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Feuerwehr

Neben dem Löschen auch Mädchen für alles

Nur bei einem kleinen Teil der Einsätze geht es um Brandbekämpfung. Primär hat es die Feuerwehr mit Überschwemmungen, Sturmschäden, Unfällen oder der Rettung von Tieren zu tun - etwa Schwänen auf Eis.

Zwischen Bild und Realität der Feuerwehr besteht ein grosser Unterschied: Die Feuerwehr kümmert sich nicht nur um Brände (Symbolbild). zvg/Pixabay
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Beat Kuhn

«Bei Gesprächen mit Menschen ausserhalb der Feuerwehr habe ich festgestellt, dass vielen gar nicht klar ist, was die Feuerwehr tut.» Das schreibt Selina Roth, die seit etwas mehr als einem Jahr bei der Regio-Feuerwehr Aarberg den Zug Hermrigen/Merzligen/Jens führt, in einem Text für die entsprechenden Gemeindepublikationen. Sie will so «einen Blick hinter die Kulissen von roten Fahrzeugen, Blaulicht und Feuerwehrschlauch gewähren».

«Das Büsi auf dem Baum»

Laut Roth beschränken sich die Einsätze der Feuerwehr längst nicht mehr auf das Löschen von  Bränden. Bei einem Verkehrsunfall sichert die Feuerwehr den Schadenplatz und organisiert wenn nötig Umleitungen. Ausserdem verhindert sie gegebenenfalls, dass Hydrauliköl, Benzin oder andere Stoffe im Boden versickern oder in Gewässer gelangen.

Auch bei Unwettern kommt die Feuerwehr zum Einsatz. Sie entfernt umgestürzte Bäume von der Strasse, pumpt Keller aus, und  wenn Bäche zu überlaufen drohen,  sorgt sie mit Sandsäcken, oder Schaltafeln dafür, dass die Wassermassen möglichst wenig Schaden anrichten. «Dabei ist manchmal auch etwas Kreativität gefragt», schreibt Roth.

Immer wieder habe man es bei darüber hinaus mit Tieren zu tun. Zum Beispiel mit Wespennestern, die Anwohnern lästig sind, oder «dem berühmten Büsi auf dem Baum», so Roth. «Auch grössere Tiere wollen manchmal aus einer misslichen Lage befreit werden», hält sie fest.

Vor allem bei Hochwasser

Auf Anfrage des BT kramt auch Stephan Spycher in seinem Erfahrungsschatz aus «etlichen aktiven Dienstjahren». Der Vinelzer Gemeindeschreiber ist bei der Feuerwehr Jolimont, die für Erlach, Gals, Lüscherz, Tschugg und Vinelz zuständig ist. Ende Jahr wird er altershalber aus dem Feuerwehrdienst entlassen. In all den Jahren hätten die Brandeinsätze «eine eher untergeordnete Rolle gespielt», bilanziert er.

Diese wurden ihm zufolge allerdings «immer herausfordernder». So galt es mehr als einmal brennende Boote auf dem Wasser oder eng nebeneinander stehende Wohnwagen auf dem Campingplatz, die Feuer fingen, zu löschen. «Doch am meisten Einsatzzeit war im Zusammenhang mit Hochwassern zu leisten», hält er fest, «sei es, wenn der Bielersee hoch kam, oder wenn die Bäche über die Ufer traten».

Rührend seien immer die Tierrettungen gewesen, erinnert sich Spycher. So verirrte sich mal ein kleiner Hund in eine Entwässerungsleitung. In dieser tippelte er mehrere hundert Meter Richtung Zihlkanal. Kurz vor dem Ende war die Leitung offenbar verschüttet, und der kleine Kerl konnte sich nicht mehr orientieren. Frauchen rief die Feuerwehr, und diese wiederum bot eine Firma mit Kanalfernsehen auf. Mit der Kamera konnte der Hund lokalisiert werden: Er folgte dem Licht der Lampe zurück zum Ausgang.

Einen ausserordentlichen Einsatz gab es auch zu leisten, nachdem besorgte Bürger im Winter einen Schwan im gefrorenen Seebecken entdeckt hatten. Mittels eines sogenannten Stahlflosses näherte sich ein Trupp der Feuerwehr über das Eis gleitend dem Schwan. «Kurz vor Erreichen des Ziels wurde es dem Schwan offenbar zu bunt - er stand auf und lief davon», so Spycher. «Unsere Erkenntnis aus diesem Einsatz: Ein Schwan friert nicht an.»

Nur 10 bis 15 Prozent der Fälle

Urs Burgener, Kommandant der Feuerwehr Oberes Bürenamt für Büetigen, Diessbach, Dotzigen und Busswil, schätzt, dass es nur in 10 bis 15 Prozent der Einsätze um das Löschen von Feuer geht. Hinzu kommt eine grosse Vielfalt anderer Aufgaben: Elementarschäden nach Stürmen oder Überschwemmungen, technische Hilfeleistung bei Austritt von Wasser aus defekten Leitungen oder Boilern austritt, Mithilfe bei der Bergung von Personen, wenn die Sanität nicht alleine zurecht kommt, Ölwehr auf der Strasse, bei überfüllten Öltanks oder defekten Hydraulikleitungen, Unfälle mit Gas oder chemischen Mitteln, Personenrettung bei Unfällen aller Art.

Fondue unterm Rauchmelder

Bei den Tierrettungen führt Burgener das Befreien von Grosstieren aus Jauchegruben oder das Einfangen von Bienenschwärmen an. Auch Fehlalarme führend zu Einsätzen.. Diese können etwa durch defekte Brandmeldeanlagen oder Fehlmanipulationen von Personal ausgelöst werden. «Wir hatten auch schon den Fall, dass ein Fondue-Plausch zu nah am Rauchmelder war», sagt Burgener. Und dann gebe es noch diverse andere Gründe: «Salopp gesagt, holt man für alles, wo geholfen werden muss, aber niemand zuständig sein will, die Feuerwehr.»

Burgener erinnert sich auch an einen ganz speziellen Fall im Jahr 2001, der Schlagzeilen machte: Ein Bär war aus dem Zoo «Seeteufel» in Studen entwichen und hatte sich auf einen Baum geflüchtet. Da der «Seeteufel» teilweise zu Büetigen gehört, wurde die Feuerwehr Oberes Bürenamt aufgeboten, nicht diejenige von Studen.

Wieder eingefangen wurde der Bär, indem ein Tierpfleger auf die Feuerwehrleiter stieg und das Tier betäubte. Als dieses dann herunterfiel, konnte es mit einem Fangnetz aufgefangen und ins Gehege zurückgebracht werden. «Fazit dieses Einsatzes: Bären die schlafen, beissen nicht», so Burgener.

Geselliger Teil ist wichtig

a Roth erwähnt in ihrem Text auch noch den geselligen Teil, der in der Öffentlichkeit wieder eher bekannt ist.: «Das gemeinsame Bier - oder Cola oder Mineral - darf nicht unterschätzt werden», betont sie. «Denn nicht nur die Einsätze schweissen die Mannschaft zusammen, sondern auch das Zusammensitzen und Austauschen.» Wenn man die Kameraden kenne, sei es im Ernstfall einfacher, einander zu vertrauen und als Team zu funktionieren. «Und alle Aufgaben der Feuerwehr lassen sich nur als Team bewältigen», macht die Zugführerin klar.

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