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Herzogenbuchsee

Ausgerechnet an Heiligabend

Als andere Weihnachtsgeschenke auspackten, musste die Feuerwehr am Turm der Kirche ein Feuer bekämpfen. Schliesslich stürzte die Turmspitze aufs Kirchendach und richtete dort grossen Schaden an.

Bild: Thomas Peter

Sebastian Weber/we/sgs

Erst am Stephanstag konnten die Mitglieder der Feuerwehr Herzogenbuchsee an Weihnachten denken. Seit Dienstagmorgen waren sie bei der reformierten Kirche im Einsatz gestanden. Dort war im Turm ein Feuer ausgebrochen. Als sie schon meinten, die Flammen unter Kontrolle zu haben, kam es zu einem zweiten Brandausbruch. Feuerwehrkommandant Simon Schär erklärte das gestern in einem Interview mit «20 Minuten» damit, dass die Feuerwehr wohl ein Glutnest übersehen hatte. Weil sich dieses an unzugänglicher Stelle weit oben im Turm befunden haben musste, sei es von den Einsatzkräften nicht entdeckt worden. Am späten Heiligabend brach die Turmspitze dann ab und stürzte aufs Dach des Kirchenschiffs. Seither klafft dort ein grosses Loch.

Am Weihnachtstag war der zweite Brand gelöscht. Aber das Gelände rund um das Gebäude aus dem Jahr 1728 blieb gesperrt. Denn es drohten Teile des Kupferdachs herunterzufallen. Mit einem grossen Kran wurden die übrig gebliebenen Blechteile entfernt und die Reste der Kirchturmspitze demontiert. Bis am Abend des 25. Dezember war auch diese Gefahr gebannt.

 

Die Orgel wurde nass

Erleichtert hielt Gemeindepräsident Markus Loosli gestern Vormittag fest: «Die Glocken hängen noch, sie sind stabil.» Schaden erlitt hingegen die Orgel. Sie wurde zwar vom Feuer nicht angegriffen, bekam aber Wasser ab. Nun müssen sämtliche Pfeifen ausgebaut und getrocknet werden.

Über die Brandursache ist bislang nichts bekannt, die Polizei hat entsprechende Ermittlungen aufgenommen. Nach ersten Schätzungen sei mit einem Sachschaden in Millionenhöhe zu rechnen, teilt die Kirchgemeinde Herzogenbuchsee mit. Sie ist dankbar, dass beim Brand niemand verletzt wurde. Ein Feuerwehrmann musste allerdings während des stundenlangen Einsatzes vor Ort medizinisch versorgt werden.

 

Schwierige Löscharbeiten

Über 80 Angehörige von mehreren Feuerwehren waren am Dienstagmorgen ausgerückt. Die Löscharbeiten hatten sich auch wegen der räumlichen Verhältnisse schwierig gestaltet. Der Platz war so eng, dass eine Autodrehleiter nicht direkt vor den Turm gestellt werden konnte, wie ein Polizeisprecher erklärte.

Angehörige des Zivilschutzes brachten vereinzelt schützenswerte Kulturgüter aus dem Innern der Kirche in Sicherheit. Erst kürzlich waren die Innenräume saniert worden. Die Arbeiten wurden vor rund einem Jahr abgeschlossen.

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Von Paris bis Lyss

Wenn es in einer Kirche brennt, ist die Anteilnahme stets riesig. Exemplarisch zeigt dies das Feuer, das im April die Notre-Dame von Paris zerstört hat: Die Bilder der brennenden Kathedrale, die für viele Franzosen ein nationales Symbol und damit weit mehr als nur die zentrale Kirche ihrer Hauptstadt ist, gingen um die Welt. 14 Stunden lang dauerte es, bis die Feuerwehrleute den Brand unter Kontrolle hatten.

Ob eine brennende Zigarette oder ein Kurzschluss das Feuer verursacht hat, ist immer noch unklar. Die Sicherungsarbeiten an der einsturzgefährdeten Ruine sind noch nicht abgeschlossen. Deshalb konnte an Heiligabend erstmals seit 200 Jahren in der Notre-Dame keine Messe gelesen werden. Experten schätzen, dass der Wiederaufbau 400 bis 600 Millionen Euro kostet.

Schweizweit für Aufsehen sorgte Anfang Januar 2011 ein Feuer in der Solothurner St.-Ursen-Kathedrale. Es war gelegt worden: Ein älterer, psychisch auffälliger Mann hatte Benzin über den Altar und den darunterliegenden Teppich geschüttet und den Brand mit einer Kerze entfacht. Es entstand ein Schaden von 400 000 Franken.

Im Kanton Bern brannte es 2010 ebenfalls im Januar in der Kirche Wahlern. Auch hier waren Vandalen am Werk. Nur mit Glück ging nicht viel mehr verloren als die alte Holzkanzel, die sie angezündet hatten. Das Mottfeuer hatte zu wenig Sauerstoff erhalten, um sich zu einem Vollbrand zu entwickeln. Der Schaden war mit rund 1 Million Franken trotzdem beträchtlich. Schuld war vor allem die dicke Russschicht, die an der Orgel aufwendige Sanierungsarbeiten nötig machte.

Schlagzeilen machte Anfang September 1992 schliesslich ein Feuer in der Kirche Lyss. Verursacht wurde es durch einen Helikopterabsturz. Der Brand liess von der Kirche nur die Aussenwände und den Turm übrig. Der Rest musste neu aufgebaut werden, was zu einer völligen Neugestaltung mit Tonnendach und darunterliegenden Lichtstreifen führte. Die Kosten beliefen sich auf 5,5 Millionen Franken.

Den Grund für den Heliabsturz schrieben die Behörden einem Schwächeanfall des Piloten im Seniorenalter zu. Wie durch ein Wunder blieb er, der allein in der Maschine sass, das einzige Todesopfer. Zur Zeit des Unglücks war die Kirche leer.   skk

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