büchern, kann seinen Wasserverbrauch im Garten deutlich reduzieren. Der französische Agraringenieur Blaise Leclerc, Autor des Buchs «Richtig mulchen», schwört sogar, dass er nur noch halb so oft giesst, seit er seine Beete mit Pflanzenresten bedeckt.

Weniger jäten, mehr Leben
Das Mulchen bietet aber noch weitaus mehr Vorteile, als dass man seinen Garten weniger wässern muss. Die Decke über dem Boden soll auch dafür sorgen, dass weniger Beikräuter wachsen, und man folglich weniger Zeit mit Jäten verbringt.

Der Mulch entzieht den Sämlingen dieser Beikräuter nämlich das Licht, wodurch sie erst gar nicht keimen oder zumindest in ihrem Wachstum gehemmt werden. Diese Technik soll sich übrigens auch dafür eignen, ein neues Beet anzulegen: Wer keine Lust auf Umgraben hat, bedeckt den Boden an dieser Stelle einfach mit Karton und Steinen und lässt das Ganze einige Monate ruhen. Die darunterliegenden Pflanzen sterben durch die anhaltende Dunkelheit ab, und der Boden lässt sich danach einfacher bearbeiten und die übrig gebliebenen Wurzeln leicht herausziehen.

Ein weiterer Vorteil, der das Mulchen mit sich bringen soll, ist, dass dadurch Krankheiten und Schädlinge von den Pflanzen ferngehalten werden können. Schnecken zum Beispiel mögen zwar verrottendes Material, auf einer Unterlage wie Stroh oder Holzwolle kommen sie jedoch nur beschwerlich vorwärts; Pilze wie Mehltau, deren Sporen meist über den Boden auf die Pflanze übertragen werden, finden dank der schützenden Barriere wiederum erst gar nicht den Weg auf die Blätter, worüber sich vor allem Gurken, Zucchinipflanzen und Erbsen freuen.

Der grösste Pluspunkt des Mulchs ist jedoch, dass er Lebensraum für Nützlinge schafft. Der Laufkäfer etwa, der sich mit Vorliebe von Schneckeneiern ernährt, fühlt sich unter einer Mulchdecke pudelwohl. Und auch Blindschleichen, die gerne Schnecken vertilgen, richten sich ihr Nest gerne mal unter Pflanzenresten ein. Am meisten aber freut sich der Regenwurm, einer der besten Freunde des Gärtners und der Gärtnerin: Die Pflanzenreste sind für ihn ein wahres Festmahl, und Schatten, der durch die Decke erzeugt wird, ermöglicht es ihm zudem, dass er sich selbst bei grösster Hitze an der Erdoberfläche aufhalten kann und sich nicht in die tieferen, kühleren Schichten zurückziehen muss. Durch die Gänge, die er zieht, wird der Boden so oberflächlich gut belüftet, Regenwasser läuft besser ab und die Humusschicht bleibt fast so krümelig wie im Wald.

Auf die Dauer kommt es an
Führt man sich diesen Katalog an Möglichkeiten vor Augen, die das Mulchen bietet, kann man sich irgendwie fast nicht vorstellen, wie man bisher ohne diese Methode ausgekommen ist. Nach meinen ersten Recherchen wäre ich am liebsten losgerannt und hätte alles, was mir an Pflanzenresten in die Finger kam, eingesammelt und auf die Beete geschmissen.

Ganz so einfach war es aber nicht, denn bald stellte sich eine andere Frage: Welches Material eignet sich überhaupt für das Mulchen? Kann ich da wirklich alles verwenden? Oder gibt es Pflanzenreste, die dem Boden oder den darin stehenden Kulturen sogar schaden könnte?

Wie so oft beim Gärtnern gibt es natürlich auch dazu eine Vielzahl von Meinungen. Grundsätzlich kann man aber sagen: Je länger eine Pflanze im Beet stehen bleibt, desto gröber sollte das Mulchmaterial sein. Bei mehrjährigen Kulturen wie Beerensträuchern oder Rosen zum Beispiel eignen sich Holzhäcksel oder Rinden, da sich diese nur sehr langsam zersetzen und somit nicht ständig erneuert werden müssen. Dabei sollte man jedoch nur Material von Laubhölzern verwenden – bei Nadelhölzern besteht die Gefahr, dass sie den Boden versauern.

Bei Tomaten oder Kartoffeln wiederum, die je nach dem um die sechs Monate im Beet gedeihen, kommen vor allem Stroh und Heu zum Einsatz, wobei sich Heu am Ende der Saison besser zersetzt, Stroh jedoch die Luft besser zirkulieren lässt. Für Salate, die nur einige Woche im Beet stehen, empfiehlt eine dünne Schicht Gras- oder Wiesenschnitt, die relativ rasch verrottet. Ganz auf Mulch verzichten sollte man hingegen bei Radieschen oder Rüebli, die direkt ins Beet ausgesät werden. Um zu keimen, brauchen sie wie auch die Beikräuter erst einmal Licht, und sobald sie gross genug sind, ist es meist eh schon Zeit für die Ernte. Es würde sich schlicht nicht lohnen, hier Mulch auszubringen.

Erstes Erfolgserlebnis
Grundsätzlich gilt, dass der Mulch dann ausgebracht werden sollte, sobald die Pflanzen gross genug sind, dass sie darunter nicht versinken. Davor sollte man den Boden noch einmal gründlich durchhacken, besonders dann, wenn er verdichtet ist (siehe auch Infobox «Tipps und Tricks»).

Da ich nicht auf Anhieb genügend Pflanzenreste zusammen hatte, habe ich in meinen Beeten erst einmal eine zirka fünf Zentimeter dicke Mulchschicht ausgebracht. In den nächsten Tagen werde ich hie und da noch ein paar Zentimeter nachlegen, etwa bei den Auberginen, Tomaten und Peperoni. Dafür verwende ich das, was bei uns im Garten am einfachsten zu finden ist: vertrocknete Gräser und Kleestauden.

Ob sich die Methode am Ende auszahlt, und ich diesen Sommer tatsächlich weniger Giesskannen schleppe? Ein erstes Erfolgserlebnis konnte ich jedenfalls schon verbuchen: Bei der Jungpflanzenanzucht in Töpfen habe ich einige Tomatenpflanzen gemulcht und tatsächlich deutlich weniger gegossen als im Vorjahr. Die Erde unter der Schicht blieb über Tage feucht und krümelig.
Ich bin also zuversichtlich. Der Sommer kann bleiben.

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