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Aarberg

Deshalb kriegt das Stedtli vorerst doch keine Migros-Filiale

Der Neubau mit grosser Migros-Filiale auf dem Postareal in Aarberg verzögert sich um Jahre. Nun plant Migros als Übergangslösung ein VOI-Geschäft. Die Gemeinde ist überrascht und enttäuscht – und sucht nach Alternativen.

Ursprünglich wollte die Migros 2018 mit der Überbauung beginnen, nun ist damit frühestens im Jahr 2024 zu rechnen. Visualisierung: ZVG

Sarah Grandjean


Hinter dem Projekt «Überbauung Postareal» steckt eine jahrelange Geschichte. Sie beginnt im Jahr 2016, als die Migros Aare das Postareal am Bahnhof Aarberg gekauft hat. Dies mit der Idee, dort eine Filiale mit rund 1000 Quadratmetern Verkaufsfläche zu eröffnen. Damit dies überhaupt möglich war, mussten der Nutzungszonenplan, das Baureglement und die Überbauungsordnung angepasst werden.


Anfangs zeigte sich die Aarberger Bevölkerung dem Projekt gegenüber äusserst skeptisch. Vor allem deshalb, weil zugunsten der Verkehrssicherheit geplant ist, die Bahnhofstrasse zu verbreitern, wodurch mehrere Kurzzeitparkplätze verschwinden. Die Gemeinde organisierte mehrere Infoanlässe, um die Aarbergerinnen und Aarberger über das Projekt aufzuklären. An der Gemeindeversammlung im Frühjahr 2019 stimmten diese dem Projekt schliesslich mehrheitlich zu. Nicht zuletzt deshalb, weil der Busbahnhof im Zuge der Überbauung hindernisfrei realisiert werden soll, ohne dass die Gemeinde dafür zahlen muss.


Die Planungskosten des Neubaus gehen vollumfänglich zulasten der Migros, einen genauen Betrag will diese aber nicht nennen. Vor fünf Jahren hatte die Migros optimistisch damit gerechnet, im Frühling 2018 mit dem Neubau beginnen zu können. Dann wurde der Termin auf den Sommer 2020 verschoben. Nun sieht es so aus, als würde es noch etliche Jahre bis zum Baubeginn dauern.


Überbauung nur vorübergehend sistiert


Letzte Woche hat die Gemeinde bekannt gegeben, dass das Neubauprojekt «aufgrund der anhaltenden Coronakrise bis auf Weiteres sistiert werden müsse» (das BT berichtete). Als Übergangslösung wolle die Migros im bestehenden Gebäude eine VOI-Filiale einrichten und auf diese Weise «möglichst rasch ein Nahversorgungskonzept in Aarberg realisieren». Die Gemeinde sei von diesem Entschluss überrascht, sagt Gemeindepräsident Adrian Hügli (SVP). «Eine gewisse Enttäuschung ist schon da.»


Gemäss Andrea Bauer, Mediensprecherin der Genossenschaft Migros Aare, ist das Projekt nur vorübergehend auf Eis gelegt. «Wir sind nach wie vor überzeugt davon, dass der Standort innerhalb von Aarberg prädestiniert ist für ein solches Verkaufsgeschäft», schreibt sie auf Anfrage. Von Anfang an sei das Ziel gewesen, so rasch wie möglich einen Nahversorger fürs Stedtli bereitzustellen. Durch die anhaltende Coronasituation sei der Bedarf nach einem Lebensmittelgeschäft in direkter Nähe nun gestiegen.


Da die Überbauungsordnung noch zur Prüfung beim Kanton ist, sei frühestens im Jahr 2024 mit der Fertigstellung des Neubaus zu rechnen. Um der Aarberger Bevölkerung möglichst schnell eine Möglichkeit zu bieten, im Stedtli einzukaufen, habe man sich dazu entschieden, im bestehenden Gebäude eine VOI-Filiale zu realisieren. Parallel dazu arbeite die Migros Aare aber weiterhin am Neubauprojekt. In welchem Zeitraum dieses realisiert werden soll, lässt Bauer offen. «Einen genauen Zeitplan kann man heute nicht festgelegen», schreibt sie. Durch die Realisierung der VOI-Filiale habe man jedoch keinen Zeitdruck und könne das Neubauprojekt in Ruhe weiter bearbeiten und alle notwendigen Bewilligungen einholen.


«Wenn man einen VOI einbaut, ist das kein Projekt für ein oder zwei Jahre», sagt Gemeindepräsident Hügli. Er rechnet eher mit fünf bis zehn Jahren. «Wenn die Migros die Absicht hätte, in absehbarer Zeit mit der Überbauung zu beginnen, müsste sie den VOI wieder rausreissen und könnte eine Zeit lang überhaupt keine Produkte anbieten.»


Gemeinde befürchtet Mehrverkehr


Ausserdem ist Hügli der Meinung, der Standort sei nicht geeignet für eine VOI-Filiale. Er befürchtet, dass es zu mehr Verkehr kommen würde, wenn nebst der Post noch ein Laden in dem Gebäude untergebracht wäre. Und zwar nicht nur auf der Bahnhofstrasse, sondern auch auf dem Ringweg. Zwar würde auch der Neubau mit der Migros-Filiale zu mehr Verkehr führen, aber in diesem Fall wäre er laut Hügli koordiniert. Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sind unter anderem eine Einstellhalle mit 100 Parkplätzen im Neubau, ein grösserer Vorplatz und eine Tempo-30-Zone auf der Höhe des Postareals geplant.


Das Argument des Mehrverkehrs lässt Bauer nicht gelten. «Bereits in der Vergangenheit war im Gebäude ein Verkaufsgeschäft ansässig, welches die bestehenden Parkplätze gemeinsam mit der Post genutzt hat», schreibt sie. Eine solche Nutzung sei also nichts Neues. Aber selbstverständlich sei man mit der Gemeinde im Austausch.


Auf der Suche nach einem besseren Standort


Die Gemeinde suche nun nach Alternativen, sagt Hügli. Man kläre ab, ob es andere Standorte auf Gemeindegebiet gebe, an denen die Migros stattdessen eine VOI-Filiale einrichten könnte. Ob das überhaupt infrage kommt, beantwortet Bauer nur vage: «Die Migros Aare prüft grundsätzlich alle Möglichkeiten». Laut Hügli sollte bis Ende April eine Antwort der Migros auf die Vorschläge der Gemeinde kommen, danach wolle man noch einmal zusammensitzen.


Er hofft nach wie vor, dass die Überbauung des Postareals realisiert wird. Schliesslich habe man lange am Projekt gearbeitet und die Überbauungsordnung stehe vor der Genehmigung durch den Kanton. Auch die Bevölkerung habe das Projekt gutgeheissen, weil sie sich davon eine Verbesserung der Verkehrssituation erhoffe. «Diese Riesenchance wollen wir nicht verpassen», so Hügli.

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