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en famille

Ich brauche dringend mal wieder ein Date

Nein. Wer bei diesem Titel denkt, ich sei auf Brautschau und würde diese Kolumne zur Single-Plattform umfunktionieren, dem sei gesagt: Nein.

Bild: Parzival Meister
, Mitglied publizistische Leitung und unglaublich berührt

Und dennoch: Ich habe Sehnsucht nach einem Date mit meiner Frau. So nur wir zwei. Einfach mal Zeit für uns. Sich chic machen, richtig lecker essen gehen, danach vielleicht noch einen Drink in einer Bar und so weiter und so fort.

Nun, früher waren wir diesbezüglich ziemlich privilegiert. Da spielte der Patchwork-Family-Trumpf, kein gemeinsames Kind zu haben. Will heissen: Wir hatten alle zwei Wochen ein kinderfreies Wochenende, weil dann die Kinder beim jeweils anderen Elternteil waren. Was konnten wir vor anderen Familien in unserem Freundeskreis angeben?! Wissen Sie, als Paar mit Kindern, das nicht getrennt lebt, ist Zweisamkeit ein sehr kostbares Gut. Da ist es zwar möglich, dass der eine Partner dem anderen Zeit für sich verschafft, in dem er sich alleine um die Kinder kümmert. Aber um kinderfreie Momente als Paar schaffen zu können, benötigt man einen Babysitter. In der Regel hat man dann ein paar freie Stunden. Aber hey: EIN. GANZES. WOCHENENDE!!! Und das alle zwei Wochen. Das ist paartechnisch gesehen absoluter Luxus.

Wer Kinder hat, weiss, wovon ich rede. Es ist ja nicht so, dass das Elternsein einfach nur anstrengend ist. Aber Elternsein bedeutet, dass sich die Denkweise im Alltag ziemlich radikal verändert. Man denkt bei praktisch jeder Handlung nicht primär an sich, sondern an das Kollektiv. Welcher Film läuft im Kino, der auch den Kindern gefallen könnte? Was koche ich heute Abend, damit es allen schmeckt? Wann gehen wir ins Restaurant, dass es nicht zu spät wird? Wie planen wir die Einkaufstour, damit Kind 1 noch in die Papeterie kann, Kind 2 den Coiffeurtermin nicht verpasst und Kind 3 rechtzeitig für sein Training wieder zu Hause ist? Eine Familie zu managen, ist etwas Schönes. Aber es tut eben auch verd… gut, auch mal einfach wieder das tun zu können, worauf man selber Lust hat.

Deshalb: Die kinderfreien Wochenenden waren ein Luxus, den ich und meine Frau lange Zeit genossen haben. So richtig bewusst geworden ist uns das seit letztem Sommer, als unsere gemeinsame Tochter das Licht der Welt erblickt und die kinderfreien Wochenenden quasi begraben hat. Nicht falsch verstehen, was ich seither wieder erleben darf, ist enorm bereichernd und ich möchte keinen Moment davon missen. Aber langsam aber sicher, nach knapp einem halben Jahr, bin ich am Punkt, an dem ich mir mal wieder Zweisamkeit mit meiner Frau wünsche. Die gemeinsamen Momente, die wir für uns haben, spielen sich in der Regel in den Stunden zwischen 21 und 0.30 Uhr ab. Dann schläft die Kleine ein paar Stunden durch und wir kuscheln uns vor den Fernseher. Nur sind wir in der Regel so kaputt, dass einer von uns oder beide nach spätestens einer Stunde einnicken.

Deshalb freue ich mich auf den Tag, an dem die Kleine gross genug ist, dass wir sie einen Abend einem Grosi überlassen können. Dann werden ich und meine Frau alleine zu zweit essen gehen. Und sehr wahrscheinlich die ganze Zeit über die Kleine reden, von der wir uns für ein paar Stunden eine Auszeit nehmen.

Info: Parzival Meister (39) ist Mitglied der publizistischen Leitung des Medienhauses Gassmann. Im Wechsel mit Theresia Mühlemann berichtet er an dieser Stelle über seinen Alltag in einer Patchwork-Familie mit fünf Kindern im Alter zwischen 5 Monaten und 17 Jahren.


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