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Gewässer

Pestizide belasten Seeländer Gewässer

Das kantonale Amt für Wasser und Abfall hat seinen neusten Gewässerbericht veröffentlicht. Die Analyse zeigt: Die Wasserqualität des Bielersees hat sich verbessert – in den Seeländer Bächen und Kanälen finden sich jedoch viele Rückstände von Pflanzenschutzmitteln.

Auch in den Zuflüssen des Hagneckkanals finden sich laut Claudia Minkowski vom kantonalen Gewässer- und Bodenschutzlabor sehr hohe Konzentrationen von verschiedenen Pestiziden. Copyright Matthias Käser/Bieler Tagblatt
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von Jana Tálos

Rund 40 Seiten umfasst der neuste Gewässerbericht, den das kantonale Amt für Wasser und Abfall gestern veröffentlicht hat. Der Schwerpunkt liegt dieses Mal auf den Regionen Seeland und Berner Jura. In verschiedenen Grafiken, Texten und Abbildungen wird dargestellt, wie sich die Qualität der in diesen Regionen gelegenen Seen, Flüsse und Bäche über die Zeit verändert hat.

Die gute Nachricht: Die Wasserqualität des Bielersees hat sich im letzten Jahrzehnt deutlich verbessert. So ist das Wasser klarer geworden, was unter anderem auf den rückläufigen Phosphorgehalt und ein leicht geringeres Algenwachstum zurückgeführt werden kann. Luftbilder der Uferzone aus dem Sommer 2015 zeigen zudem, dass sich die Wasserpflanzenbestände wieder vergrössert haben. Auch die Vielfalt der Pflanzen habe in den letzten Jahren zugenommen, schreibt das Amt in seinem Bericht.

 

Pestizidcocktail in Kanälen
Claudia Minkowski, Leiterin des kantonalen Gewässer- und Bodenschutzlabors, führt diese Entwicklung insbesondere auf Investitionen in der Abwasserreinigung zurück, die in den letzten Jahrzehnten getätigt wurden. «Die Kläranlagen tragen dazu bei, dass weniger Nährstoffe wie Stickstoff oder Phosphor in die Gewässer gelangen», sagt sie. So habe sich auch die Qualität der grossen Flüsse im Kanton Bern, wie beispielsweise der Aare, verbessert.

Deutlich schlechter sieht die Situation in den kleineren Gewässern im Seeland aus, besonders in den Bächen und Kanälen, die durch landwirtschaftliche Gebiete führen. So haben die Fachleute zum Beispiel im Mooskanal beim Brüttelenmoos sehr hohe Konzentrationen von Pflanzenschutzmitteln gefunden. «In einzelnen Proben wurden teilweise zahlreiche verschiedene Substanzen in Konzentrationen über dem zulässigen Grenzwert nachgewiesen», sagt Minkowski. Man könne gar von einem Pestizidcocktail sprechen.

Für den Menschen sind diese sogenannten Mikroverunreinigungen in den vorgefundenen Konzentrationen zwar ungefährlich. Für die Algen, Wirbellosen und Fische, die in diesen Bächen und Kanälen leben, ist die Menge an Pflanzenschutzmitteln aber oft kritisch, zumal die Pestizide in den Kanälen kaum verdünnt werden. Besonders bedenklich seien die Konzentrationen in der Phase zwischen Frühling und Herbst, in der besonders viele Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen.

 

Trinkwasser ebenfalls tangiert
Auch wenn die Verunreinigungen in den Kanälen den Menschen wenig beeinträchtigten, könnten sie langfristig gesehen auch für ihn unangenehme Folgen haben. Schon jetzt finden sich vermehrt Abbauprodukte der Pestizide im Seeländer Grundwasservorkommen. Weil sich die Substanzen kaum von selbst abbauen, kann niemand genau sagen, wie sich das künftig auf die Wasserqualität auswirken wird.

«Selbst wenn diese Substanzen nach heutigem Wissen für die Gesundheit von Mensch und Tier unbedenklich sind, handelt es sich um Fremdstoffe, die aus vorsorglichen Gründen nicht im Grundwasser vorkommen sollten», sagt Jean-Pierre Clément von der kantonalenAbteilung für Grundwasser und Altlasten.

Im Bericht beschränkt sich der Abschnitt zum Grundwasser jedoch nicht nur auf den Einfluss von Pestiziden. Im Fokus stehen auch andere Einflüsse, welche die Trinkwassernutzung gegenwärtig vor Herausforderungen stellen. «Das Problem ist, dass die Qualität des Grundwassers im Seeland je nach Standort massiv variiert», sagt Clément.

Als Beispiel: In der Region Aarberg ist das Grundwasser noch immer durch frühere Ablagerungen aus der Zuckerfabrik kontaminiert. Das Wasser enthält deshalb kaum gelösten Sauerstoff. Damit die Qualität stimmt, muss das Wasser also extra aufbereitet werden, bevor es als Trinkwasser verwendet werden kann. «Das ist ein enormer Aufwand», sagt Clément.

Eine ähnliche Situation herrscht im Grossen Moos, wobei hier die Grundwasserqualität nicht ausschliesslich durch den Menschen beeinflusst wird. Die stark torfhaltigen Böden entziehen dem Sickerwasser bereits auf dem Weg in die unteren Bodenschichten sehr viel Sauerstoff. Deshalb kann das Grundwasser auch dort nicht ohne Aufbereitung als Trinkwasser genutzt werden.

 

Aktionsplan verabschiedet
Die beiden letzten Probleme können so schnell wohl nicht behoben werden. Punkto Pestizide soll es künftig aber zu deutlichen Veränderungen kommen: Erst kürzlich wurde der nationale Aktionsplan zu Pflanzenschutzmitteln vom Bundesrat verabschiedet. «Dieser beinhaltet eine Vielzahl an Massnahmen, welche die Bauern in Zukunft umsetzen sollen und die zum Ziel haben, die Belastung an Pflanzenschutzmitteln in den Gewässern zu reduzieren», sagt Claudia Minkowski vom Gewässer- und Bodenschutzlabor.

Bereits begonnen hat das kantonale Berner Pflanzenschutzprojekt, das ebenfalls eine Reihe von Massnahmen bietet, welche die Bauern auf Basis der Freiwilligkeit anwenden können. Auch sie sollen dazu beitragen, dass künftig weniger Pflanzenschutzmittel in die Seeländer Gewässer gelangen. Der Kanton erhofft sich so eine Verbesserung der Wasserqualität – damit die Fische und Algen in den Bächen wieder einen sauberen Lebensraum vorfinden.

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