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Gastroszene

Meinisberger Talent als künftige Sterneköchin?

Nach dem Lehrabschluss als Kantonsbeste setzt sich Celine Maier hohe Ziele als Köchin: Sie möchte dereinst in die Gilde der Sterneköche Aufsteigen. Dazu geht sie einen ungewöhnlichen Weg und stellt sich der Formel 1 der Gastroszene.

Celine Maier. Bild: Yann Staffelbach

Bernhard Rentsch

Mit 19 Jahren an einem ersten Zwischenziel, den grossen Gipfelsturm aber noch vor sich: Celine Maier aus Meinisberg hat die dreijährige Kochlehre in der Bieler Residenz au Lac als beste Lernende im Kanton Bern abgeschlossen. Das soll der Start zu einer grossen Karriere werden. Diese nahm ihren Anfang in Kindertagen, als sich Klein-Celine regelmässig über die verführerischen Speisen aus Mutters oder Grossmutters Küche freute. Und dann rasch einmal entschied, die berufliche Zukunft in der Gastronomie zu suchen. Eine Ausbildung zur Hotel-Kommunikationsfachfrau hätte es sein können. «Das Schnuppern im Hotel liess diesen Berufswunsch dann aber nicht im gewünschten Licht erstrahlen. Das Thema Reinigung motivierte mich nicht und die Kontakte an einer Rezeption waren zwar spannend, den ganzen Tag still zu sitzen war aber nicht mein Ding.»

Mit dem Schnuppern in einer Profiküche wuchs das Interesse am Beruf Köchin. Aber halt doch noch nicht so ganz, es stimmte nicht alles. Da brauchte es noch Meinisberg-interne Überzeugungsarbeit durch Armin Fuchs. Der bekannte und renommierte Ausbildner und Juror an unzähligen internationalen und nationalen Kochwettbewerben war als Bekannter der Familie nahe genug dran, die Zweifel der Achtklässlerin zu erkennen. Er vermittelte eine weitere Schnupperwoche in der Küche der Residenz au Lac. Und da habe es ihr endgültig den Ärmel reingezogen, so Celine Maier: «Es hat mir extrem gefallen. Mein berufliches Ziel war ab diesem Moment klar.» Umso glücklicher sei sie gewesen, als sie zu Beginn des neunten Schuljahres die Zusage für die Lehrstelle in der Residenz erhielt.

Siegergen wie im Sport

Unter den Fittichen von Küchenchef und Lehrmeister Simon Moser (siehe Nachgefragt Seite 25) konnte Celine Maier ihre Leidenschaft von Anfang an ausleben. «Anderen eine Freude machen oder aus einem Rohprodukt ein veredeltes Endprodukt zu machen», mehr Motivation war für die junge Seeländerin nicht nötig. «Entsprechend war es mir während der ganzen Lehrzeit nie langweilig. Jeder Tag bringt Anderes und Neues. Es bleibt immer spannend.»

Das in diesem Fall doppelt zutreffende Sprichwort sagt «Der Appetit kommt beim Essen» und meint, sobald man eine Sache angefangen hat, bekommt man auch Lust dazu. Oder konkret noch mehr Lust. Die stets zielstrebige Celine Maier entwickelte das im Sport bekannte Siegergen und strebte in Beruf und Schule Topresultate an. «Ich wollte Jahrgangsbeste oder sogar Kantonsbeste sein», bekennt sie sich offen und ehrlich zum ehrgeizigen Ziel. Um Enttäuschungen vorzubeugen, habe man sie von Anfang an darauf aufmerksam gemacht, dass auch andere talentierte und motivierte Lernende diesen «Titel» anstreben. Etwas, was sich letztlich als unnötig erwies: Die Spitzennote von 5,7 sorgte dafür, dass Celine Maier das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis als Beste im Kanton Bern erlangte. Dazu glückte ihr ein Fünfgänger als Prüfungsmenü, der sich aus Pflichtteilen und frei wählbaren Kreationen zusammensetzte.

Covidkrise kein Bremsklotz

Gebremst wurde Celine Maier auch nicht durch die Covidkrise, die in der Gastronomie grosse Auswirkungen hat. Das dritte Lehrjahr und die Prüfungsvorbereitungen absolvierte sie wie alle andern unter erschwerten Umständen, war aber nicht komplett eingeschränkt. «Der Betrieb in der Residenz lief weiter, auch wenn Bankette und Seminare wegfielen.» Zusätzliche und neue Aufgaben wie der Einkauf und die Vorbereitung der Speisen für selbstständig wohnende Pensionärinnen und Pensionäre der Seniorenresidenz kamen dazu und erweiterten das Berufsbild. Andere hätten da mehr zu leiden gehabt: «In der Zeit mit vielen geschlossenen Hotels und Restaurants war es auch für Lernende schwierig. Die Gelegenheiten zum Kochen in geschützten Übungsküchen waren rasch ausgebucht.» Sie selber habe aber auch in der Schule nicht viele Kontakte zu Direktbetroffenen gehabt. «Die meisten waren in Institutionen, die trotz Pandemie weiterliefen, tätig.»

Zweitlehre Konditor/Confiseur

Das Krönchen ist noch klein, Celine Maier will mehr. Sie verzichtet auf eine sofortige Anstellung als ausgelernte Köchin mit entsprechender geregelter Zukunft und dem stufengerechten Lohn. «Ja, ich fülle vorerst meinen Rucksack weiter.» Nach ganz kurzer Pause im laufenden Monat startet sie im September zu einer einjährigen «Reise» durch verschiedene Praktika bei Produzenten: «Beim Käser, beim Metzger, bei Bäcker oder beim Gemüsebauern will ich selber erfahren, woher die Produkte stammen.» So entwickle sich die aus ihrer Sicht ergänzende nötige Nähe zu den Lebensmitteln. Und nicht genug: Im Herbst 2022 startet Celine Maier eine Zweitlehre: Sie lässt sich noch zur Fachfrau Konditor/Confiseur ausbilden.

Die Planung geht noch weiter: «Wenn nichts dazwischen kommt, reise ich dann während rund zwei Jahren rund um die Welt und erweitere meine Erfahrung mit Anstellungen in diversen Küchen.» Besonders interessiere sie sich für die Zubereitung von asiatischen Speisen in Thailand, aber auch die Details europäischer Spezialitäten wolle sie vor Ort kennenlernen. Sie freut sich, wegweisende Persönlichkeiten zu treffen, ein (internationales) Netzwerk aufzubauen und von der Handschrift berühmter Köchinnen und Köche zu lernen. Diesbezüglich nennt sie zum Beispiel den Schweizer Andreas Caminada als Vorbild.

Klare Karriereplanung

Was wie eine feinsäuberlich ausgearbeitete Karriereplanung aussieht, ist eine solche. Spitzengastronomie lässt sich durchaus mit Spitzensport vergleichen – entsprechend sind konkrete Ziele und Zwischenstationen zu nennen. Wo soll und kann dies hinführen? «Ich möchte gerne eine erfolgreiche Sterneköchin werden», bestätigt Celine Maier, wohlwissend, dass sie erst am Anfang der Laufbahn steht und viel Unvorhergesehenes die Pläne jederzeit über den Haufen werfen kann.

Bei den Gedankenspielen betreffend Zukunft lässt sich Celine Maier entlocken, dass gar einmal die Selbstständigkeit eine Option sein könne. Im Spass habe man familienintern jedenfalls schon mal die Positionen besetzt. Die vier Schwestern würden sich mit ihren Berufen als Käserin, Mediamatikerin oder einer abgeschlossenen KV-Ausbildung zumindest schon mal bestens ergänzen. Das Mami könnte man ideal als Zuständige für Dekorationen einstellen. «Und für den Papi liesse sich wohl auch ein Plätzli finden. Er würde sich sicher im Service gut machen», so die junge Karrierefrau lachend.

Arbeitszeiten schrecken nicht ab

Mit Vorurteilen oder Schwierigkeiten geht Celine Maier in ihrer aktuellen Situation locker um. So schrecken sie die in der Gastronomie häufig kritisierten Arbeitszeiten nicht ab, obwohl sie in den letzten Jahren in der Residenz vornehmlich einen ziemlich geregelten Arbeitsalltag kennenlernte. «Aber», so Maier, «die Arbeit am Abend oder am Wochenende hat auch Vorteile.» Sie erhalte Freizeit, wenn andere arbeiten müssten, und geteilte Dienste mit dazwischenliegender Zimmerstunde könne man ja auch für anderes nutzen. Zudem: «Wenn ich beruflich unterwegs bin, steht ohnehin die Arbeit im Vordergrund.» In anderen Ländern oder anderen Städten rückten die Hobbys Turnverein oder Musikgesellschaft ja dann ohnehin in den Hintergrund.

Frauenteams beleben

Dass sie als junge Frau in einem einst von Männern dominierten Beruf bestehen kann, ist für Celine Maier ohnehin keine Frage: «Es gibt an der Spitze viele gute Köchinnen.» Und lachend: «Ganz ehrlich: Die Tage in der Küche der Residenz au Lac, an denen ausschliesslich Frauen zum Küchendienst eingeteilt waren, waren nicht die schlechtesten.»

Auf die grosse Hektik und den bisweilen rauen Umgangston in der Spitzengastronomie angesprochen, meint Celine Maier: «Ja, mit Druck will und muss ich umgehen können. Und die Mär, dass in Küchen dauernd herumgeschrien wird, kann ich nicht bestätigen. Ich habe das bisher jedenfalls nicht so erlebt.» Auch nicht während eines kurzen Praktikums in Bad Ragaz: «Der Chef war fordernd und gab klare Anweisungen. Aber das stets in angemessenem und anständigem Ton.»

Wieder im Wettkampfmodus

Kochen auf höchstem Niveau ist wie Spitzensport. Dieser Herausforderung will sich Celine Maier künftig stellen. Erste Erfahrungen bei Wettbewerben motivieren zusätzlich. «Ja, ich will mich messen. Ich will mein Wissen ausbauen und ein spannendes Leben führen.» Die Aussicht, gross herauszukommen, schrecke sie nicht ab. Im Gegenteil. Und wenn es dann nicht sein soll, glaube sie, dass sie selber und das Umfeld sie jederzeit so auffangen könne, dass der Ehrgeiz nicht zu einem Risiko für die Gesundheit werde.

Und wie verbringt die junge Frau den an sich arbeitsfreien Monat August? Vornehmlich in Küchen … Celine Maier bereitet sich aktuell auf einen Lehrlingswettbewerb vor. Ende Monat wird sie in Interlaken am «King of fruits» zusammen mit fünf weiteren Finalistinnen und Finalisten ihre Künste bei einem von Früchten dominierten Hauptgang und Dessert beweisen. Sie verarbeitet dabei hauptsächlich Mango und Ananas. Das Ziel: Gewinnen – was sonst? Nur so komme sie irgendeinmal dahin, was andere als Formel 1 der Kochkunst bezeichnen. Nichts Geringeres ist das Ziel der Meinisbergerin.

TV-Shows können inspirieren

Zum Abschluss des Gesprächs die trendgemäss gestellte Frage an eine junge Medienkonsumentin, ob sich eine Profiköchin eigentlich für Kochshows am TV interessiert und sich dadurch allenfalls sogar inspirieren lässt? «Ich schaue mir solche Sendungen zwar nicht regelmässig an. Aber es gibt durchaus attraktive Formate.» Wenn sich die Kandidatinnen und Kandidaten zum Beispiel nur durch Sehen und Schmecken die Zutaten für eine zu kochende Aufgabe zusammensuchen und dann die Vorgabe ohne weitere Angaben nachkochen, sei dies doch eine attraktive Sache.

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