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Gartenkolumne

In ihnen steckt die Zukunft

Haben Sie eine besonders schön blühende Blume im Garten? Oder besonders süsse Früchte? Wenn Sie die Samen der Pflanzen ernten, können Sie sich auch in den nächsten Jahren an ihnen erfreuen – zumindest, wenn Sie einige Regeln beachten.

Der Dill auf dem Balkon hat bereits Samen ausgebildet. Diese hier sind bald reif für die Ernte. Bild: Jana Tálos
  • Dossier
Jana Tálos
 
Der Sommer neigt sich langsam demEnde zu, die warmen Tage sind gezählt. In den nächsten Wochen dürften viele Hobbygärtnerinnen und -gärtner bei ihrenTomaten-, Zucchini- und Gurkenpflanzen die letzte Ernte einfahren, sie zu Sugo einkochen, fermentieren oder zu einem frischen Salat fürs Zmittag oder Znacht verarbeiten. 
 
Das Ende der Erntezeit bietet aber nicht nur die letzte Gelegenheit, um die Vorratskammern für denWinter aufzufüllen. Jetzt ist auch die Zeit, um sich um die Samen zu kümmern, mit denen im nächsten Frühjahr auf dem Fensterbrett neue Pflanzen herangezogen werden sollen. Statt im Katalog neue zu bestellen oder die Tütchen imFachgeschäft zu kaufen, lässt sich Saatgut nämlich ganz einfach selbst gewinnen – zumindest, wenn man sich an einige Regeln hält.
 
Blumen sind unkompliziert
Ziemlich unkompliziert und damit auch für Anfängerinnen und Anfänger gut geeignet ist beispielsweise die Saatgutgewinnung bei Blumen, vor allem bei solchen, die ihre Samen an den Blüten ausbilden. Sobald sie vollständig verblüht sind, kann man die Köpfe abschneiden und in einem warmen und wenn möglich in einem gut durchlüfteten Raum nachtrocknen. Danach lassen sich die Samen ganz einfach ablösen.
 
Fast noch praktischer gestaltet sich die Samengewinnung bei Blumen, die nach der Blüte Kapseln ausbilden. Durch sie ist das Saatgut geschützt und geht bei der Ernte nicht so schnell verloren. Lein, Mohnblumen aber auch Trichterwinden gehören zu dieser Kategorie. Wichtig ist, dass man sicherstellt, dass die Samen auch wirklich lange genug reifen konnten, bevor man die Kapseln abschneidet. Ich warte jeweils, bis sich die Hülle braun verfärbt hat und es raschelt, wenn ich sie schüttle. Dann ist die Zeit in der Regel reif und die Samen können geerntet werden.
 
Ran an das Fruchtfleisch
Etwas komplizierter wird es, sobald es um Saatgut bei Gemüse geht. Denn nicht jede Gemüsepflanze gibt ihr Saatgut wie die Blumen bereits nach einem Jahr preis. Und manche haben ihre Samen besonders gut eingepackt, sodass es etwas Geschick und Geduld erfordert, um an das wertvolle Gut heranzukommen. 
 
Letzteres gilt vor allem für das sogenannte Fruchtgemüse, zu dem Tomaten, Gurken, Peperoni, Kürbisse oder Melonen gehören. Um ihre Samen ernten zu können, muss man sie erst aufschneiden und die Kerne aus dem Fruchtfleisch pulen. Bei Peperoni oder Kürbissen gestaltet sich das noch einfach. Tomaten aber haben ihr Saatgut zusätzlich in eine gelartige, glitschige Hülle eingepackt, von der sie erst befreit werden müssen.
 
Ich gebe die Tomatensamen dazu in ein mit Wasser gefülltes Glas und lasse das Ganze ein bis zwei Tage stehen. In dieser Zeit löst sich die glibbrige Masse ab und ich kann die Samen danach mit einem kleinen Löffel herausfischen und sie zumTrocknen auf einenflachen Teller geben. Andere verwenden dafür auch Küchenpapier. Ich finde das eher unpraktisch, da so die Gefahr besteht, dass die Samen am Papier festkleben. So müssen sie später zum Abfüllen mühsam abgelöst werden.
 
Lass es in die Blüte gehen!
Deutlich einfacher gestaltet sich die Saatgutgewinnung bei Pflanzen, die Hülsen ausbilden. So zum Beispiel Bohnen, Kefen oder Linsen. Anstatt sie zu ernten und aufzuessen, lässt man die Hülsen wie bei den Blumen einfach stehen, bis sie sich braun verfärbt haben und rascheln. Dann sind die Samen im Innern hart und bereit, um drinnen noch etwas nachzutrocknen und danach in Tütchen abgefüllt zu werden. 
 
Im Gegensatz zum Fruchtgemüse, bei dem es sich lohnt, bereits Mitte Saison Samen zu ernten, um Saatgut der besten und grössten Früchte zu erhalten, wartet man bei Hülsenfrüchten bis ganz zum Schluss der Erntezeit mit der Saatgutgewinnung. Lässt man die Hülsen bereits früher vertrocknen, besteht die Gefahr, dass die Pflanzen weniger Ertrag liefern.
 
Ebenfalls erst Ende Saison gewinnt man die Samen beim Blattgemüse, also zum Beispiel beim Salat oder Spinat. Diese Pflanzen müssen zuerst in die Blüte gehen, um Samen produzieren zu können. Anstatt den Salat oder Spinat als Ganzes abzuschneiden, ernte ich daher jeweils nur die äusseren Blätter, und lasse das Herz im Beet stehen. Sobald die Blätter anfangen, etwas bitterer zu schmecken und die Pflanze hochschiesst, weiss ich, dass nun das Ende der Lebensdauer erreicht ist, und lasse sie in die Blüte gehen.
Genau gleich handhabe ich es bei Basilikum, Dill oder Petersilie auf dem Balkon: Während der Sommermonate schneide ich die Pflanzen immer wieder zurück, um so die Blüte zu verzögern. Geht es auf den Herbst zu, lasse ich die Kräuter in die Blüte gehen und ernte anschliessend die Samen fürs nächste Jahr.
 
Samen erst im zweiten Jahr
Noch etwas mehr Geduld benötigen Hobbygärtnerinnen und -gärtner beim sogenannten Wurzel- und Zwiebelgemüse. Fenchel, Rüebli, Sellerie und Pastinaken blühen bis auf einige Ausnahmen erst im zweiten Standjahr, genauso wie Zwiebeln, Lauch und Knoblauch. 
 
Wer also Samen dieser Pflanzen gewinnen möchte, muss sie nochmals ein Jahr im Beet stehen lassen. Beim Wurzelgemüse sind die Samen meist sichelförmig und werden verschiedenen Quellen zufolge am besten in den frühen Morgenstunden als ganze Dolden geerntet und dann getrocknet. Ich selbst konnte damit leider noch keine Erfahrungen machen – mein Fenchelkraut wurde von den Schmetterlingsraupen vertilgt und die Rüebli wurden von den Schnecken gefressen, kaum hatten sie ihr erstes Grün aus der Erde gestossen.
 
Zwiebelgewächse wiederum bilden im zweiten Standjahr kugelige, weiss-grüne Blütenköpfe aus. Nachdem sie bestäubt wurden, entstehen schwarze Samen, die relativ rasch ausfallen, sobald sie reif sind. Es lohnt sich daher, die Pflanzen im Auge zu behalten und zu reagieren, bevor sie sich selbst aussäen.
 
Auch bei Erdbeeren, Himbeeren oder Heidelbeeren können Samen selbst gewonnen werden. Es funktioniert dabei wie beim Fruchtgemüse: Die Samen müssen erst aus dem Fruchtfleisch gepult, und je nach dem erst noch imWasser eingelegt werden. 
 
Obstsamen liessen sich grundsätzlich ebenfalls trocknen und wieder aussäen. Doch Achtung: Viele Kirschen-, Äpfel- oder Birnensorten sind veredelt und daher nicht mehr sortenrein. Die Nachfahren, die aus solchen Samen gezogen werden, weisen meist komplett andere Eigenschaften aus, und können zu bitteren Enttäuschungen führen. 
 
Ähnlich verhält es sich bei sogenannten F1-Hybriden, also Saatgut, das gekreuzt wurde und eigentlich nicht für die Samengewinnung gedacht ist. Bevor man Samen gewinnt, sollte man deshalb immer sicherstellen, dass die betreffende Pflanze keine solche F1-Hybrid-Züchtung ist. Bei den meisten ist dies auf dem Etikett vermerkt. 
 
Vorsicht bei Kürbisgewächsen
Auch in den Hobbygärten gibt es zuweilen ungewollte Kreuzungen. So kommt es immer wieder vor, dass sich Kürbisgewächse wie Zucchini, Melonen, Gurken oder Kürbisse mit nicht essbaren Zierkürbissen kreuzen, die giftige Bitterstoffe in sich tragen. 
 
Werden solche gekreuzten Früchte dann verzehrt, kann das sogar tödlich enden. Es wird daher empfohlen, kein Saatgut von Früchten zu gewinnen, die bitter schmecken. Ich selbst gehe auf Nummer sicher, und kaufe dieses Saatgut konsequent im Fachhandel – auch wenn ich dafür ein paar Franken hinblättern muss.
 
Wer kein Geld ausgeben will, dem oder der empfehle ich die Saatgutbörsen, die in den letzten Jahren in der Schweiz (und auch in Biel) aufgekommen sind. Dort kommt man nicht nur an spezielle Sorten ran, sondern kann auch gleich das Saatgut loswerden, von dem man selbst zu viel hat. 
 
Je nach Pflanze ist das Saatgut nämlich nur zwischen zwei und fünf Jahren keimfähig. Wer seine Tütchen trocken und an einem dunklen Ort aufbewahrt, erhöht jedoch die Chance, dass die Samen auch später noch keimen. Ich lagere meinSaatgut seit einer Weile in mit Reis befüllten grossen Gläsern im Keller. Mal schauen, ob sich diese Methode bewährt.
 
 
 
 
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Samen erleben

Wie fühlen sich Samen in den Händen an? Wie riechen sie, wie schmecken sie? Und welche Formen können sie annehmen? Diesen Fragen geht Gartenspezialist Janosch Szabo in seinen Workshops nach, die am 16. September (deutsch) und 23. September (französisch) ab 18.30 Uhr in der Stadtbibliothek Biel stattfinden. Teilnehmende erhalten dabei die Gelegenheit, Samen mit allen Sinnen zu erleben und mehr über Saatgut im Allgemeinen zu erfahren.
Bereits nächsten Dienstag (7. September, 18 Uhr) findet am selben Ort ebenfalls unter Szabos Leitung ein Workshop zur Gewinnung von Tomatensamen statt. Wer sein Wissen weiter vertiefen möchte, dem oder der sei auch der Kurs «Gemüsesaat selbst gezogen» der Naturschule Seeland empfohlen, der morgen ab 9 Uhr in Safnern stattfindet. jat

 

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